Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite

Rath der Stadt bestehn, den Hieronymos niemals be-
fragte; daraus aber, daß er gleich nach dessen Tode
wieder hervortrat, scheint hervorzugehn, daß er kein
jäbrlicher Volksausschuß, sondern eine für längere Zeit
gewählte Behörde war 1; die Strategen hatten fort-
während sehr hohe Gewalt, auch in den Volksversamm-
lungen, in denen indeß auch Leute vom niedrigsten
Volke sprechen konnten 2. Damit hängt vielleicht zu-
sammen, daß die Hipparchen eine polizeiliche Aufsicht
übten 3.

8.

An die Syrakusische Verfassung knüpfen wir
einige Notizen über die von Gela, und dessen Colonie
Akragas: da diese Städte, obgleich von Rhodos
stammend, doch mehr der Syrakusier Beispiel in der
Bildung ihrer Verfassung gefolgt sein mögen. In bei-
den herrschte zuerst Adel und Reichthum, dann eine ge-
raume Zeitlang Tyrannen 4. Akragas erhielt nach
Thrasydäos Sturze Ol. 76, 4. eine demokratische Ver-
fassung 5; wir wissen indeß, daß damals auch eine

1 Sonst hätte er bei Hieronymos Tode neu gewählt oder er-
loost werden müssen, wovon Liv. 24, 22. nichts. Die seniores K. 24.
sind wohl Mitglieder desselben; dann bestand schon damals eine Ge-
rousia, die in der späten Inschr. bei Castelli Inscr. Sic. 5, 5.
p. 44. vorkommt.
2 Liv. 24, 27.
3 S. Hesych, Suid.,
Zenob. ipparkhou pinax; es standen darauf ta ton ataktounton
onomata. Bei Diod. 14, 64. scheint ippeis Name des Standes
zu sein.
4 Zu Gela Kleandros nach einer oligarchi-
schen
Periode (Aristot. 5, 10, 4.) von Ol. 68, 4-70, 3. (Her. 7,
154. Dion. H. 7, 1. Paus. 6, 9.) dann sein Bruder Hippokra-
tes
70, 3-72, 2. Gelon Ol. 72, 2. Zu Akragas Censusver-
fassung
(Arist. 5, 8, 4.), dann Phalaris von Ol. 53, 4-57, 3.
nach Euseb. und Bentlei, dann Alkmanes und Alkandros
(Herakl. Pont. 36.), Theron Ol. 73, 1-76, 4. nach Böckd, Thra-
sydäos,
der in demselben Jahre vertrieben wurde.
5 Diod.
11, 53. komisamenoi ten demokratian.
11 *

Rath der Stadt beſtehn, den Hieronymos niemals be-
fragte; daraus aber, daß er gleich nach deſſen Tode
wieder hervortrat, ſcheint hervorzugehn, daß er kein
jaͤbrlicher Volksausſchuß, ſondern eine fuͤr laͤngere Zeit
gewaͤhlte Behoͤrde war 1; die Strategen hatten fort-
waͤhrend ſehr hohe Gewalt, auch in den Volksverſamm-
lungen, in denen indeß auch Leute vom niedrigſten
Volke ſprechen konnten 2. Damit haͤngt vielleicht zu-
ſammen, daß die Hipparchen eine polizeiliche Aufſicht
uͤbten 3.

8.

An die Syrakuſiſche Verfaſſung knuͤpfen wir
einige Notizen uͤber die von Gela, und deſſen Colonie
Akragas: da dieſe Staͤdte, obgleich von Rhodos
ſtammend, doch mehr der Syrakuſier Beiſpiel in der
Bildung ihrer Verfaſſung gefolgt ſein moͤgen. In bei-
den herrſchte zuerſt Adel und Reichthum, dann eine ge-
raume Zeitlang Tyrannen 4. Akragas erhielt nach
Thraſydaͤos Sturze Ol. 76, 4. eine demokratiſche Ver-
faſſung 5; wir wiſſen indeß, daß damals auch eine

1 Sonſt haͤtte er bei Hieronymos Tode neu gewaͤhlt oder er-
loost werden muͤſſen, wovon Liv. 24, 22. nichts. Die seniores K. 24.
ſind wohl Mitglieder deſſelben; dann beſtand ſchon damals eine Γε-
ϱουσία, die in der ſpaͤten Inſchr. bei Caſtelli Inscr. Sic. 5, 5.
p. 44. vorkommt.
2 Liv. 24, 27.
3 S. Heſych, Suid.,
Zenob. ἱππάϱχου πίναξ; es ſtanden darauf τὰ τῶν ἀταϰτούντων
ὀνόματα. Bei Diod. 14, 64. ſcheint ἱππεῖς Name des Standes
zu ſein.
4 Zu Gela Kleandros nach einer oligarchi-
ſchen
Periode (Ariſtot. 5, 10, 4.) von Ol. 68, 4-70, 3. (Her. 7,
154. Dion. H. 7, 1. Pauſ. 6, 9.) dann ſein Bruder Hippokra-
tes
70, 3-72, 2. Gelon Ol. 72, 2. Zu Akragas Cenſusver-
faſſung
(Ariſt. 5, 8, 4.), dann Phalaris von Ol. 53, 4-57, 3.
nach Euſeb. und Bentlei, dann Alkmanes und Alkandros
(Herakl. Pont. 36.), Theron Ol. 73, 1-76, 4. nach Boͤckd, Thra-
ſydaͤos,
der in demſelben Jahre vertrieben wurde.
5 Diod.
11, 53. κομισάμενοι τὴν δημοκϱατίαν.
11 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0169" n="163"/>
Rath der Stadt be&#x017F;tehn, den Hieronymos niemals be-<lb/>
fragte; daraus aber, daß er gleich nach de&#x017F;&#x017F;en Tode<lb/>
wieder hervortrat, &#x017F;cheint hervorzugehn, daß er kein<lb/>
ja&#x0364;brlicher Volksaus&#x017F;chuß, &#x017F;ondern eine fu&#x0364;r la&#x0364;ngere Zeit<lb/>
gewa&#x0364;hlte Beho&#x0364;rde war <note place="foot" n="1">Son&#x017F;t ha&#x0364;tte er bei Hieronymos Tode neu gewa&#x0364;hlt oder er-<lb/>
loost werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, wovon Liv. 24, 22. nichts. Die <hi rendition="#aq">seniores</hi> K. 24.<lb/>
&#x017F;ind wohl Mitglieder de&#x017F;&#x017F;elben; dann be&#x017F;tand &#x017F;chon damals eine &#x0393;&#x03B5;-<lb/>
&#x03F1;&#x03BF;&#x03C5;&#x03C3;&#x03AF;&#x03B1;, die in der &#x017F;pa&#x0364;ten In&#x017F;chr. bei Ca&#x017F;telli <hi rendition="#aq">Inscr. Sic.</hi> 5, 5.<lb/><hi rendition="#aq">p.</hi> 44. vorkommt.</note>; die Strategen hatten fort-<lb/>
wa&#x0364;hrend &#x017F;ehr hohe Gewalt, auch in den Volksver&#x017F;amm-<lb/>
lungen, in denen indeß auch Leute vom niedrig&#x017F;ten<lb/>
Volke &#x017F;prechen konnten <note place="foot" n="2">Liv. 24, 27.</note>. Damit ha&#x0364;ngt vielleicht zu-<lb/>
&#x017F;ammen, daß die Hipparchen eine polizeiliche Auf&#x017F;icht<lb/>
u&#x0364;bten <note place="foot" n="3">S. He&#x017F;ych, Suid.,<lb/>
Zenob. &#x1F31;&#x03C0;&#x03C0;&#x03AC;&#x03F1;&#x03C7;&#x03BF;&#x03C5; &#x03C0;&#x03AF;&#x03BD;&#x03B1;&#x03BE;; es &#x017F;tanden darauf &#x03C4;&#x1F70; &#x03C4;&#x1FF6;&#x03BD; &#x1F00;&#x03C4;&#x03B1;&#x03F0;&#x03C4;&#x03BF;&#x03CD;&#x03BD;&#x03C4;&#x03C9;&#x03BD;<lb/>
&#x1F40;&#x03BD;&#x03CC;&#x03BC;&#x03B1;&#x03C4;&#x03B1;. Bei Diod. 14, 64. &#x017F;cheint &#x1F31;&#x03C0;&#x03C0;&#x03B5;&#x1FD6;&#x03C2; Name des Standes<lb/>
zu &#x017F;ein.</note>.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>8.</head><lb/>
            <p>An die Syraku&#x017F;i&#x017F;che Verfa&#x017F;&#x017F;ung knu&#x0364;pfen wir<lb/>
einige Notizen u&#x0364;ber die von <hi rendition="#g">Gela,</hi> und de&#x017F;&#x017F;en Colonie<lb/><hi rendition="#g">Akragas:</hi> da die&#x017F;e Sta&#x0364;dte, obgleich von Rhodos<lb/>
&#x017F;tammend, doch mehr der Syraku&#x017F;ier Bei&#x017F;piel in der<lb/>
Bildung ihrer Verfa&#x017F;&#x017F;ung gefolgt &#x017F;ein mo&#x0364;gen. In bei-<lb/>
den herr&#x017F;chte zuer&#x017F;t Adel und Reichthum, dann eine ge-<lb/>
raume Zeitlang Tyrannen <note place="foot" n="4">Zu Gela <hi rendition="#g">Kleandros</hi> nach einer <hi rendition="#g">oligarchi-<lb/>
&#x017F;chen</hi> Periode (Ari&#x017F;tot. 5, 10, 4.) von Ol. 68, 4-70, 3. (Her. 7,<lb/>
154. Dion. H. 7, 1. Pau&#x017F;. 6, 9.) dann &#x017F;ein Bruder <hi rendition="#g">Hippokra-<lb/>
tes</hi> 70, 3-72, 2. <hi rendition="#g">Gelon</hi> Ol. 72, 2. Zu Akragas <hi rendition="#g">Cen&#x017F;usver-<lb/>
fa&#x017F;&#x017F;ung</hi> (Ari&#x017F;t. 5, 8, 4.), dann <hi rendition="#g">Phalaris</hi> von Ol. 53, 4-57, 3.<lb/>
nach Eu&#x017F;eb. und Bentlei, dann <hi rendition="#g">Alkmanes</hi> und <hi rendition="#g">Alkandros</hi><lb/>
(Herakl. Pont. 36.), <hi rendition="#g">Theron</hi> Ol. 73, 1-76, 4. nach Bo&#x0364;ckd, <hi rendition="#g">Thra-<lb/>
&#x017F;yda&#x0364;os,</hi> der in dem&#x017F;elben Jahre vertrieben wurde.</note>. Akragas erhielt nach<lb/>
Thra&#x017F;yda&#x0364;os Sturze Ol. 76, 4. eine demokrati&#x017F;che Ver-<lb/>
fa&#x017F;&#x017F;ung <note place="foot" n="5">Diod.<lb/>
11, 53. &#x03BA;&#x03BF;&#x03BC;&#x03B9;&#x03C3;&#x03AC;&#x03BC;&#x03B5;&#x03BD;&#x03BF;&#x03B9; &#x03C4;&#x1F74;&#x03BD; &#x03B4;&#x03B7;&#x03BC;&#x03BF;&#x03BA;&#x03F1;&#x03B1;&#x03C4;&#x03AF;&#x03B1;&#x03BD;.</note>; wir wi&#x017F;&#x017F;en indeß, daß damals auch eine<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">11 *</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[163/0169] Rath der Stadt beſtehn, den Hieronymos niemals be- fragte; daraus aber, daß er gleich nach deſſen Tode wieder hervortrat, ſcheint hervorzugehn, daß er kein jaͤbrlicher Volksausſchuß, ſondern eine fuͤr laͤngere Zeit gewaͤhlte Behoͤrde war 1; die Strategen hatten fort- waͤhrend ſehr hohe Gewalt, auch in den Volksverſamm- lungen, in denen indeß auch Leute vom niedrigſten Volke ſprechen konnten 2. Damit haͤngt vielleicht zu- ſammen, daß die Hipparchen eine polizeiliche Aufſicht uͤbten 3. 8. An die Syrakuſiſche Verfaſſung knuͤpfen wir einige Notizen uͤber die von Gela, und deſſen Colonie Akragas: da dieſe Staͤdte, obgleich von Rhodos ſtammend, doch mehr der Syrakuſier Beiſpiel in der Bildung ihrer Verfaſſung gefolgt ſein moͤgen. In bei- den herrſchte zuerſt Adel und Reichthum, dann eine ge- raume Zeitlang Tyrannen 4. Akragas erhielt nach Thraſydaͤos Sturze Ol. 76, 4. eine demokratiſche Ver- faſſung 5; wir wiſſen indeß, daß damals auch eine 1 Sonſt haͤtte er bei Hieronymos Tode neu gewaͤhlt oder er- loost werden muͤſſen, wovon Liv. 24, 22. nichts. Die seniores K. 24. ſind wohl Mitglieder deſſelben; dann beſtand ſchon damals eine Γε- ϱουσία, die in der ſpaͤten Inſchr. bei Caſtelli Inscr. Sic. 5, 5. p. 44. vorkommt. 2 Liv. 24, 27. 3 S. Heſych, Suid., Zenob. ἱππάϱχου πίναξ; es ſtanden darauf τὰ τῶν ἀταϰτούντων ὀνόματα. Bei Diod. 14, 64. ſcheint ἱππεῖς Name des Standes zu ſein. 4 Zu Gela Kleandros nach einer oligarchi- ſchen Periode (Ariſtot. 5, 10, 4.) von Ol. 68, 4-70, 3. (Her. 7, 154. Dion. H. 7, 1. Pauſ. 6, 9.) dann ſein Bruder Hippokra- tes 70, 3-72, 2. Gelon Ol. 72, 2. Zu Akragas Cenſusver- faſſung (Ariſt. 5, 8, 4.), dann Phalaris von Ol. 53, 4-57, 3. nach Euſeb. und Bentlei, dann Alkmanes und Alkandros (Herakl. Pont. 36.), Theron Ol. 73, 1-76, 4. nach Boͤckd, Thra- ſydaͤos, der in demſelben Jahre vertrieben wurde. 5 Diod. 11, 53. κομισάμενοι τὴν δημοκϱατίαν. 11 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/169
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/169>, abgerufen am 21.11.2024.