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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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dieses Monats geboren 1. An demselben Tage aber,
an welchem der Delphische Knabe den Lorbeer bricht,
und sich zur Heimkehr wendet, trug man aller Wahr-
scheinlichkeit nach auch in Böotien -- und wohl sonst
in Griechenland 2 -- die lustrirenden Lorbeerbäume
umher, die dem Feste der Daphnephorien den Namen
gaben 3. -- Bald darauf trifft der Frühaufgang der
Pleiaden (pr. id. Maias nach Eudoxos Angabe)4, wor-
auf nach Hesiod die Erndte beginnt; dann verläßt
Apoll, wie oben nach Diodor und Bildwerken bemerkt
wurde 5, mit den ersten Aehren beschenkt, die Hy-
perboreer, und erscheint in milder und heiterer Gestalt
zu Delphi.

Sollte der Tag des Frühaufgangs der Pleiaden
in ein regelmäßiges Verhältniß treten zu den vorher-
gegangenen Feste: so konnte dies nur durch Cyclen be-
werkstelligt werden, die Monden- und Stenenjahr in
Uebereinstimmung brachten. Nun lag die Benerkung nah,
daß immer nach 99 Mondenmonaten jener Fühaufgang
ziemlich genau mit derselben Phase des Mondes coin-
cidire; darnath bildete man die ennaeteische Pe-

1 Diog. L. 3, 2. 2, 44. Apolld. Frgm. p. 41. 415 Heyne.
Es ist wohl nur Dichtung, daß an jenem Tage er maieutische
Sokrates, an diesem Platon geboren sei.
2 De Athener eh-
ren nach Prokl. a. O. die ebdome als Apolloniake aphnephoroun-
tes kai to kanoun apostrephontes (epistephontes Scalig.) kai
umnountes ton theon.
3 Die kopo der Daphnephorien (Prokl.
bei Phot. p. 987.) hat einige Aehnlichkeit mit der iresione, die
auch an den Thargelien umgetragen wurde, Suid., und auch eine
iketeria genannt wird. Schol. Arist. Ritt. 725.
4 Ponte-
dera Antiqq. p. 208. Nach Scaliger Emend. tempp. 1. p. 54.
war dies ein alter Jahresanfang; dagegen Petav Doctr. tempp.
1, 34. p.
42. vgl. Dodwell de cycl. 5, 12. p. 256
5 oben
S. 269.

dieſes Monats geboren 1. An demſelben Tage aber,
an welchem der Delphiſche Knabe den Lorbeer bricht,
und ſich zur Heimkehr wendet, trug man aller Wahr-
ſcheinlichkeit nach auch in Boͤotien — und wohl ſonſt
in Griechenland 2 — die luſtrirenden Lorbeerbaͤume
umher, die dem Feſte der Daphnephorien den Namen
gaben 3. — Bald darauf trifft der Fruͤhaufgang der
Pleiaden (pr. id. Maias nach Eudoxos Angabe)4, wor-
auf nach Heſiod die Erndte beginnt; dann verlaͤßt
Apoll, wie oben nach Diodor und Bildwerken bemerkt
wurde 5, mit den erſten Aehren beſchenkt, die Hy-
perboreer, und erſcheint in milder und heiterer Geſtalt
zu Delphi.

Sollte der Tag des Fruͤhaufgangs der Pleiaden
in ein regelmaͤßiges Verhaͤltniß treten zu den vorher-
gegangenen Feſte: ſo konnte dies nur durch Cyclen be-
werkſtelligt werden, die Monden- und Stenenjahr in
Uebereinſtimmung brachten. Nun lag die Benerkung nah,
daß immer nach 99 Mondenmonaten jener Fuͤhaufgang
ziemlich genau mit derſelben Phaſe des Mondes coin-
cidire; darnath bildete man die ennaeteiſche Pe-

1 Diog. L. 3, 2. 2, 44. Apolld. Frgm. p. 41. 415 Heyne.
Es iſt wohl nur Dichtung, daß an jenem Tage er maieutiſche
Sokrates, an dieſem Platon geboren ſei.
2 De Athener eh-
ren nach Prokl. a. O. die ἑβδόμη als Ἀπολλωνιακὴ αφνηφοϱοῦν-
τες καὶ τὸ κανοῦν ἀποστϱέφοντες (ἐπιστέφοντες Scalig.) καὶ
ὑμνοῦντες τὸν ϑεόν.
3 Die κωπὼ der Daphnephorien (Prokl.
bei Phot. p. 987.) hat einige Aehnlichkeit mit der ireſione, die
auch an den Thargelien umgetragen wurde, Suid., und auch eine
ἱκετηϱία genannt wird. Schol. Ariſt. Ritt. 725.
4 Ponte-
dera Antiqq. p. 208. Nach Scaliger Emend. tempp. 1. p. 54.
war dies ein alter Jahresanfang; dagegen Petav Doctr. tempp.
1, 34. p.
42. vgl. Dodwell de cycl. 5, 12. p. 256
5 oben
S. 269.
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[330/0360] dieſes Monats geboren 1. An demſelben Tage aber, an welchem der Delphiſche Knabe den Lorbeer bricht, und ſich zur Heimkehr wendet, trug man aller Wahr- ſcheinlichkeit nach auch in Boͤotien — und wohl ſonſt in Griechenland 2 — die luſtrirenden Lorbeerbaͤume umher, die dem Feſte der Daphnephorien den Namen gaben 3. — Bald darauf trifft der Fruͤhaufgang der Pleiaden (pr. id. Maias nach Eudoxos Angabe) 4, wor- auf nach Heſiod die Erndte beginnt; dann verlaͤßt Apoll, wie oben nach Diodor und Bildwerken bemerkt wurde 5, mit den erſten Aehren beſchenkt, die Hy- perboreer, und erſcheint in milder und heiterer Geſtalt zu Delphi. Sollte der Tag des Fruͤhaufgangs der Pleiaden in ein regelmaͤßiges Verhaͤltniß treten zu den vorher- gegangenen Feſte: ſo konnte dies nur durch Cyclen be- werkſtelligt werden, die Monden- und Stenenjahr in Uebereinſtimmung brachten. Nun lag die Benerkung nah, daß immer nach 99 Mondenmonaten jener Fuͤhaufgang ziemlich genau mit derſelben Phaſe des Mondes coin- cidire; darnath bildete man die ennaeteiſche Pe- 1 Diog. L. 3, 2. 2, 44. Apolld. Frgm. p. 41. 415 Heyne. Es iſt wohl nur Dichtung, daß an jenem Tage er maieutiſche Sokrates, an dieſem Platon geboren ſei. 2 De Athener eh- ren nach Prokl. a. O. die ἑβδόμη als Ἀπολλωνιακὴ αφνηφοϱοῦν- τες καὶ τὸ κανοῦν ἀποστϱέφοντες (ἐπιστέφοντες Scalig.) καὶ ὑμνοῦντες τὸν ϑεόν. 3 Die κωπὼ der Daphnephorien (Prokl. bei Phot. p. 987.) hat einige Aehnlichkeit mit der ireſione, die auch an den Thargelien umgetragen wurde, Suid., und auch eine ἱκετηϱία genannt wird. Schol. Ariſt. Ritt. 725. 4 Ponte- dera Antiqq. p. 208. Nach Scaliger Emend. tempp. 1. p. 54. war dies ein alter Jahresanfang; dagegen Petav Doctr. tempp. 1, 34. p. 42. vgl. Dodwell de cycl. 5, 12. p. 256 5 oben S. 269.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/360>, abgerufen am 22.11.2024.