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Müller, Wilhelm: Debora. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–148. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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merksam würde, welches er in der Hand hielt. Was ist es denn?

Ein kleines Volksbuch, war die Antwort, welches vor einigen Wochen hier gedruckt und bis gestern Morgen an allen Straßenecken verkauft worden ist. Dann sind die Sbirren gekommen und haben es confiscirt. Es ist eine kuriose Geschichte. Ein Schüler der Sapienza hat eine Liebschaft mit einer schönen Jüdin in dem Ghetto gehabt. Das ist ein böser Winkel für solche Abenteuer. Das ganze schmutzige Nest wird des Nachts mit zwei Thoren verschlossen, und da giebt es viel zu klettern, ehe man an das Fenster eines Esterchens kömmt. Kurz, der arme Schüler hat seinen alttestamentlichen Geschmack theuer bezahlen müssen. Er wurde am Montage nach dem ersten Advent mit einer Schleife um den Hals in der Tiber nicht weit vom Ghetto gefunden. Die Geschichte machte einen entsetzlichen Lärm in der ganzen Stadt, und eine große Untersuchung wurde darüber angestellt. Inzwischen bildete das gute Volk sich eine Menge der schönsten Fabeln von dem Tode des jungen Spaniers und verklärte ihn zu einem Märtyrer des christlichen Glaubens. Eine von diesen Fabeln hat ein Gassensänger in Reime gebracht, und das Blatt ging reißend ab. Aber nachdem das gerichtliche Verfahren geschlossen worden ist, ohne irgend etwas über den Mord ausgemittelt zu haben, so hat man für gut befunden, die Reime zu confisciren, welche mehr von der Sache zu

merksam würde, welches er in der Hand hielt. Was ist es denn?

Ein kleines Volksbuch, war die Antwort, welches vor einigen Wochen hier gedruckt und bis gestern Morgen an allen Straßenecken verkauft worden ist. Dann sind die Sbirren gekommen und haben es confiscirt. Es ist eine kuriose Geschichte. Ein Schüler der Sapienza hat eine Liebschaft mit einer schönen Jüdin in dem Ghetto gehabt. Das ist ein böser Winkel für solche Abenteuer. Das ganze schmutzige Nest wird des Nachts mit zwei Thoren verschlossen, und da giebt es viel zu klettern, ehe man an das Fenster eines Esterchens kömmt. Kurz, der arme Schüler hat seinen alttestamentlichen Geschmack theuer bezahlen müssen. Er wurde am Montage nach dem ersten Advent mit einer Schleife um den Hals in der Tiber nicht weit vom Ghetto gefunden. Die Geschichte machte einen entsetzlichen Lärm in der ganzen Stadt, und eine große Untersuchung wurde darüber angestellt. Inzwischen bildete das gute Volk sich eine Menge der schönsten Fabeln von dem Tode des jungen Spaniers und verklärte ihn zu einem Märtyrer des christlichen Glaubens. Eine von diesen Fabeln hat ein Gassensänger in Reime gebracht, und das Blatt ging reißend ab. Aber nachdem das gerichtliche Verfahren geschlossen worden ist, ohne irgend etwas über den Mord ausgemittelt zu haben, so hat man für gut befunden, die Reime zu confisciren, welche mehr von der Sache zu

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[0065] merksam würde, welches er in der Hand hielt. Was ist es denn? Ein kleines Volksbuch, war die Antwort, welches vor einigen Wochen hier gedruckt und bis gestern Morgen an allen Straßenecken verkauft worden ist. Dann sind die Sbirren gekommen und haben es confiscirt. Es ist eine kuriose Geschichte. Ein Schüler der Sapienza hat eine Liebschaft mit einer schönen Jüdin in dem Ghetto gehabt. Das ist ein böser Winkel für solche Abenteuer. Das ganze schmutzige Nest wird des Nachts mit zwei Thoren verschlossen, und da giebt es viel zu klettern, ehe man an das Fenster eines Esterchens kömmt. Kurz, der arme Schüler hat seinen alttestamentlichen Geschmack theuer bezahlen müssen. Er wurde am Montage nach dem ersten Advent mit einer Schleife um den Hals in der Tiber nicht weit vom Ghetto gefunden. Die Geschichte machte einen entsetzlichen Lärm in der ganzen Stadt, und eine große Untersuchung wurde darüber angestellt. Inzwischen bildete das gute Volk sich eine Menge der schönsten Fabeln von dem Tode des jungen Spaniers und verklärte ihn zu einem Märtyrer des christlichen Glaubens. Eine von diesen Fabeln hat ein Gassensänger in Reime gebracht, und das Blatt ging reißend ab. Aber nachdem das gerichtliche Verfahren geschlossen worden ist, ohne irgend etwas über den Mord ausgemittelt zu haben, so hat man für gut befunden, die Reime zu confisciren, welche mehr von der Sache zu

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T15:21:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T15:21:38Z)

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Zitationshilfe: Müller, Wilhelm: Debora. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–148. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_debora_1910/65>, abgerufen am 21.11.2024.