lebendige und dauernde Einheit, also Vereinigung; das Mit- tel hingegen: die Anordnung von vollständigen Feindseligkei- ten oder von Geschlechtsverhältnissen. Es gibt keine andern menschlichen Werke, keine andern Werke der Kunst, als die mit den Werken der Natur nach einem und demselben Gesetze von Statten gehen. Alle praktische Verrückung des Menschen wird sich daher auf eine einzige große Hauptformel redu- [c]iren lassen: er wird, was er getrennt aus den Hän- den der Natur empfängt, anstatt es zu vereinigen, noch weiter trennen, und was er einfach aus den Händen der Natur, also mit der Aufgabe es gehörig zu trennen erhält, als absolute Einheit festhalten und ausschließend besitzen wollen.
Daß dieß wirklich die Doppelrichtung der staatswirth- schaftlichen Theorien unserer Zeit sey, habe ich schon in der Einleitung gezeigt: das absolute Privatleben ist nichts anders als eine Verläugnung und Auflösung aller unter den bürgerlichen Geschäften von der Natur angeordneten Geschlechtsverhältnisse; indem man aus ihrer Gesammtheit herauszutreten strebt, zerschneidet man sie alle: das abso- lute Privateigenthum ist nichts als ein krampfhaftes Fest- halten der Einzelnheit der Dinge, welche uns die Natur übergeben hat, um sie zu trennen und zu theilen, und in Geschlechtsverhältnisse zu führen.
Wenn also nun Geist und Körper in demselben Geschlechts- verhältnisse zu einander stehen -- eine so gerecht und vollstän- dig angeordnete Feindseligkeit, daß ihr nicht zu entgehen wäre als durch die Vereinigung -- und wir unternähmen es
lebendige und dauernde Einheit, alſo Vereinigung; das Mit- tel hingegen: die Anordnung von vollſtaͤndigen Feindſeligkei- ten oder von Geſchlechtsverhaͤltniſſen. Es gibt keine andern menſchlichen Werke, keine andern Werke der Kunſt, als die mit den Werken der Natur nach einem und demſelben Geſetze von Statten gehen. Alle praktiſche Verruͤckung des Menſchen wird ſich daher auf eine einzige große Hauptformel redu- [c]iren laſſen: er wird, was er getrennt aus den Haͤn- den der Natur empfaͤngt, anſtatt es zu vereinigen, noch weiter trennen, und was er einfach aus den Haͤnden der Natur, alſo mit der Aufgabe es gehoͤrig zu trennen erhaͤlt, als abſolute Einheit feſthalten und ausſchließend beſitzen wollen.
Daß dieß wirklich die Doppelrichtung der ſtaatswirth- ſchaftlichen Theorien unſerer Zeit ſey, habe ich ſchon in der Einleitung gezeigt: das abſolute Privatleben iſt nichts anders als eine Verlaͤugnung und Aufloͤſung aller unter den buͤrgerlichen Geſchaͤften von der Natur angeordneten Geſchlechtsverhaͤltniſſe; indem man aus ihrer Geſammtheit herauszutreten ſtrebt, zerſchneidet man ſie alle: das abſo- lute Privateigenthum iſt nichts als ein krampfhaftes Feſt- halten der Einzelnheit der Dinge, welche uns die Natur uͤbergeben hat, um ſie zu trennen und zu theilen, und in Geſchlechtsverhaͤltniſſe zu fuͤhren.
Wenn alſo nun Geiſt und Koͤrper in demſelben Geſchlechts- verhaͤltniſſe zu einander ſtehen — eine ſo gerecht und vollſtaͤn- dig angeordnete Feindſeligkeit, daß ihr nicht zu entgehen waͤre als durch die Vereinigung — und wir unternaͤhmen es
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lebendige und dauernde Einheit, alſo Vereinigung; das Mit-
tel hingegen: die Anordnung von vollſtaͤndigen Feindſeligkei-
ten oder von Geſchlechtsverhaͤltniſſen. Es gibt keine andern
menſchlichen Werke, keine andern Werke der Kunſt, als die
mit den Werken der Natur nach einem und demſelben Geſetze
von Statten gehen. Alle praktiſche Verruͤckung des Menſchen
wird ſich daher auf eine einzige große Hauptformel redu-
ciren laſſen: er wird, was er getrennt aus den Haͤn-
den der Natur empfaͤngt, anſtatt es zu vereinigen, noch
weiter trennen, und was er einfach aus den Haͤnden der
Natur, alſo mit der Aufgabe es gehoͤrig zu trennen erhaͤlt,
als abſolute Einheit feſthalten und ausſchließend beſitzen
wollen.
Daß dieß wirklich die Doppelrichtung der ſtaatswirth-
ſchaftlichen Theorien unſerer Zeit ſey, habe ich ſchon in
der Einleitung gezeigt: das abſolute Privatleben iſt nichts
anders als eine Verlaͤugnung und Aufloͤſung aller unter
den buͤrgerlichen Geſchaͤften von der Natur angeordneten
Geſchlechtsverhaͤltniſſe; indem man aus ihrer Geſammtheit
herauszutreten ſtrebt, zerſchneidet man ſie alle: das abſo-
lute Privateigenthum iſt nichts als ein krampfhaftes Feſt-
halten der Einzelnheit der Dinge, welche uns die Natur
uͤbergeben hat, um ſie zu trennen und zu theilen, und in
Geſchlechtsverhaͤltniſſe zu fuͤhren.
Wenn alſo nun Geiſt und Koͤrper in demſelben Geſchlechts-
verhaͤltniſſe zu einander ſtehen — eine ſo gerecht und vollſtaͤn-
dig angeordnete Feindſeligkeit, daß ihr nicht zu entgehen waͤre
als durch die Vereinigung — und wir unternaͤhmen es
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Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816. , S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/149>, abgerufen am 16.07.2024.
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