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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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lonien noch gänzlich von den Orakeln abhingen, und
der Propheten nicht entbehren konnten, und zugleich
noch eine schöpferische Mythendichtung lebendig war:
so hat sich ein dichtes Gewebe von Mythologie um die
Geschichte derselben gezogen, welches wir aufzuziehen
wenigstens angefangen haben.

7.

Wir gehen sogleich zu den Korinthischen
Colonieen
über, deren geographische Lage schon ein
bemerkenswerthes Resultat über die Geschichte der See-
fahrten ihrer Metropole giebt. Denn obgleich dieselbe
zwei Häfen, Lechäon nach dem Krissäischen, Kenchreä
nach dem Saronischen Busen, hatte, so müssen doch
alle Coloniesendungen nur aus jenem ausgefahren sein.
Fast alle siedelten sich an den Küsten des Jonischen
Meers an, an dessen Ausfahrt die Korinther vielleicht
schon frühzeitig Molykreion besetzt hatten 1. Indessen
wagte es doch schon grade die älteste Korinthische Co-
lonie, deren Zeit wir ziemlich bestimmt kennen (Olymp.
V.) 2, über das Jonische Meer hinaus im schönsten
Theile Siciliens die weltberühmte Stadt Syrakusä
zu gründen. Der Gründer war Archias, ein Heraklide,
und wahrscheinlich ein Bakchiade 3, ihm folgten Ko-
rinther, besonders aus dem Demos Tenea 4; unter-
wegs schlossen sich Dorier von Megara an ihn an 5,

1 Thuk. 3, 102.
2 S. §. 10.
3 Denn was Plutarch
Erotik. und Diod. Exc. 2, 228. p. 548 Wess. von der Vertreibung
des Archias erzählen, giebt der Schol. Apoll. 4, 1211. von der Fa-
milie der Bakchiaden an. Jene leiten von dem unvorsätzlichen
Morde des Sohnes des Melissos die Gründung von Syrakus, dieser
von Korkyra her. Doch widerspricht Marm. Par. L. 47. Archias dekatos
apo Temenou, da die Bakchiaden sich von Aletes, nicht Temenos ab-
leiteten. Heraklide ist er auf jeden Fall. S. Boeckh. Explic. Pind.
O. 6. p. 153. Vgl. Göller de situ Syracusarum p. 5 sq.
4 Str. 7. S. 380 d.
5 Str. 6, 269. vgl. Skymn. Ch. 274.
8 *

lonien noch gaͤnzlich von den Orakeln abhingen, und
der Propheten nicht entbehren konnten, und zugleich
noch eine ſchoͤpferiſche Mythendichtung lebendig war:
ſo hat ſich ein dichtes Gewebe von Mythologie um die
Geſchichte derſelben gezogen, welches wir aufzuziehen
wenigſtens angefangen haben.

7.

Wir gehen ſogleich zu den Korinthiſchen
Colonieen
uͤber, deren geographiſche Lage ſchon ein
bemerkenswerthes Reſultat uͤber die Geſchichte der See-
fahrten ihrer Metropole giebt. Denn obgleich dieſelbe
zwei Haͤfen, Lechaͤon nach dem Kriſſaͤiſchen, Kenchreaͤ
nach dem Saroniſchen Buſen, hatte, ſo muͤſſen doch
alle Colonieſendungen nur aus jenem ausgefahren ſein.
Faſt alle ſiedelten ſich an den Kuͤſten des Joniſchen
Meers an, an deſſen Ausfahrt die Korinther vielleicht
ſchon fruͤhzeitig Molykreion beſetzt hatten 1. Indeſſen
wagte es doch ſchon grade die aͤlteſte Korinthiſche Co-
lonie, deren Zeit wir ziemlich beſtimmt kennen (Olymp.
V.) 2, uͤber das Joniſche Meer hinaus im ſchoͤnſten
Theile Siciliens die weltberuͤhmte Stadt Syrakuſaͤ
zu gruͤnden. Der Gruͤnder war Archias, ein Heraklide,
und wahrſcheinlich ein Bakchiade 3, ihm folgten Ko-
rinther, beſonders aus dem Demos Tenea 4; unter-
wegs ſchloſſen ſich Dorier von Megara an ihn an 5,

1 Thuk. 3, 102.
2 S. §. 10.
3 Denn was Plutarch
Erotik. und Diod. Exc. 2, 228. p. 548 Weſſ. von der Vertreibung
des Archias erzaͤhlen, giebt der Schol. Apoll. 4, 1211. von der Fa-
milie der Bakchiaden an. Jene leiten von dem unvorſaͤtzlichen
Morde des Sohnes des Meliſſos die Gruͤndung von Syrakus, dieſer
von Korkyra her. Doch widerſpricht Marm. Par. L. 47. Archias δεκατος
απο Τημενου, da die Bakchiaden ſich von Aletes, nicht Temenos ab-
leiteten. Heraklide iſt er auf jeden Fall. S. Boeckh. Explic. Pind.
O. 6. p. 153. Vgl. Goͤller de situ Syracusarum p. 5 sq.
4 Str. 7. S. 380 d.
5 Str. 6, 269. vgl. Skymn. Ch. 274.
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[115/0145] lonien noch gaͤnzlich von den Orakeln abhingen, und der Propheten nicht entbehren konnten, und zugleich noch eine ſchoͤpferiſche Mythendichtung lebendig war: ſo hat ſich ein dichtes Gewebe von Mythologie um die Geſchichte derſelben gezogen, welches wir aufzuziehen wenigſtens angefangen haben. 7. Wir gehen ſogleich zu den Korinthiſchen Colonieen uͤber, deren geographiſche Lage ſchon ein bemerkenswerthes Reſultat uͤber die Geſchichte der See- fahrten ihrer Metropole giebt. Denn obgleich dieſelbe zwei Haͤfen, Lechaͤon nach dem Kriſſaͤiſchen, Kenchreaͤ nach dem Saroniſchen Buſen, hatte, ſo muͤſſen doch alle Colonieſendungen nur aus jenem ausgefahren ſein. Faſt alle ſiedelten ſich an den Kuͤſten des Joniſchen Meers an, an deſſen Ausfahrt die Korinther vielleicht ſchon fruͤhzeitig Molykreion beſetzt hatten 1. Indeſſen wagte es doch ſchon grade die aͤlteſte Korinthiſche Co- lonie, deren Zeit wir ziemlich beſtimmt kennen (Olymp. V.) 2, uͤber das Joniſche Meer hinaus im ſchoͤnſten Theile Siciliens die weltberuͤhmte Stadt Syrakuſaͤ zu gruͤnden. Der Gruͤnder war Archias, ein Heraklide, und wahrſcheinlich ein Bakchiade 3, ihm folgten Ko- rinther, beſonders aus dem Demos Tenea 4; unter- wegs ſchloſſen ſich Dorier von Megara an ihn an 5, 1 Thuk. 3, 102. 2 S. §. 10. 3 Denn was Plutarch Erotik. und Diod. Exc. 2, 228. p. 548 Weſſ. von der Vertreibung des Archias erzaͤhlen, giebt der Schol. Apoll. 4, 1211. von der Fa- milie der Bakchiaden an. Jene leiten von dem unvorſaͤtzlichen Morde des Sohnes des Meliſſos die Gruͤndung von Syrakus, dieſer von Korkyra her. Doch widerſpricht Marm. Par. L. 47. Archias δεκατος απο Τημενου, da die Bakchiaden ſich von Aletes, nicht Temenos ab- leiteten. Heraklide iſt er auf jeden Fall. S. Boeckh. Explic. Pind. O. 6. p. 153. Vgl. Goͤller de situ Syracusarum p. 5 sq. 4 Str. 7. S. 380 d. 5 Str. 6, 269. vgl. Skymn. Ch. 274. 8 *

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/145>, abgerufen am 24.11.2024.