dem Rückwege von Erytheia den ersten Grund dersel- ben legen ließ 1. Dann trug man auch die im Lakoni- schen Amyklä schon lokalisirte Sage von der Reinigung und Sühnung des Heros auf Kroton über, wozu der hier so angesehene Apolloncult mitwirkte. Daher sieht man auf Münzen der Stadt den noch jugendlichen Hel- den, Bogen, Köcher, Keule neben sich, vor einem Al- tar mit brennendem Feuer sitzen, und einen Lorbeer darüber sengen 2. Es hängt damit irgendwie zusam- men, daß Philoktet die Herakleischen Geschosse im Tem- pel des Apollon Aläos bei Kroton niedergelegt haben sollte, und die Krotoniaten sie in das Apolloneion in- nerhalb der Stadt brachten 3. -- Auf jenen Münzen sieht man sonst auch noch den Helden öfter mit einem Weinbecher in der Hand entweder liegend oder stehend und sich vorbeugend; dazu giebt die Legende die Er- klärung: Herakles, der immer durstige, habe vor ei- nem Hause in Kroton nach Wein verlangt, aber die Frau hätte dem Manne abgerathen, das Faß des Fremdlings wegen zu öffnen, darum tränken die Wei- ber der Gegend niemals Wein 4.
6.
Den Koischen Heraklesmythus, wie ihn schon Homer erzählt, setzen wir als bekannt voraus. Ein- wirkende Momente auf die Entstehung desselben sind, erstens das Vorhandensein Heraklidischer Herrscherfa- milien auf Kos, die in primitiver Sage, wie aus dem innern Connex nachgewiesen, ihren Ursprung an die Er- oberung von Ephyra knüpften, in abgeleiteter aber an einen angeblichen Aufenthalt des Heros auf der Insel
1 Jamblich Pyth. 10.
2Mus. Pembrock. P. 2. tb. 16. Eckhel N. Anecd. tb. 1. n. 13., von dessen Erklärung die meinige einiges abweicht.
3 Arist. Mirab. Ausc. 115.
4 Athen. 10, 441. aus Alkimos Italike.
II. 29
dem Ruͤckwege von Erytheia den erſten Grund derſel- ben legen ließ 1. Dann trug man auch die im Lakoni- ſchen Amyklaͤ ſchon lokaliſirte Sage von der Reinigung und Suͤhnung des Heros auf Kroton uͤber, wozu der hier ſo angeſehene Apolloncult mitwirkte. Daher ſieht man auf Muͤnzen der Stadt den noch jugendlichen Hel- den, Bogen, Koͤcher, Keule neben ſich, vor einem Al- tar mit brennendem Feuer ſitzen, und einen Lorbeer daruͤber ſengen 2. Es haͤngt damit irgendwie zuſam- men, daß Philoktet die Herakleiſchen Geſchoſſe im Tem- pel des Apollon Alaͤos bei Kroton niedergelegt haben ſollte, und die Krotoniaten ſie in das Apolloneion in- nerhalb der Stadt brachten 3. — Auf jenen Muͤnzen ſieht man ſonſt auch noch den Helden oͤfter mit einem Weinbecher in der Hand entweder liegend oder ſtehend und ſich vorbeugend; dazu giebt die Legende die Er- klaͤrung: Herakles, der immer durſtige, habe vor ei- nem Hauſe in Kroton nach Wein verlangt, aber die Frau haͤtte dem Manne abgerathen, das Faß des Fremdlings wegen zu oͤffnen, darum traͤnken die Wei- ber der Gegend niemals Wein 4.
6.
Den Koiſchen Heraklesmythus, wie ihn ſchon Homer erzaͤhlt, ſetzen wir als bekannt voraus. Ein- wirkende Momente auf die Entſtehung deſſelben ſind, erſtens das Vorhandenſein Heraklidiſcher Herrſcherfa- milien auf Kos, die in primitiver Sage, wie aus dem innern Connex nachgewieſen, ihren Urſprung an die Er- oberung von Ephyra knuͤpften, in abgeleiteter aber an einen angeblichen Aufenthalt des Heros auf der Inſel
1 Jamblich Pyth. 10.
2Mus. Pembrock. P. 2. tb. 16. Eckhel N. Anecd. tb. 1. n. 13., von deſſen Erklaͤrung die meinige einiges abweicht.
3 Ariſt. Mirab. Ausc. 115.
4 Athen. 10, 441. aus Alkimos Italike.
II. 29
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0479"n="449"/>
dem Ruͤckwege von Erytheia den erſten Grund derſel-<lb/>
ben legen ließ <noteplace="foot"n="1">Jamblich Pyth. 10.</note>. Dann trug man auch die im Lakoni-<lb/>ſchen Amyklaͤſchon lokaliſirte Sage von der Reinigung<lb/>
und Suͤhnung des Heros auf Kroton uͤber, wozu der<lb/>
hier ſo angeſehene Apolloncult mitwirkte. Daher ſieht<lb/>
man auf Muͤnzen der Stadt den noch jugendlichen Hel-<lb/>
den, Bogen, Koͤcher, Keule neben ſich, vor einem Al-<lb/>
tar mit brennendem Feuer ſitzen, und einen Lorbeer<lb/>
daruͤber ſengen <noteplace="foot"n="2"><hirendition="#aq">Mus. Pembrock. P. 2. tb.</hi><lb/>
16. Eckhel <hirendition="#aq">N. Anecd. tb. 1. n.</hi> 13., von deſſen Erklaͤrung die<lb/>
meinige einiges abweicht.</note>. Es haͤngt damit irgendwie zuſam-<lb/>
men, daß Philoktet die Herakleiſchen Geſchoſſe im Tem-<lb/>
pel des Apollon Alaͤos bei Kroton niedergelegt haben<lb/>ſollte, und die Krotoniaten ſie in das Apolloneion in-<lb/>
nerhalb der Stadt brachten <noteplace="foot"n="3">Ariſt. <hirendition="#aq">Mirab. Ausc.</hi> 115.</note>. — Auf jenen Muͤnzen<lb/>ſieht man ſonſt auch noch den Helden oͤfter mit einem<lb/>
Weinbecher in der Hand entweder liegend oder ſtehend<lb/>
und ſich vorbeugend; dazu giebt die Legende die Er-<lb/>
klaͤrung: Herakles, der immer durſtige, habe vor ei-<lb/>
nem Hauſe in Kroton nach Wein verlangt, aber die<lb/>
Frau haͤtte dem Manne abgerathen, das Faß des<lb/>
Fremdlings wegen zu oͤffnen, darum traͤnken die Wei-<lb/>
ber der Gegend niemals Wein <noteplace="foot"n="4">Athen. 10, 441. aus Alkimos Italike.</note>.</p></div><lb/><divn="4"><head>6.</head><lb/><p>Den <hirendition="#g">Koiſchen</hi> Heraklesmythus, wie ihn ſchon<lb/>
Homer erzaͤhlt, ſetzen wir als bekannt voraus. Ein-<lb/>
wirkende Momente auf die Entſtehung deſſelben ſind,<lb/>
erſtens das Vorhandenſein Heraklidiſcher Herrſcherfa-<lb/>
milien auf Kos, die in primitiver Sage, wie aus dem<lb/>
innern Connex nachgewieſen, ihren Urſprung an die Er-<lb/>
oberung von Ephyra knuͤpften, in abgeleiteter aber an<lb/>
einen angeblichen Aufenthalt des Heros auf der Inſel<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#aq">II.</hi> 29</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[449/0479]
dem Ruͤckwege von Erytheia den erſten Grund derſel-
ben legen ließ 1. Dann trug man auch die im Lakoni-
ſchen Amyklaͤ ſchon lokaliſirte Sage von der Reinigung
und Suͤhnung des Heros auf Kroton uͤber, wozu der
hier ſo angeſehene Apolloncult mitwirkte. Daher ſieht
man auf Muͤnzen der Stadt den noch jugendlichen Hel-
den, Bogen, Koͤcher, Keule neben ſich, vor einem Al-
tar mit brennendem Feuer ſitzen, und einen Lorbeer
daruͤber ſengen 2. Es haͤngt damit irgendwie zuſam-
men, daß Philoktet die Herakleiſchen Geſchoſſe im Tem-
pel des Apollon Alaͤos bei Kroton niedergelegt haben
ſollte, und die Krotoniaten ſie in das Apolloneion in-
nerhalb der Stadt brachten 3. — Auf jenen Muͤnzen
ſieht man ſonſt auch noch den Helden oͤfter mit einem
Weinbecher in der Hand entweder liegend oder ſtehend
und ſich vorbeugend; dazu giebt die Legende die Er-
klaͤrung: Herakles, der immer durſtige, habe vor ei-
nem Hauſe in Kroton nach Wein verlangt, aber die
Frau haͤtte dem Manne abgerathen, das Faß des
Fremdlings wegen zu oͤffnen, darum traͤnken die Wei-
ber der Gegend niemals Wein 4.
6.
Den Koiſchen Heraklesmythus, wie ihn ſchon
Homer erzaͤhlt, ſetzen wir als bekannt voraus. Ein-
wirkende Momente auf die Entſtehung deſſelben ſind,
erſtens das Vorhandenſein Heraklidiſcher Herrſcherfa-
milien auf Kos, die in primitiver Sage, wie aus dem
innern Connex nachgewieſen, ihren Urſprung an die Er-
oberung von Ephyra knuͤpften, in abgeleiteter aber an
einen angeblichen Aufenthalt des Heros auf der Inſel
1 Jamblich Pyth. 10.
2 Mus. Pembrock. P. 2. tb.
16. Eckhel N. Anecd. tb. 1. n. 13., von deſſen Erklaͤrung die
meinige einiges abweicht.
3 Ariſt. Mirab. Ausc. 115.
4 Athen. 10, 441. aus Alkimos Italike.
II. 29
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 449. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/479>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.