Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite

ten 1. Vielleicht hatte Apollonia die Festigkeit seiner
Verfassung der Xenelasia zu danken 2: einem Institute,
das zum Festhalten althellenischer Sitte in dieser Con-
tiguität des Barbarenlandes besonders nothwendig war.

7.

Um die Reihe der Korinthischen Colonien nicht
zu trennen, schließe ich sogleich Syrakus an. Die
Syrakusische Verfassung hatte folgende Hauptperioden.
In der ältesten hatten die Gamoren die Regierung
in Händen 3 und zwar zuerst mit einem Könige 4, dann
ohne einen solchen. Diese haben wir schon oben 5 als
die ursprünglichen Colonisten definirt, die die großen
und von leibeigenen Ureinwohnern bebauten Grund-
stücke in Besitz genommen hatten, und die meisten Herr-
schaftsrechte übten. Es ist wahrscheinlich, daß aus ih-
nen die Magistrate und die Mitglieder des hohen Ra-
thes erlesen waren 6, die das Volk in der Halia lei-
teten; wie auch die Samischen Geomoren einen Rath
bildeten, der nach dem Sturze des Königthums dem
Staate vorstand 7. Gegen diese erhob sich nun der nach
und nach anspruchsvoller gewordene Demos, und ver-
trieb sie, indem er sich mit den Knechten derselben, den
Kyllyriern, verbündete (vor Ol. 72, 1.) 8: aber die da-
mals eingerichtete Demokratie war so ungeordnet und
gesetzlos, daß sie keinen Bestand baben konnte 9. So

1 Arist. 4, 3, 8. vgl. Herod. 9, 93.
2 Aelian a. O.
3 en Surakousais ton Geomoron katekhonton ten arkhen sagt
das Marm. Par. Ep. 37. zu Ol. 41.
4 oben S. 109, 5.
5 S. 61.
6 vgl. auch Plut. praec. reip. 32. p. 201.
In der Geschichte der Güterconfiseation des Agathokles (Diod. Exc.
8. p. 549 Wess.) erscheinen die Geomoren als höchstes Gericht.
7 Plut.
Qu. Gr. 57
8 Herod. 7, 155. Dion. Hal. 6, 62. vgl. Zenob. oben S.
62, 1.
9 Dies sagt Aristot. Pol. 5, 2, 6. Anders Tittmann S. 502.
der in Syrakus in der ersten Periode Demokratie hat, Demokratie
in der zweiten, und in der dritten Demokratie, und damit gut.
-- Die Geschichte bei Aristot. 5, 3, 1. Plut. praec. reip. a. O.

ten 1. Vielleicht hatte Apollonia die Feſtigkeit ſeiner
Verfaſſung der Xenelaſia zu danken 2: einem Inſtitute,
das zum Feſthalten althelleniſcher Sitte in dieſer Con-
tiguitaͤt des Barbarenlandes beſonders nothwendig war.

7.

Um die Reihe der Korinthiſchen Colonien nicht
zu trennen, ſchließe ich ſogleich Syrakus an. Die
Syrakuſiſche Verfaſſung hatte folgende Hauptperioden.
In der aͤlteſten hatten die Gamoren die Regierung
in Haͤnden 3 und zwar zuerſt mit einem Koͤnige 4, dann
ohne einen ſolchen. Dieſe haben wir ſchon oben 5 als
die urſpruͤnglichen Coloniſten definirt, die die großen
und von leibeigenen Ureinwohnern bebauten Grund-
ſtuͤcke in Beſitz genommen hatten, und die meiſten Herr-
ſchaftsrechte uͤbten. Es iſt wahrſcheinlich, daß aus ih-
nen die Magiſtrate und die Mitglieder des hohen Ra-
thes erleſen waren 6, die das Volk in der Halia lei-
teten; wie auch die Samiſchen Geomoren einen Rath
bildeten, der nach dem Sturze des Koͤnigthums dem
Staate vorſtand 7. Gegen dieſe erhob ſich nun der nach
und nach anſpruchsvoller gewordene Demos, und ver-
trieb ſie, indem er ſich mit den Knechten derſelben, den
Kyllyriern, verbuͤndete (vor Ol. 72, 1.) 8: aber die da-
mals eingerichtete Demokratie war ſo ungeordnet und
geſetzlos, daß ſie keinen Beſtand baben konnte 9. So

1 Ariſt. 4, 3, 8. vgl. Herod. 9, 93.
2 Aelian a. O.
3 ὲν Συϱακούσαις τῶν Γεωμόϱων ϰατεχόντων τὴν άϱχὴν ſagt
das Marm. Par. Ep. 37. zu Ol. 41.
4 oben S. 109, 5.
5 S. 61.
6 vgl. auch Plut. praec. reip. 32. p. 201.
In der Geſchichte der Guͤterconfiseation des Agathokles (Diod. Exc.
8. p. 549 Weſſ.) erſcheinen die Geomoren als hoͤchſtes Gericht.
7 Plut.
Qu. Gr. 57
8 Herod. 7, 155. Dion. Hal. 6, 62. vgl. Zenob. oben S.
62, 1.
9 Dies ſagt Ariſtot. Pol. 5, 2, 6. Anders Tittmann S. 502.
der in Syrakus in der erſten Periode Demokratie hat, Demokratie
in der zweiten, und in der dritten Demokratie, und damit gut.
— Die Geſchichte bei Ariſtot. 5, 3, 1. Plut. praec. reip. a. O.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0163" n="157"/>
ten <note place="foot" n="1">Ari&#x017F;t. 4, 3, 8. vgl. Herod. 9, 93.</note>. Vielleicht hatte Apollonia die Fe&#x017F;tigkeit &#x017F;einer<lb/>
Verfa&#x017F;&#x017F;ung der Xenela&#x017F;ia zu danken <note place="foot" n="2">Aelian a. O.</note>: einem In&#x017F;titute,<lb/>
das zum Fe&#x017F;thalten althelleni&#x017F;cher Sitte in die&#x017F;er Con-<lb/>
tiguita&#x0364;t des Barbarenlandes be&#x017F;onders nothwendig war.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>7.</head><lb/>
            <p>Um die Reihe der Korinthi&#x017F;chen Colonien nicht<lb/>
zu trennen, &#x017F;chließe ich &#x017F;ogleich <hi rendition="#g">Syrakus</hi> an. Die<lb/>
Syraku&#x017F;i&#x017F;che Verfa&#x017F;&#x017F;ung hatte folgende Hauptperioden.<lb/>
In der <hi rendition="#g">a&#x0364;lte&#x017F;ten</hi> hatten die <hi rendition="#g">Gamoren</hi> die Regierung<lb/>
in Ha&#x0364;nden <note place="foot" n="3">&#x1F72;&#x03BD; &#x03A3;&#x03C5;&#x03F1;&#x03B1;&#x03BA;&#x03BF;&#x03CD;&#x03C3;&#x03B1;&#x03B9;&#x03C2; &#x03C4;&#x1FF6;&#x03BD; &#x0393;&#x03B5;&#x03C9;&#x03BC;&#x03CC;&#x03F1;&#x03C9;&#x03BD; &#x03F0;&#x03B1;&#x03C4;&#x03B5;&#x03C7;&#x03CC;&#x03BD;&#x03C4;&#x03C9;&#x03BD; &#x03C4;&#x1F74;&#x03BD; &#x03AC;&#x03F1;&#x03C7;&#x1F74;&#x03BD; &#x017F;agt<lb/>
das <hi rendition="#aq">Marm. Par. Ep.</hi> 37. zu Ol. 41.</note> und zwar zuer&#x017F;t mit einem Ko&#x0364;nige <note place="foot" n="4">oben S. 109, 5.</note>, dann<lb/>
ohne einen &#x017F;olchen. Die&#x017F;e haben wir &#x017F;chon oben <note place="foot" n="5">S. 61.</note> als<lb/>
die ur&#x017F;pru&#x0364;nglichen Coloni&#x017F;ten definirt, die die großen<lb/>
und von leibeigenen Ureinwohnern bebauten Grund-<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;cke in Be&#x017F;itz genommen hatten, und die mei&#x017F;ten Herr-<lb/>
&#x017F;chaftsrechte u&#x0364;bten. Es i&#x017F;t wahr&#x017F;cheinlich, daß aus ih-<lb/>
nen die Magi&#x017F;trate und die Mitglieder des hohen Ra-<lb/>
thes erle&#x017F;en waren <note place="foot" n="6">vgl. auch Plut. <hi rendition="#aq">praec. reip.</hi> 32. <hi rendition="#aq">p.</hi> 201.<lb/>
In der Ge&#x017F;chichte der Gu&#x0364;terconfiseation des Agathokles (Diod. Exc.<lb/>
8. <hi rendition="#aq">p.</hi> 549 We&#x017F;&#x017F;.) er&#x017F;cheinen die Geomoren als ho&#x0364;ch&#x017F;tes Gericht.</note>, die das Volk in der Halia lei-<lb/>
teten; wie auch die Sami&#x017F;chen Geomoren einen Rath<lb/>
bildeten, der nach dem Sturze des Ko&#x0364;nigthums dem<lb/>
Staate vor&#x017F;tand <note place="foot" n="7">Plut.<lb/><hi rendition="#aq">Qu. Gr.</hi> 57</note>. Gegen die&#x017F;e erhob &#x017F;ich nun der nach<lb/>
und nach an&#x017F;pruchsvoller gewordene Demos, und ver-<lb/>
trieb &#x017F;ie, indem er &#x017F;ich mit den Knechten der&#x017F;elben, den<lb/>
Kyllyriern, verbu&#x0364;ndete (vor Ol. 72, 1.) <note place="foot" n="8">Herod. 7, 155. Dion. Hal. 6, 62. vgl. Zenob. oben S.<lb/>
62, 1.</note>: aber die da-<lb/>
mals eingerichtete Demokratie war &#x017F;o ungeordnet und<lb/>
ge&#x017F;etzlos, daß &#x017F;ie keinen Be&#x017F;tand baben konnte <note xml:id="seg2pn_19_1" next="#seg2pn_19_2" place="foot" n="9">Dies &#x017F;agt Ari&#x017F;tot. Pol. 5, 2, 6. Anders Tittmann S. 502.<lb/>
der in Syrakus in der er&#x017F;ten Periode Demokratie hat, Demokratie<lb/>
in der zweiten, und in der dritten Demokratie, und damit gut.<lb/>
&#x2014; Die Ge&#x017F;chichte bei Ari&#x017F;tot. 5, 3, 1. Plut. <hi rendition="#aq">praec. reip.</hi> a. O.</note>. So<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[157/0163] ten 1. Vielleicht hatte Apollonia die Feſtigkeit ſeiner Verfaſſung der Xenelaſia zu danken 2: einem Inſtitute, das zum Feſthalten althelleniſcher Sitte in dieſer Con- tiguitaͤt des Barbarenlandes beſonders nothwendig war. 7. Um die Reihe der Korinthiſchen Colonien nicht zu trennen, ſchließe ich ſogleich Syrakus an. Die Syrakuſiſche Verfaſſung hatte folgende Hauptperioden. In der aͤlteſten hatten die Gamoren die Regierung in Haͤnden 3 und zwar zuerſt mit einem Koͤnige 4, dann ohne einen ſolchen. Dieſe haben wir ſchon oben 5 als die urſpruͤnglichen Coloniſten definirt, die die großen und von leibeigenen Ureinwohnern bebauten Grund- ſtuͤcke in Beſitz genommen hatten, und die meiſten Herr- ſchaftsrechte uͤbten. Es iſt wahrſcheinlich, daß aus ih- nen die Magiſtrate und die Mitglieder des hohen Ra- thes erleſen waren 6, die das Volk in der Halia lei- teten; wie auch die Samiſchen Geomoren einen Rath bildeten, der nach dem Sturze des Koͤnigthums dem Staate vorſtand 7. Gegen dieſe erhob ſich nun der nach und nach anſpruchsvoller gewordene Demos, und ver- trieb ſie, indem er ſich mit den Knechten derſelben, den Kyllyriern, verbuͤndete (vor Ol. 72, 1.) 8: aber die da- mals eingerichtete Demokratie war ſo ungeordnet und geſetzlos, daß ſie keinen Beſtand baben konnte 9. So 1 Ariſt. 4, 3, 8. vgl. Herod. 9, 93. 2 Aelian a. O. 3 ὲν Συϱακούσαις τῶν Γεωμόϱων ϰατεχόντων τὴν άϱχὴν ſagt das Marm. Par. Ep. 37. zu Ol. 41. 4 oben S. 109, 5. 5 S. 61. 6 vgl. auch Plut. praec. reip. 32. p. 201. In der Geſchichte der Guͤterconfiseation des Agathokles (Diod. Exc. 8. p. 549 Weſſ.) erſcheinen die Geomoren als hoͤchſtes Gericht. 7 Plut. Qu. Gr. 57 8 Herod. 7, 155. Dion. Hal. 6, 62. vgl. Zenob. oben S. 62, 1. 9 Dies ſagt Ariſtot. Pol. 5, 2, 6. Anders Tittmann S. 502. der in Syrakus in der erſten Periode Demokratie hat, Demokratie in der zweiten, und in der dritten Demokratie, und damit gut. — Die Geſchichte bei Ariſtot. 5, 3, 1. Plut. praec. reip. a. O.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/163
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/163>, abgerufen am 19.05.2024.