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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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ketier 1. Auch find die alten Bauten, Institute, Göt-
terdienste der Epeiroten unverkennbar Pelasgisch. Von
den Pelasgern aber setzen wir voraus, daß sie Griechen
waren und Griechisch redeten, welche Meinung wir hier
nur im Vorübergehen mit wenigen Gründen unterstützen
können. Man bedenke, daß alle nachwandernden Stäm-
me, Achaeer, Jonier, Dorier, wie wir besonders von
diesen wissen, nicht stark und zahlreich genug waren, um
eine barbarische Bevölkerung zu hellenisiren 2, daß man-
che Gegenden, wie Arkadien und Perrhäbien, fortwäh-
rend pelasgisch blieben, ohne von Ungriechen bewohnt zu
sein, daß die ältesten Namen der Griechischen Orte und
Sagen zwar andern Epochen der Sprache, aber nicht
einer andern Sprache angehören, daß endlich die Ueber-
einstimmung des Lateinischen mit dem Griechischen nur
durch das Mittelglied des Pelasgischen erklärt werden
kann. -- Nun waren aber die Epeirotischen Völker durch
Einflüsse, die sie nur von Illyrien erhalten haben konn-
ten, fast ganz barbarisirt 3, und das Hellenische Volk
fing in geschichtlicher Zeit erst am Ambrakischen Meer-
busen an. In spätern Zeiten war über die Hälfte

1 Niebuhr Röm. Gesch. 1. S. 34. Daher das Diesseits und
Jenseits vieler Namen, wie Kaulonia (Pouquev. fand Münzen
KAULONIATAN in Epiros) Pandosia (Justin. 12, 2.), Ache-
ron, Acherontia u. a.
2 Herodot nennt auch Jonier und Aeo-
lier ehemalige Pelasgous, weil sie diese in sich aufgenommen, er
muß aber ein metamathein ten glossan annehmen, weil die Spra-
che der bei Kreston und bei Plakia wohnenden Pelasger, vermuthlich
nur ein alterthümlicher Dialekt, ihm barbarisch schien. Aeschylos
hält sie im Gegensatz der karbanoi für Griechen, Iket. 911.
3 So
die Chaoner nach Thuk. 2, 80. -- Altgriechisch sind im Epirot.
Dialekt z. B. gdoupos für doupos (Maittaire S. 141.) gnosko,
nosco Orion 42, 17. Aspetos Achill. Plut. Pyrrh. 1. (a-epomai).
Die Nachricht bei Str. 7, 327., daß einige Gegenden zwei Spra-
chen redeten, geht gewiß auf ein Nebeneinanderbestehen illyrischer
und griechischer Dialekete.

ketier 1. Auch find die alten Bauten, Inſtitute, Goͤt-
terdienſte der Epeiroten unverkennbar Pelasgiſch. Von
den Pelasgern aber ſetzen wir voraus, daß ſie Griechen
waren und Griechiſch redeten, welche Meinung wir hier
nur im Voruͤbergehen mit wenigen Gruͤnden unterſtuͤtzen
koͤnnen. Man bedenke, daß alle nachwandernden Staͤm-
me, Achaeer, Jonier, Dorier, wie wir beſonders von
dieſen wiſſen, nicht ſtark und zahlreich genug waren, um
eine barbariſche Bevoͤlkerung zu helleniſiren 2, daß man-
che Gegenden, wie Arkadien und Perrhaͤbien, fortwaͤh-
rend pelasgiſch blieben, ohne von Ungriechen bewohnt zu
ſein, daß die aͤlteſten Namen der Griechiſchen Orte und
Sagen zwar andern Epochen der Sprache, aber nicht
einer andern Sprache angehoͤren, daß endlich die Ueber-
einſtimmung des Lateiniſchen mit dem Griechiſchen nur
durch das Mittelglied des Pelasgiſchen erklaͤrt werden
kann. — Nun waren aber die Epeirotiſchen Voͤlker durch
Einfluͤſſe, die ſie nur von Illyrien erhalten haben konn-
ten, faſt ganz barbariſirt 3, und das Helleniſche Volk
fing in geſchichtlicher Zeit erſt am Ambrakiſchen Meer-
buſen an. In ſpaͤtern Zeiten war uͤber die Haͤlfte

1 Niebuhr Roͤm. Geſch. 1. S. 34. Daher das Dieſſeits und
Jenſeits vieler Namen, wie Kaulonia (Pouquev. fand Muͤnzen
ΚΑϒΛΟΝΙΑΤΑΝ in Epiros) Pandoſia (Juſtin. 12, 2.), Ache-
ron, Acherontia u. a.
2 Herodot nennt auch Jonier und Aeo-
lier ehemalige Πελασγοὺς, weil ſie dieſe in ſich aufgenommen, er
muß aber ein μεταμαϑεῖν τὴν γλῶσσαν annehmen, weil die Spra-
che der bei Kreſton und bei Plakia wohnenden Pelasger, vermuthlich
nur ein alterthuͤmlicher Dialekt, ihm barbariſch ſchien. Aeſchylos
haͤlt ſie im Gegenſatz der καϱβάνοι fuͤr Griechen, Ἱκετ. 911.
3 So
die Chaoner nach Thuk. 2, 80. — Altgriechiſch ſind im Epirot.
Dialekt z. B. γδοῦπος fuͤr δοῦπος (Maittaire S. 141.) γνώσκω,
nosco Orion 42, 17. Ἄσπετος Achill. Plut. Pyrrh. 1. (α–ἕπομαι).
Die Nachricht bei Str. 7, 327., daß einige Gegenden zwei Spra-
chen redeten, geht gewiß auf ein Nebeneinanderbeſtehen illyriſcher
und griechiſcher Dialekete.
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[6/0036] ketier 1. Auch find die alten Bauten, Inſtitute, Goͤt- terdienſte der Epeiroten unverkennbar Pelasgiſch. Von den Pelasgern aber ſetzen wir voraus, daß ſie Griechen waren und Griechiſch redeten, welche Meinung wir hier nur im Voruͤbergehen mit wenigen Gruͤnden unterſtuͤtzen koͤnnen. Man bedenke, daß alle nachwandernden Staͤm- me, Achaeer, Jonier, Dorier, wie wir beſonders von dieſen wiſſen, nicht ſtark und zahlreich genug waren, um eine barbariſche Bevoͤlkerung zu helleniſiren 2, daß man- che Gegenden, wie Arkadien und Perrhaͤbien, fortwaͤh- rend pelasgiſch blieben, ohne von Ungriechen bewohnt zu ſein, daß die aͤlteſten Namen der Griechiſchen Orte und Sagen zwar andern Epochen der Sprache, aber nicht einer andern Sprache angehoͤren, daß endlich die Ueber- einſtimmung des Lateiniſchen mit dem Griechiſchen nur durch das Mittelglied des Pelasgiſchen erklaͤrt werden kann. — Nun waren aber die Epeirotiſchen Voͤlker durch Einfluͤſſe, die ſie nur von Illyrien erhalten haben konn- ten, faſt ganz barbariſirt 3, und das Helleniſche Volk fing in geſchichtlicher Zeit erſt am Ambrakiſchen Meer- buſen an. In ſpaͤtern Zeiten war uͤber die Haͤlfte 1 Niebuhr Roͤm. Geſch. 1. S. 34. Daher das Dieſſeits und Jenſeits vieler Namen, wie Kaulonia (Pouquev. fand Muͤnzen ΚΑϒΛΟΝΙΑΤΑΝ in Epiros) Pandoſia (Juſtin. 12, 2.), Ache- ron, Acherontia u. a. 2 Herodot nennt auch Jonier und Aeo- lier ehemalige Πελασγοὺς, weil ſie dieſe in ſich aufgenommen, er muß aber ein μεταμαϑεῖν τὴν γλῶσσαν annehmen, weil die Spra- che der bei Kreſton und bei Plakia wohnenden Pelasger, vermuthlich nur ein alterthuͤmlicher Dialekt, ihm barbariſch ſchien. Aeſchylos haͤlt ſie im Gegenſatz der καϱβάνοι fuͤr Griechen, Ἱκετ. 911. 3 So die Chaoner nach Thuk. 2, 80. — Altgriechiſch ſind im Epirot. Dialekt z. B. γδοῦπος fuͤr δοῦπος (Maittaire S. 141.) γνώσκω, nosco Orion 42, 17. Ἄσπετος Achill. Plut. Pyrrh. 1. (α–ἕπομαι). Die Nachricht bei Str. 7, 327., daß einige Gegenden zwei Spra- chen redeten, geht gewiß auf ein Nebeneinanderbeſtehen illyriſcher und griechiſcher Dialekete.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/36>, abgerufen am 29.04.2024.