Höhe des Felsens der Tempel des Gottes, einer der ältesten der Niederlassung, angeblich Dädalischer Bau 1; unten die Grotte der Sibylle; auch hier sollte Aeneas gelandet sein (und Stesichoros ließ ihn vermuthlich nur in diese Gegend gehen 2). Es war ja nichts natürli- cher, als daß jene Orakel überall lokal angewandt, und somit das neue Troja hier und dort gefunden wurde. So geschah es denn nun auch, als die Griechischen Sibyllinenorakel in Verbindung mit Apollocultus in Rom Staatsorakel wurden, daß was darin für die Gegenden am Hellespont und benachbarte geweissagt war, ohne viel Umstände, obgleich nicht ohne Kunst- griffe der Dollmetscher und Ausleger, auf Rom ge- deutet wurde. Es ist deutlich, wie sich auf diese ein- fache Weise der Ursprung der seltsamen Fabel von Ae- neas, Romulus Vater, und was man weiter hinzu- erfand, fast von selbst erklärt.
5.
Auch der älteste Tempel Apollons in Thrakien gehört zu den Kretischen Anlagen, das Heiligthum zu Ismaros oder Maroneia, dessen Priester bei Homer dem Odysseus den trefflichen Wein schenkt 3; Maron aber ist der Tradition zufolge ein Kretischer Ankömmling 4. Da- mit hängt wohl der alte Orakeltempel Apollons zu De- räa bei Abdera zusammen 5, auf den sich der Münz- typus der Abderiten bezieht: Apollon mit dem Pfeil auf der Hand auf einer, der Greif auf der andern Seite, welchen wieder die Teier, da sie eine Zeitlang in ihrer Colonie Abdera wohnten, daher angenommen zu haben scheinen.
1 Heyne Exc. Aen. 6, 3. Der Fels heißt Zosteria klitus (Lykophr. 1278.) wie das Vorgeb. in Attika mit dem Apollotempel.
2 S. tabula Iliaca MISENOS.
3 Od. 9, 197.
4 Diod. 5, 79. vgl. Raoul-Rochette 2. p. 160.
5 Pindar Päanen bei Tzetz. Lyk. 445.
Hoͤhe des Felſens der Tempel des Gottes, einer der aͤlteſten der Niederlaſſung, angeblich Daͤdaliſcher Bau 1; unten die Grotte der Sibylle; auch hier ſollte Aeneas gelandet ſein (und Steſichoros ließ ihn vermuthlich nur in dieſe Gegend gehen 2). Es war ja nichts natuͤrli- cher, als daß jene Orakel uͤberall lokal angewandt, und ſomit das neue Troja hier und dort gefunden wurde. So geſchah es denn nun auch, als die Griechiſchen Sibyllinenorakel in Verbindung mit Apollocultus in Rom Staatsorakel wurden, daß was darin fuͤr die Gegenden am Helleſpont und benachbarte geweiſſagt war, ohne viel Umſtaͤnde, obgleich nicht ohne Kunſt- griffe der Dollmetſcher und Ausleger, auf Rom ge- deutet wurde. Es iſt deutlich, wie ſich auf dieſe ein- fache Weiſe der Urſprung der ſeltſamen Fabel von Ae- neas, Romulus Vater, und was man weiter hinzu- erfand, faſt von ſelbſt erklaͤrt.
5.
Auch der aͤlteſte Tempel Apollons in Thrakien gehoͤrt zu den Kretiſchen Anlagen, das Heiligthum zu Iſmaros oder Maroneia, deſſen Prieſter bei Homer dem Odyſſeus den trefflichen Wein ſchenkt 3; Maron aber iſt der Tradition zufolge ein Kretiſcher Ankoͤmmling 4. Da- mit haͤngt wohl der alte Orakeltempel Apollons zu De- raͤa bei Abdera zuſammen 5, auf den ſich der Muͤnz- typus der Abderiten bezieht: Apollon mit dem Pfeil auf der Hand auf einer, der Greif auf der andern Seite, welchen wieder die Teier, da ſie eine Zeitlang in ihrer Colonie Abdera wohnten, daher angenommen zu haben ſcheinen.
1 Heyne Exc. Aen. 6, 3. Der Fels heißt Ζωστηϱία κλιτὺς (Lykophr. 1278.) wie das Vorgeb. in Attika mit dem Apollotempel.
2 S. tabula Iliaca ΜΙΣΗΝΟΣ.
3 Od. 9, 197.
4 Diod. 5, 79. vgl. Raoul-Rochette 2. p. 160.
5 Pindar Paͤanen bei Tzetz. Lyk. 445.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0253"n="223"/>
Hoͤhe des Felſens der Tempel des Gottes, einer der<lb/>
aͤlteſten der Niederlaſſung, angeblich Daͤdaliſcher Bau <noteplace="foot"n="1">Heyne <hirendition="#aq">Exc. Aen.</hi> 6, 3. Der Fels heißt Ζωστηϱίακλιτὺς<lb/>
(Lykophr. 1278.) wie das Vorgeb. in Attika mit dem Apollotempel.</note>;<lb/>
unten die Grotte der Sibylle; auch hier ſollte Aeneas<lb/>
gelandet ſein (und Steſichoros ließ ihn vermuthlich nur<lb/>
in dieſe Gegend gehen <noteplace="foot"n="2">S. <hirendition="#aq">tabula Iliaca</hi>ΜΙΣΗΝΟΣ.</note>). Es war ja nichts natuͤrli-<lb/>
cher, als daß jene Orakel uͤberall lokal angewandt,<lb/>
und ſomit das neue Troja hier und dort gefunden wurde.<lb/>
So geſchah es denn nun auch, als die Griechiſchen<lb/>
Sibyllinenorakel in Verbindung mit Apollocultus in<lb/>
Rom Staatsorakel wurden, daß was darin fuͤr die<lb/>
Gegenden am Helleſpont und benachbarte geweiſſagt<lb/>
war, ohne viel Umſtaͤnde, obgleich nicht ohne Kunſt-<lb/>
griffe der Dollmetſcher und Ausleger, auf Rom ge-<lb/>
deutet wurde. Es iſt deutlich, wie ſich auf dieſe ein-<lb/>
fache Weiſe der Urſprung der ſeltſamen Fabel von Ae-<lb/>
neas, Romulus Vater, und was man weiter hinzu-<lb/>
erfand, faſt von ſelbſt erklaͤrt.</p></div><lb/><divn="4"><head>5.</head><lb/><p>Auch der aͤlteſte Tempel Apollons in <hirendition="#g">Thrakien</hi><lb/>
gehoͤrt zu den Kretiſchen Anlagen, das Heiligthum zu<lb/>
Iſmaros oder Maroneia, deſſen Prieſter bei Homer dem<lb/>
Odyſſeus den trefflichen Wein ſchenkt <noteplace="foot"n="3">Od. 9, 197.</note>; Maron aber iſt<lb/>
der Tradition zufolge ein Kretiſcher Ankoͤmmling <noteplace="foot"n="4">Diod.<lb/>
5, 79. vgl. Raoul-Rochette 2. <hirendition="#aq">p.</hi> 160.</note>. Da-<lb/>
mit haͤngt wohl der alte Orakeltempel Apollons zu De-<lb/>
raͤa bei Abdera zuſammen <noteplace="foot"n="5">Pindar Paͤanen bei<lb/>
Tzetz. Lyk. 445.</note>, auf den ſich der Muͤnz-<lb/>
typus der Abderiten bezieht: Apollon mit dem Pfeil<lb/>
auf der Hand auf einer, der Greif auf der andern<lb/>
Seite, welchen wieder die Teier, da ſie eine Zeitlang<lb/>
in ihrer Colonie Abdera wohnten, daher angenommen<lb/>
zu haben ſcheinen.</p></div><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[223/0253]
Hoͤhe des Felſens der Tempel des Gottes, einer der
aͤlteſten der Niederlaſſung, angeblich Daͤdaliſcher Bau 1;
unten die Grotte der Sibylle; auch hier ſollte Aeneas
gelandet ſein (und Steſichoros ließ ihn vermuthlich nur
in dieſe Gegend gehen 2). Es war ja nichts natuͤrli-
cher, als daß jene Orakel uͤberall lokal angewandt,
und ſomit das neue Troja hier und dort gefunden wurde.
So geſchah es denn nun auch, als die Griechiſchen
Sibyllinenorakel in Verbindung mit Apollocultus in
Rom Staatsorakel wurden, daß was darin fuͤr die
Gegenden am Helleſpont und benachbarte geweiſſagt
war, ohne viel Umſtaͤnde, obgleich nicht ohne Kunſt-
griffe der Dollmetſcher und Ausleger, auf Rom ge-
deutet wurde. Es iſt deutlich, wie ſich auf dieſe ein-
fache Weiſe der Urſprung der ſeltſamen Fabel von Ae-
neas, Romulus Vater, und was man weiter hinzu-
erfand, faſt von ſelbſt erklaͤrt.
5.
Auch der aͤlteſte Tempel Apollons in Thrakien
gehoͤrt zu den Kretiſchen Anlagen, das Heiligthum zu
Iſmaros oder Maroneia, deſſen Prieſter bei Homer dem
Odyſſeus den trefflichen Wein ſchenkt 3; Maron aber iſt
der Tradition zufolge ein Kretiſcher Ankoͤmmling 4. Da-
mit haͤngt wohl der alte Orakeltempel Apollons zu De-
raͤa bei Abdera zuſammen 5, auf den ſich der Muͤnz-
typus der Abderiten bezieht: Apollon mit dem Pfeil
auf der Hand auf einer, der Greif auf der andern
Seite, welchen wieder die Teier, da ſie eine Zeitlang
in ihrer Colonie Abdera wohnten, daher angenommen
zu haben ſcheinen.
1 Heyne Exc. Aen. 6, 3. Der Fels heißt Ζωστηϱία κλιτὺς
(Lykophr. 1278.) wie das Vorgeb. in Attika mit dem Apollotempel.
2 S. tabula Iliaca ΜΙΣΗΝΟΣ.
3 Od. 9, 197.
4 Diod.
5, 79. vgl. Raoul-Rochette 2. p. 160.
5 Pindar Paͤanen bei
Tzetz. Lyk. 445.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/253>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.