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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

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fanden nach dem Mahle Wettstreite statt in musischer
Kunst und gemeinsamer Rede 1, die wir uns nach
der Stelle des Homerischen Hymnus auf Hermes 2 den-
ken mögen, wo blühende Jünglinge einander beim
Mahle mit kekken Scherzreden angreifen, und der alt-
deutschen Kurzweile bei Tische nicht unähnlich, nach
der Stelle des Dichters: gämelicher Sprüche wart do
niht verdeit 3. -- In Sparta behielt man aber die
alte Weise des geselligen Ausdrucks länger bei als
anderswo; so fiel sie später den Ausländern als etwas
Besondres auf, dessen etwas herber Reiz ihnen nicht
immer anmuthen mochte. Aber vom richtigen Stand-
punkte betrachtet, verdient diese Stadt keineswegs den
Tadel allzu austerer Sitte; nirgends wurzelte eine
heitre Komik so tief im Leben; war es doch hier allein
in Griechenland, wo auch dem Lachen eine Statue
errichtet worden war 4; noch Agesilaos 5 und Kleome-
nes der Dritte 6 erheiterten bei allen Drangsalen ihres
Lebens ihre Umgebung durch Witz und Laune.

3.

Aber für die Bildungs- und Litteraturgeschichte
des Hellenischen Volks hat diese nationale Weise des
Ausdrucks mannigfache Frucht getragen. Erstens nennt
Platon mit Recht die sogenannten Sieben Weisen
Nacheifrer, Liebhaber und Schüler der Lakedämonischen
Disciplin, und findet Uebereinstimmung zwischen ihren
Gnomen und der Redeweise der Lakonen 7. Auch sind

1 to legomeno eis to meson, Herod. 6, 129.
2 V. 55.
3 Nibelungen Lied V. 6707. S. 345. v. d. Hagen 1820.
4 Sosibios bei Plut. 25. Es ist bemerkenswerth, daß sich bei den
Spartiaten öfter der Cultus abstrakter Begriffe, wie des Thanatos,
des Phobos (s. oben S. 126.), der Tukha (Plut. Inst. Lac. p.
253.
) findet, ähnlich wie bei den Römern, Plut. Kleom. 9.
5 Plut. Ages. 2.
6 Kleom. 13.
7 a. O. auch Plut.
de garrul. 17.

fanden nach dem Mahle Wettſtreite ſtatt in muſiſcher
Kunſt und gemeinſamer Rede 1, die wir uns nach
der Stelle des Homeriſchen Hymnus auf Hermes 2 den-
ken moͤgen, wo bluͤhende Juͤnglinge einander beim
Mahle mit kekken Scherzreden angreifen, und der alt-
deutſchen Kurzweile bei Tiſche nicht unaͤhnlich, nach
der Stelle des Dichters: gaͤmelicher Spruͤche wart do
niht verdeit 3. — In Sparta behielt man aber die
alte Weiſe des geſelligen Ausdrucks laͤnger bei als
anderswo; ſo fiel ſie ſpaͤter den Auslaͤndern als etwas
Beſondres auf, deſſen etwas herber Reiz ihnen nicht
immer anmuthen mochte. Aber vom richtigen Stand-
punkte betrachtet, verdient dieſe Stadt keineswegs den
Tadel allzu auſterer Sitte; nirgends wurzelte eine
heitre Komik ſo tief im Leben; war es doch hier allein
in Griechenland, wo auch dem Lachen eine Statue
errichtet worden war 4; noch Ageſilaos 5 und Kleome-
nes der Dritte 6 erheiterten bei allen Drangſalen ihres
Lebens ihre Umgebung durch Witz und Laune.

3.

Aber fuͤr die Bildungs- und Litteraturgeſchichte
des Helleniſchen Volks hat dieſe nationale Weiſe des
Ausdrucks mannigfache Frucht getragen. Erſtens nennt
Platon mit Recht die ſogenannten Sieben Weiſen
Nacheifrer, Liebhaber und Schuͤler der Lakedaͤmoniſchen
Disciplin, und findet Uebereinſtimmung zwiſchen ihren
Gnomen und der Redeweiſe der Lakonen 7. Auch ſind

1 τῷ λεγομένῳ εἰς τὸ μέσον, Herod. 6, 129.
2 V. 55.
3 Nibelungen Lied V. 6707. S. 345. v. d. Hagen 1820.
4 Soſibios bei Plut. 25. Es iſt bemerkenswerth, daß ſich bei den
Spartiaten oͤfter der Cultus abſtrakter Begriffe, wie des Θάνατος,
des Φόβος (ſ. oben S. 126.), der Τύχα (Plut. Inst. Lac. p.
253.
) findet, aͤhnlich wie bei den Roͤmern, Plut. Kleom. 9.
5 Plut. Ageſ. 2.
6 Kleom. 13.
7 a. O. auch Plut.
de garrul. 17.
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[390/0396] fanden nach dem Mahle Wettſtreite ſtatt in muſiſcher Kunſt und gemeinſamer Rede 1, die wir uns nach der Stelle des Homeriſchen Hymnus auf Hermes 2 den- ken moͤgen, wo bluͤhende Juͤnglinge einander beim Mahle mit kekken Scherzreden angreifen, und der alt- deutſchen Kurzweile bei Tiſche nicht unaͤhnlich, nach der Stelle des Dichters: gaͤmelicher Spruͤche wart do niht verdeit 3. — In Sparta behielt man aber die alte Weiſe des geſelligen Ausdrucks laͤnger bei als anderswo; ſo fiel ſie ſpaͤter den Auslaͤndern als etwas Beſondres auf, deſſen etwas herber Reiz ihnen nicht immer anmuthen mochte. Aber vom richtigen Stand- punkte betrachtet, verdient dieſe Stadt keineswegs den Tadel allzu auſterer Sitte; nirgends wurzelte eine heitre Komik ſo tief im Leben; war es doch hier allein in Griechenland, wo auch dem Lachen eine Statue errichtet worden war 4; noch Ageſilaos 5 und Kleome- nes der Dritte 6 erheiterten bei allen Drangſalen ihres Lebens ihre Umgebung durch Witz und Laune. 3. Aber fuͤr die Bildungs- und Litteraturgeſchichte des Helleniſchen Volks hat dieſe nationale Weiſe des Ausdrucks mannigfache Frucht getragen. Erſtens nennt Platon mit Recht die ſogenannten Sieben Weiſen Nacheifrer, Liebhaber und Schuͤler der Lakedaͤmoniſchen Disciplin, und findet Uebereinſtimmung zwiſchen ihren Gnomen und der Redeweiſe der Lakonen 7. Auch ſind 1 τῷ λεγομένῳ εἰς τὸ μέσον, Herod. 6, 129. 2 V. 55. 3 Nibelungen Lied V. 6707. S. 345. v. d. Hagen 1820. 4 Soſibios bei Plut. 25. Es iſt bemerkenswerth, daß ſich bei den Spartiaten oͤfter der Cultus abſtrakter Begriffe, wie des Θάνατος, des Φόβος (ſ. oben S. 126.), der Τύχα (Plut. Inst. Lac. p. 253.) findet, aͤhnlich wie bei den Roͤmern, Plut. Kleom. 9. 5 Plut. Ageſ. 2. 6 Kleom. 13. 7 a. O. auch Plut. de garrul. 17.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/396>, abgerufen am 24.11.2024.