Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite

verriethen Vertriebene aus ihrer eigenen Stadt, Doru-
kleioi genannt, die Insel den Athenern 1. Das ist
gewiß, daß fünf Spartiaten (Kritolaidas, Amompha-
retos, Hypsechidas, Anaxilas, Kleomenes) als Schieds-
richter, alten Traditionen und Mythen folgend, den
Besitz der Insel den Athenern zuerkannten. Doch ver-
loren diese wiederum in den Unruhen nach der Ver-
bannung des Megakles die Insel, wie den schon er-
oberten Hafen Nisäa 2. Die erstere gewannen sie in-
deß bald wieder, und Megara scheint sie von da an
ganz aufgegeben zu haben, indem in diesen Zeiten Athen
so reißend schnell heranwuchs, daß Megara an die
Erneuerung alter Kämpfe nicht mehr denken konnte.

Da es unsere Absicht nicht ist, eine fortlaufende
und sich gleichmäßig verbreitende Geschichtserzählung
zu geben, sondern nur das hervorzuheben, was für
den Zustand des Dorischen Stammes Aufschluß ver-
spricht -- die Geschichte der außerpeloponnesischen Do-
rier fortzuführeu unterlassen wir ganz, weil deren lo-
kale Verflechtung uns sehr weit in andere Gegenden
abführen würde --: so werden wir aus den Begeben-
heiten der Perserkriege kaum einen und den anderen
Moment berühren, und nur von den inneren Verhält-
nissen des Peloponnes in damaliger Zeit handeln, un-
ter denen die Hegemonie Sparta's am meisten und
auffallendsten hervortritt.




1 Paus. 1, 40, 4.
2 Plut. Solon 10. 12. übereinstimmend
Aelian 7, 19. In Delphi war ein lanzenbewaffneter Apoll als
Anathem der Megarer nach einem Siege über Athen. Plut. Pyth.
or.
16. S. 273.
II. 12

verriethen Vertriebene aus ihrer eigenen Stadt, Δορύ-
κλειοι genannt, die Inſel den Athenern 1. Das iſt
gewiß, daß fuͤnf Spartiaten (Kritolaidas, Amompha-
retos, Hypſechidas, Anaxilas, Kleomenes) als Schieds-
richter, alten Traditionen und Mythen folgend, den
Beſitz der Inſel den Athenern zuerkannten. Doch ver-
loren dieſe wiederum in den Unruhen nach der Ver-
bannung des Megakles die Inſel, wie den ſchon er-
oberten Hafen Niſaͤa 2. Die erſtere gewannen ſie in-
deß bald wieder, und Megara ſcheint ſie von da an
ganz aufgegeben zu haben, indem in dieſen Zeiten Athen
ſo reißend ſchnell heranwuchs, daß Megara an die
Erneuerung alter Kaͤmpfe nicht mehr denken konnte.

Da es unſere Abſicht nicht iſt, eine fortlaufende
und ſich gleichmaͤßig verbreitende Geſchichtserzaͤhlung
zu geben, ſondern nur das hervorzuheben, was fuͤr
den Zuſtand des Doriſchen Stammes Aufſchluß ver-
ſpricht — die Geſchichte der außerpeloponneſiſchen Do-
rier fortzufuͤhreu unterlaſſen wir ganz, weil deren lo-
kale Verflechtung uns ſehr weit in andere Gegenden
abfuͤhren wuͤrde —: ſo werden wir aus den Begeben-
heiten der Perſerkriege kaum einen und den anderen
Moment beruͤhren, und nur von den inneren Verhaͤlt-
niſſen des Peloponnes in damaliger Zeit handeln, un-
ter denen die Hegemonie Sparta’s am meiſten und
auffallendſten hervortritt.




1 Pauſ. 1, 40, 4.
2 Plut. Solon 10. 12. uͤbereinſtimmend
Aelian 7, 19. In Delphi war ein lanzenbewaffneter Apoll als
Anathem der Megarer nach einem Siege uͤber Athen. Plut. Pyth.
or.
16. S. 273.
II. 12
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0207" n="177"/>
verriethen Vertriebene aus ihrer eigenen Stadt, &#x0394;&#x03BF;&#x03C1;&#x03CD;-<lb/>
&#x03BA;&#x03BB;&#x03B5;&#x03B9;&#x03BF;&#x03B9; genannt, die In&#x017F;el den Athenern <note place="foot" n="1">Pau&#x017F;. 1, 40, 4.</note>. Das i&#x017F;t<lb/>
gewiß, daß fu&#x0364;nf Spartiaten (Kritolaidas, Amompha-<lb/>
retos, Hyp&#x017F;echidas, Anaxilas, Kleomenes) als Schieds-<lb/>
richter, alten Traditionen und Mythen folgend, den<lb/>
Be&#x017F;itz der In&#x017F;el den Athenern zuerkannten. Doch ver-<lb/>
loren die&#x017F;e wiederum in den Unruhen nach der Ver-<lb/>
bannung des Megakles die In&#x017F;el, wie den &#x017F;chon er-<lb/>
oberten Hafen Ni&#x017F;a&#x0364;a <note place="foot" n="2">Plut. Solon 10. 12. u&#x0364;berein&#x017F;timmend<lb/>
Aelian 7, 19. In Delphi war ein lanzenbewaffneter Apoll als<lb/>
Anathem der Megarer nach einem Siege u&#x0364;ber Athen. Plut. <hi rendition="#aq">Pyth.<lb/>
or.</hi> 16. S. 273.</note>. Die er&#x017F;tere gewannen &#x017F;ie in-<lb/>
deß bald wieder, und Megara &#x017F;cheint &#x017F;ie von da an<lb/>
ganz aufgegeben zu haben, indem in die&#x017F;en Zeiten Athen<lb/>
&#x017F;o reißend &#x017F;chnell heranwuchs, daß Megara an die<lb/>
Erneuerung alter Ka&#x0364;mpfe nicht mehr denken konnte.</p><lb/>
            <p>Da es un&#x017F;ere Ab&#x017F;icht nicht i&#x017F;t, eine fortlaufende<lb/>
und &#x017F;ich gleichma&#x0364;ßig verbreitende Ge&#x017F;chichtserza&#x0364;hlung<lb/>
zu geben, &#x017F;ondern nur das hervorzuheben, was fu&#x0364;r<lb/>
den Zu&#x017F;tand des Dori&#x017F;chen Stammes Auf&#x017F;chluß ver-<lb/>
&#x017F;pricht &#x2014; die Ge&#x017F;chichte der außerpeloponne&#x017F;i&#x017F;chen Do-<lb/>
rier fortzufu&#x0364;hreu unterla&#x017F;&#x017F;en wir ganz, weil deren lo-<lb/>
kale Verflechtung uns &#x017F;ehr weit in andere Gegenden<lb/>
abfu&#x0364;hren wu&#x0364;rde &#x2014;: &#x017F;o werden wir aus den Begeben-<lb/>
heiten der Per&#x017F;erkriege kaum einen und den anderen<lb/>
Moment beru&#x0364;hren, und nur von den inneren Verha&#x0364;lt-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;en des Peloponnes in damaliger Zeit handeln, un-<lb/>
ter denen die <hi rendition="#g">Hegemonie</hi> Sparta&#x2019;s am mei&#x017F;ten und<lb/>
auffallend&#x017F;ten hervortritt.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">II.</hi> 12</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[177/0207] verriethen Vertriebene aus ihrer eigenen Stadt, Δορύ- κλειοι genannt, die Inſel den Athenern 1. Das iſt gewiß, daß fuͤnf Spartiaten (Kritolaidas, Amompha- retos, Hypſechidas, Anaxilas, Kleomenes) als Schieds- richter, alten Traditionen und Mythen folgend, den Beſitz der Inſel den Athenern zuerkannten. Doch ver- loren dieſe wiederum in den Unruhen nach der Ver- bannung des Megakles die Inſel, wie den ſchon er- oberten Hafen Niſaͤa 2. Die erſtere gewannen ſie in- deß bald wieder, und Megara ſcheint ſie von da an ganz aufgegeben zu haben, indem in dieſen Zeiten Athen ſo reißend ſchnell heranwuchs, daß Megara an die Erneuerung alter Kaͤmpfe nicht mehr denken konnte. Da es unſere Abſicht nicht iſt, eine fortlaufende und ſich gleichmaͤßig verbreitende Geſchichtserzaͤhlung zu geben, ſondern nur das hervorzuheben, was fuͤr den Zuſtand des Doriſchen Stammes Aufſchluß ver- ſpricht — die Geſchichte der außerpeloponneſiſchen Do- rier fortzufuͤhreu unterlaſſen wir ganz, weil deren lo- kale Verflechtung uns ſehr weit in andere Gegenden abfuͤhren wuͤrde —: ſo werden wir aus den Begeben- heiten der Perſerkriege kaum einen und den anderen Moment beruͤhren, und nur von den inneren Verhaͤlt- niſſen des Peloponnes in damaliger Zeit handeln, un- ter denen die Hegemonie Sparta’s am meiſten und auffallendſten hervortritt. 1 Pauſ. 1, 40, 4. 2 Plut. Solon 10. 12. uͤbereinſtimmend Aelian 7, 19. In Delphi war ein lanzenbewaffneter Apoll als Anathem der Megarer nach einem Siege uͤber Athen. Plut. Pyth. or. 16. S. 273. II. 12

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/207
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/207>, abgerufen am 28.11.2024.