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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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AMPhITRUON UPER ALKAIOU TRIPOD APOL-
LONI 1. Hiermit hängt offenbar die Geschichte von
dem Raube des Delphischen Dreifußes zusam-
men, wovon die gewöhnliche Dichterfabel so erzählt:
Herakles sei zur Strafe für den Mord des Iphi-
tos von einer schweren Krankheit heimgesucht wor-
den, und habe sich darum nach Delphi gewandt, und
da die Pythia dem Blutbesudelten nicht antworten
wollen, den Tempel zu plündern gedroht und den Drei-
fuß weggetragen. Apollon verfolgt ihn, bis Zeus den
Kampf seiner beiden Söhne durch den Blitz trennt 2.
Eine weitere Ausführung des Mythus erzählte von der
erneuerten Consecration des Delphischen Tripus, und
von der Versöhnung des Gottes und Heros; aber von
beidem sind nur Kunstdarstellungen auf uns gekommen,
obgleich von ziemlich hohem Alter 3. -- Aber es ist
wohl leicht einzusehen, daß wir hier nicht die ächte,
alte, religiose Sage vor uns haben. Wie sollte der
Held plötzlich Tempelräuber werden, der sonst ganz von

1 Die folgenden Worte sind zum Theil so zu ergänzen:
uper Erakl]eous [daphne] phoresantos.
2 Abweichende
Nachrichten geben Cic. N. D. 3, 16., wo Creuzer zu vgl. u. Paus.
10, 13, 4. Sonst s. man Visconti Mus. PioCl. 2, 5. Zoega Bas-
sir. 2. p.
98.
3 Die Reconsecration auf dem Dresdner Can-
delabersuße. Die Versöhnung auf dem Korinthischen Puteal ächt-
alten Styls, das Dodwell in der Reise und: Alcuni bassirilievi.
Roma
1820. herausgegeben hat (jetzt bei L. Guilsord). Hier kom-
men sich entgegen Apollon, Artemis, Leto -- Pallas, Herakles, Alk-
mena oder eine andere Frau; es folgen die Chariten. Ich ver-
muthe hier eine Copie der Sikyonischen Gruppe von Dipönos und
Skyllis (Plin. 36, 4.), wenn diese nicht etwa auch den Streit dar-
stellte, wie die bei Paus. a. O. -- Aehnlich ist das Vasengemälde
bei Millingen, Vases de Coghill pl. 11. Ap. Daphnephoros beim
Tripus sitzend nebst Artemis und Leto empfängt Herakles; eine
Göttin mit Scepter (Vesta nach Zoega a. O.) und Hermes stehn
dabei. Herakles ist auch dabei immer als Jüngling dargestellt.

ΑΜΦΙΤΡϒΟΝ ϒΠΕΡ ΑΛΚΑΙΟϒ ΤΡΙΠΟΔ ΑΠΟΛ-
ΛΩΝΙ 1. Hiermit haͤngt offenbar die Geſchichte von
dem Raube des Delphiſchen Dreifußes zuſam-
men, wovon die gewoͤhnliche Dichterfabel ſo erzaͤhlt:
Herakles ſei zur Strafe fuͤr den Mord des Iphi-
tos von einer ſchweren Krankheit heimgeſucht wor-
den, und habe ſich darum nach Delphi gewandt, und
da die Pythia dem Blutbeſudelten nicht antworten
wollen, den Tempel zu pluͤndern gedroht und den Drei-
fuß weggetragen. Apollon verfolgt ihn, bis Zeus den
Kampf ſeiner beiden Soͤhne durch den Blitz trennt 2.
Eine weitere Ausfuͤhrung des Mythus erzaͤhlte von der
erneuerten Conſecration des Delphiſchen Tripus, und
von der Verſoͤhnung des Gottes und Heros; aber von
beidem ſind nur Kunſtdarſtellungen auf uns gekommen,
obgleich von ziemlich hohem Alter 3. — Aber es iſt
wohl leicht einzuſehen, daß wir hier nicht die aͤchte,
alte, religioſe Sage vor uns haben. Wie ſollte der
Held ploͤtzlich Tempelraͤuber werden, der ſonſt ganz von

1 Die folgenden Worte ſind zum Theil ſo zu ergaͤnzen:
υπεϱ Ηϱακλ]εους [δαφνη] φοϱησαντος.
2 Abweichende
Nachrichten geben Cic. N. D. 3, 16., wo Creuzer zu vgl. u. Pauſ.
10, 13, 4. Sonſt ſ. man Visconti Mus. PioCl. 2, 5. Zoëga Bas-
sir. 2. p.
98.
3 Die Reconſecration auf dem Dresdner Can-
delaberſuße. Die Verſoͤhnung auf dem Korinthiſchen Puteal aͤcht-
alten Styls, das Dodwell in der Reiſe und: Alcuni bassirilievi.
Roma
1820. herausgegeben hat (jetzt bei L. Guilſord). Hier kom-
men ſich entgegen Apollon, Artemis, Leto — Pallas, Herakles, Alk-
mena oder eine andere Frau; es folgen die Chariten. Ich ver-
muthe hier eine Copie der Sikyoniſchen Gruppe von Dipoͤnos und
Skyllis (Plin. 36, 4.), wenn dieſe nicht etwa auch den Streit dar-
ſtellte, wie die bei Pauſ. a. O. — Aehnlich iſt das Vaſengemaͤlde
bei Millingen, Vases de Coghill pl. 11. Ap. Daphnephoros beim
Tripus ſitzend nebſt Artemis und Leto empfaͤngt Herakles; eine
Goͤttin mit Scepter (Veſta nach Zoëga a. O.) und Hermes ſtehn
dabei. Herakles iſt auch dabei immer als Juͤngling dargeſtellt.
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[431/0461] ΑΜΦΙΤΡϒΟΝ ϒΠΕΡ ΑΛΚΑΙΟϒ ΤΡΙΠΟΔ ΑΠΟΛ- ΛΩΝΙ 1. Hiermit haͤngt offenbar die Geſchichte von dem Raube des Delphiſchen Dreifußes zuſam- men, wovon die gewoͤhnliche Dichterfabel ſo erzaͤhlt: Herakles ſei zur Strafe fuͤr den Mord des Iphi- tos von einer ſchweren Krankheit heimgeſucht wor- den, und habe ſich darum nach Delphi gewandt, und da die Pythia dem Blutbeſudelten nicht antworten wollen, den Tempel zu pluͤndern gedroht und den Drei- fuß weggetragen. Apollon verfolgt ihn, bis Zeus den Kampf ſeiner beiden Soͤhne durch den Blitz trennt 2. Eine weitere Ausfuͤhrung des Mythus erzaͤhlte von der erneuerten Conſecration des Delphiſchen Tripus, und von der Verſoͤhnung des Gottes und Heros; aber von beidem ſind nur Kunſtdarſtellungen auf uns gekommen, obgleich von ziemlich hohem Alter 3. — Aber es iſt wohl leicht einzuſehen, daß wir hier nicht die aͤchte, alte, religioſe Sage vor uns haben. Wie ſollte der Held ploͤtzlich Tempelraͤuber werden, der ſonſt ganz von 1 Die folgenden Worte ſind zum Theil ſo zu ergaͤnzen: υπεϱ Ηϱακλ]εους [δαφνη] φοϱησαντος. 2 Abweichende Nachrichten geben Cic. N. D. 3, 16., wo Creuzer zu vgl. u. Pauſ. 10, 13, 4. Sonſt ſ. man Visconti Mus. PioCl. 2, 5. Zoëga Bas- sir. 2. p. 98. 3 Die Reconſecration auf dem Dresdner Can- delaberſuße. Die Verſoͤhnung auf dem Korinthiſchen Puteal aͤcht- alten Styls, das Dodwell in der Reiſe und: Alcuni bassirilievi. Roma 1820. herausgegeben hat (jetzt bei L. Guilſord). Hier kom- men ſich entgegen Apollon, Artemis, Leto — Pallas, Herakles, Alk- mena oder eine andere Frau; es folgen die Chariten. Ich ver- muthe hier eine Copie der Sikyoniſchen Gruppe von Dipoͤnos und Skyllis (Plin. 36, 4.), wenn dieſe nicht etwa auch den Streit dar- ſtellte, wie die bei Pauſ. a. O. — Aehnlich iſt das Vaſengemaͤlde bei Millingen, Vases de Coghill pl. 11. Ap. Daphnephoros beim Tripus ſitzend nebſt Artemis und Leto empfaͤngt Herakles; eine Goͤttin mit Scepter (Veſta nach Zoëga a. O.) und Hermes ſtehn dabei. Herakles iſt auch dabei immer als Juͤngling dargeſtellt.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/461>, abgerufen am 16.05.2024.