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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Leichen-Gedichte.
Ach freylich suchst du nichts als Ruh/
O Seeliger/ die dir gefehlet/
Wenn dir nicht einen Schlaff ließ zu
Die Gicht/ so peinlich dich gequälet/
Und bey Verlauff so vieler Jahre
Dein Bette dir verkehrt in eine Todten-Baare.
Der Japoneser Folter-Banck/
Und was von Martern nur zu finden/
Jhr Singkod oder Höllen-Tranck
Der durch sein Brennen pflag zu schinden/
Sind Julep für den Angst-Geschirren
Die täglich dich getränckt mit mehr als Gall und Myrchen.
Wie nenn ich deine Lagerstadt
Die zugericht von Dorn und Hecken?
War es Jxions Marter-Rad?
Der Felß wo Titius sich strecken
Den Geyern muß zu neuen Plagen/
Der täglich wird verzehrt und doch nicht weggetragen.
Was Nero hat an Grausamkeit/
Und Menschen Pein zu Rom begangen/
Caligula nur zubereit
Dem langsam Tödten ein Verlangen/
Und Hertzens-Lust sehn in dem Sterben
Wie sich der arme Mensch in letzter Angst muß färben.
Das gliech doch deinen Schmertzen nicht
Die schnelle Zeit macht offt ein Ende.
Hier aber schnürte dir die Gicht
So unauffhörlich Füß' und Hände/
Daß auch den unbelebten Steinen
Dein Leiden ausgeprest Erbarmen/ wo nicht weinen.
Was hast du anders angeschaut
Als trübe Tag elende Nächte?
So daß dir für dir selbst gegraut/
Daß du geseuffzt: Ach wenn doch brächte
Ein Bote mir die Post zu scheiden/
Eh' daß ich Gliedweiß muß so gar empfindlich leiden.
Da war/ als wie der Plato lehrt/
Dein Leib ein rechtes Grab zu heissen/
Doch ob er täglich schon zerstört
Durch foltern/ brennen/ stechen/ reissen;
So
Leichen-Gedichte.
Ach freylich ſuchſt du nichts als Ruh/
O Seeliger/ die dir gefehlet/
Wenn dir nicht einen Schlaff ließ zu
Die Gicht/ ſo peinlich dich gequaͤlet/
Und bey Verlauff ſo vieler Jahre
Dein Bette dir verkehrt in eine Todten-Baare.
Der Japoneſer Folter-Banck/
Und was von Martern nur zu finden/
Jhr Singkod oder Hoͤllen-Tranck
Der durch ſein Brennen pflag zu ſchinden/
Sind Julep fuͤr den Angſt-Geſchirren
Die taͤglich dich getraͤnckt mit mehꝛ als Gall und Myrchẽ.
Wie nenn ich deine Lagerſtadt
Die zugericht von Dorn und Hecken?
War es Jxions Marter-Rad?
Der Felß wo Titius ſich ſtrecken
Den Geyern muß zu neuen Plagen/
Der taͤglich wird verzehrt und doch nicht weggetragen.
Was Nero hat an Grauſamkeit/
Und Menſchen Pein zu Rom begangen/
Caligula nur zubereit
Dem langſam Toͤdten ein Verlangen/
Und Hertzens-Luſt ſehn in dem Sterben
Wie ſich der arme Menſch in letzter Angſt muß faͤrben.
Das gliech doch deinen Schmertzen nicht
Die ſchnelle Zeit macht offt ein Ende.
Hier aber ſchnuͤrte dir die Gicht
So unauffhoͤrlich Fuͤß’ und Haͤnde/
Daß auch den unbelebten Steinen
Dein Leiden ausgepreſt Erbarmen/ wo nicht weinen.
Was haſt du anders angeſchaut
Als truͤbe Tag elende Naͤchte?
So daß dir fuͤr dir ſelbſt gegraut/
Daß du geſeuffzt: Ach wenn doch braͤchte
Ein Bote mir die Poſt zu ſcheiden/
Eh’ daß ich Gliedweiß muß ſo gar empfindlich leiden.
Da war/ als wie der Plato lehrt/
Dein Leib ein rechtes Grab zu heiſſen/
Doch ob er taͤglich ſchon zerſtoͤrt
Durch foltern/ brennen/ ſtechen/ reiſſen;
So
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[392/0624] Leichen-Gedichte. Ach freylich ſuchſt du nichts als Ruh/ O Seeliger/ die dir gefehlet/ Wenn dir nicht einen Schlaff ließ zu Die Gicht/ ſo peinlich dich gequaͤlet/ Und bey Verlauff ſo vieler Jahre Dein Bette dir verkehrt in eine Todten-Baare. Der Japoneſer Folter-Banck/ Und was von Martern nur zu finden/ Jhr Singkod oder Hoͤllen-Tranck Der durch ſein Brennen pflag zu ſchinden/ Sind Julep fuͤr den Angſt-Geſchirren Die taͤglich dich getraͤnckt mit mehꝛ als Gall und Myrchẽ. Wie nenn ich deine Lagerſtadt Die zugericht von Dorn und Hecken? War es Jxions Marter-Rad? Der Felß wo Titius ſich ſtrecken Den Geyern muß zu neuen Plagen/ Der taͤglich wird verzehrt und doch nicht weggetragen. Was Nero hat an Grauſamkeit/ Und Menſchen Pein zu Rom begangen/ Caligula nur zubereit Dem langſam Toͤdten ein Verlangen/ Und Hertzens-Luſt ſehn in dem Sterben Wie ſich der arme Menſch in letzter Angſt muß faͤrben. Das gliech doch deinen Schmertzen nicht Die ſchnelle Zeit macht offt ein Ende. Hier aber ſchnuͤrte dir die Gicht So unauffhoͤrlich Fuͤß’ und Haͤnde/ Daß auch den unbelebten Steinen Dein Leiden ausgepreſt Erbarmen/ wo nicht weinen. Was haſt du anders angeſchaut Als truͤbe Tag elende Naͤchte? So daß dir fuͤr dir ſelbſt gegraut/ Daß du geſeuffzt: Ach wenn doch braͤchte Ein Bote mir die Poſt zu ſcheiden/ Eh’ daß ich Gliedweiß muß ſo gar empfindlich leiden. Da war/ als wie der Plato lehrt/ Dein Leib ein rechtes Grab zu heiſſen/ Doch ob er taͤglich ſchon zerſtoͤrt Durch foltern/ brennen/ ſtechen/ reiſſen; So

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/624>, abgerufen am 22.11.2024.