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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

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ter Sitte und Lebensweise entgegen 1. Von der Ver-
fassung gegen den Sicilischen Krieg hin wissen wir,
daß alle wichtigeren Angelegenheiten des Staats in der
Volksversammlung entschieden wurden 2, und daß de-
ren Leitung den Volksvorstehern, demon prostatais,
die auch hier förmlich beamtet waren, größtentheils
anvertraut war 3; -- wie sie das Volk geführt, zeigt
das Beispiel des Athenagoras, der die schon heranna-
hende Expedition der Athener als ein Hirngespinst oder
eine Erfindung der Oligarchen, um das Volk in Schre-
cken zu setzen, darstellt. In wiefern völlige Freiheit,
vor dem Volke zu reden, statt fand, ist nicht hinläng-
lich klar 4. Daß immer noch aristokratisch Gesinnte
im Staate waren, geht schon aus Athenagoras Rede
hervor; und es ist nach Aristoteles auch wahrscheinlich,
daß sie manche Würden noch ausschließlich besaßen 5.
Die dritte Periode beginnt mit dem Siege über die
Attische Armee. Da diesen zuerst die Flotte der Sy-
rakusier entschied, hatte dadurch der gemeine Mann,
der als Matrose diente, an Wichtigkeit in seinen Au-
gen ungemein gewonnen, und verlangte mit Ungestüm
nach dem Genusse der höchsten Würden, ganz wie in
Athen nach der Schlacht von Salamis. Jetzt Ol. 92,
1. wurde auf Vorschlag des Volksvorstehers Diokles 6
eine Commission zur Anordnung einer neuen Verfassung
niedergesetzt, in der der Urheber des Plans selbst den
ersten Platz hatte. Diese schuf die Verfassung zur

1 Diod. 11, 87. wahrscheinlich aus Philistos.
2 Thuk.
6, 32 ff. 72 f. Diod. 15, 19. 95.
3 Th. 6, 35.
4 Th.
6, 32. 41. Diod. 13, 19.
5 Hermokrates erscheint als ein
aristokratisch Gesinnter in einer öffentlichen Würde. -- Die neo-
teroi Thuk. 6, 38. können nach dem Zusammenhange unmöglich
blos Jüngere; es müssen Veränderungssüchtige sein.
6 Diodor
13, 19. 55. nennt ihn Demagogen.

ter Sitte und Lebensweiſe entgegen 1. Von der Ver-
faſſung gegen den Siciliſchen Krieg hin wiſſen wir,
daß alle wichtigeren Angelegenheiten des Staats in der
Volksverſammlung entſchieden wurden 2, und daß de-
ren Leitung den Volksvorſtehern, δήμον προστάταις,
die auch hier foͤrmlich beamtet waren, groͤßtentheils
anvertraut war 3; — wie ſie das Volk gefuͤhrt, zeigt
das Beiſpiel des Athenagoras, der die ſchon heranna-
hende Expedition der Athener als ein Hirngeſpinſt oder
eine Erfindung der Oligarchen, um das Volk in Schre-
cken zu ſetzen, darſtellt. In wiefern voͤllige Freiheit,
vor dem Volke zu reden, ſtatt fand, iſt nicht hinlaͤng-
lich klar 4. Daß immer noch ariſtokratiſch Geſinnte
im Staate waren, geht ſchon aus Athenagoras Rede
hervor; und es iſt nach Ariſtoteles auch wahrſcheinlich,
daß ſie manche Wuͤrden noch ausſchließlich beſaßen 5.
Die dritte Periode beginnt mit dem Siege uͤber die
Attiſche Armee. Da dieſen zuerſt die Flotte der Sy-
rakuſier entſchied, hatte dadurch der gemeine Mann,
der als Matroſe diente, an Wichtigkeit in ſeinen Au-
gen ungemein gewonnen, und verlangte mit Ungeſtuͤm
nach dem Genuſſe der hoͤchſten Wuͤrden, ganz wie in
Athen nach der Schlacht von Salamis. Jetzt Ol. 92,
1. wurde auf Vorſchlag des Volksvorſtehers Diokles 6
eine Commiſſion zur Anordnung einer neuen Verfaſſung
niedergeſetzt, in der der Urheber des Plans ſelbſt den
erſten Platz hatte. Dieſe ſchuf die Verfaſſung zur

1 Diod. 11, 87. wahrſcheinlich aus Philiſtos.
2 Thuk.
6, 32 ff. 72 f. Diod. 15, 19. 95.
3 Th. 6, 35.
4 Th.
6, 32. 41. Diod. 13, 19.
5 Hermokrates erſcheint als ein
ariſtokratiſch Geſinnter in einer oͤffentlichen Wuͤrde. — Die νεώ-
τεϱοι Thuk. 6, 38. koͤnnen nach dem Zuſammenhange unmoͤglich
blos Juͤngere; es muͤſſen Veraͤnderungsſuͤchtige ſein.
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13, 19. 55. nennt ihn Demagogen.
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[160/0166] ter Sitte und Lebensweiſe entgegen 1. Von der Ver- faſſung gegen den Siciliſchen Krieg hin wiſſen wir, daß alle wichtigeren Angelegenheiten des Staats in der Volksverſammlung entſchieden wurden 2, und daß de- ren Leitung den Volksvorſtehern, δήμον προστάταις, die auch hier foͤrmlich beamtet waren, groͤßtentheils anvertraut war 3; — wie ſie das Volk gefuͤhrt, zeigt das Beiſpiel des Athenagoras, der die ſchon heranna- hende Expedition der Athener als ein Hirngeſpinſt oder eine Erfindung der Oligarchen, um das Volk in Schre- cken zu ſetzen, darſtellt. In wiefern voͤllige Freiheit, vor dem Volke zu reden, ſtatt fand, iſt nicht hinlaͤng- lich klar 4. Daß immer noch ariſtokratiſch Geſinnte im Staate waren, geht ſchon aus Athenagoras Rede hervor; und es iſt nach Ariſtoteles auch wahrſcheinlich, daß ſie manche Wuͤrden noch ausſchließlich beſaßen 5. Die dritte Periode beginnt mit dem Siege uͤber die Attiſche Armee. Da dieſen zuerſt die Flotte der Sy- rakuſier entſchied, hatte dadurch der gemeine Mann, der als Matroſe diente, an Wichtigkeit in ſeinen Au- gen ungemein gewonnen, und verlangte mit Ungeſtuͤm nach dem Genuſſe der hoͤchſten Wuͤrden, ganz wie in Athen nach der Schlacht von Salamis. Jetzt Ol. 92, 1. wurde auf Vorſchlag des Volksvorſtehers Diokles 6 eine Commiſſion zur Anordnung einer neuen Verfaſſung niedergeſetzt, in der der Urheber des Plans ſelbſt den erſten Platz hatte. Dieſe ſchuf die Verfaſſung zur 1 Diod. 11, 87. wahrſcheinlich aus Philiſtos. 2 Thuk. 6, 32 ff. 72 f. Diod. 15, 19. 95. 3 Th. 6, 35. 4 Th. 6, 32. 41. Diod. 13, 19. 5 Hermokrates erſcheint als ein ariſtokratiſch Geſinnter in einer oͤffentlichen Wuͤrde. — Die νεώ- τεϱοι Thuk. 6, 38. koͤnnen nach dem Zuſammenhange unmoͤglich blos Juͤngere; es muͤſſen Veraͤnderungsſuͤchtige ſein. 6 Diodor 13, 19. 55. nennt ihn Demagogen.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/166>, abgerufen am 24.11.2024.