siegreichen, in ruhiger Majestät herrschenden Gottheit ge- dacht war. Die grandiose Einfachheit der Hauptfigur war hier, wie in andern Werken des Phidias, durch rei- chen Schmuck an der Basis, den Waffen, selbst dem Sohlen-Rande gehoben.
Orthon en khitoni poderei. Aegis mit Gorgoneion. Auf dem Helme Sphinx (rund) und Greifen (in Relief). Lanze in der Hand, Schild zu Füßen. Er stützte wahrscheinlich die Hand mit der vier Ellen hohen Rike. Schlange (Erichthonios) neben der Lanze am Boden. Am Schilde nach innen die Gigantoma- chie, nach außen Amazonenschlacht (Perikles und Phidias künstlich angebrachte Porträte). Am Rande der Tyrrhenischen Sohlen die Kentanromachie. (Kentauromachie und Amazonenkampf sind Attische Nationalsüjets.) Pandorae genesis an der Basis. Paus. i, 24, 7. mit Siebelis Anm. Plin. xxxvi, 5, 4. Maximus Tyr. diss. 14 T. i. p. 260. R. Böttiger Andeut. S. 86.
Ob die Albanische und Hope'sche Pallas (Cavaceppi Raccolta I. t. 1. Specimens pl. 25), oder die Velletrische (Bouillon v. 1. pl. 23.) der Parthenos des Phidias näher steht? Im Gan- zen wohl die erstere.
115. Noch mehr erregte das Staunen und den1 Enthusiasmus der gesammten Hellenen der Olympische Zeus. Höchster Reichthum der die einfacherhabne Figur2 umgebenden plastischen Zierden, tiefe Wissenschaft in der3 Anordnung der Maaße der sehr colossalen Figur, und der erhabenste Schwung des Geistes in der Auffassung4 des Zeusideals machten diese Statue zu einem Wunder der Welt. Die zum Grunde liegende Vorstellung ist die5 des allmächtig herrschenden, überall siegreichen Gottes in huldvoller Gewährung, gnädiger Erhörung menschlicher Bitten. In ihm schauten die Griechen den Zeus gegen-6 wärtig; ihn zu sehn war ein Nepenthes; ihn vor dem Tode nicht erblickt zu haben, beinahe ein solches Unglück, wie uneingeweiht in die Mysterien zu sterben.
2. Vom Tempel §. 109. Anm. N. 7. Der Thron aus Ceder- holz mit Zierden und Reliefs aus Gold, Elfenbein, Ebenholz, auch Mahlerei. Der Fußschemel, die Basis voll Schmuck, die
Griechen. Dritte Periode.
ſiegreichen, in ruhiger Majeſtaͤt herrſchenden Gottheit ge- dacht war. Die grandioſe Einfachheit der Hauptfigur war hier, wie in andern Werken des Phidias, durch rei- chen Schmuck an der Baſis, den Waffen, ſelbſt dem Sohlen-Rande gehoben.
Ὀρϑὸν ἐν χιτῶνι ποδήρει. Aegis mit Gorgoneion. Auf dem Helme Sphinx (rund) und Greifen (in Relief). Lanze in der Hand, Schild zu Füßen. Er ſtützte wahrſcheinlich die Hand mit der vier Ellen hohen Rike. Schlange (Erichthonios) neben der Lanze am Boden. Am Schilde nach innen die Gigantoma- chie, nach außen Amazonenſchlacht (Perikles und Phidias künſtlich angebrachte Porträte). Am Rande der Tyrrheniſchen Sohlen die Kentanromachie. (Kentauromachie und Amazonenkampf ſind Attiſche Nationalſüjets.) Pandorae genesis an der Baſis. Pauſ. i, 24, 7. mit Siebelis Anm. Plin. xxxvi, 5, 4. Maximus Tyr. diss. 14 T. i. p. 260. R. Böttiger Andeut. S. 86.
Ob die Albaniſche und Hope’ſche Pallas (Cavaceppi Raccolta I. t. 1. Specimens pl. 25), oder die Velletriſche (Bouillon v. 1. pl. 23.) der Parthenos des Phidias näher ſteht? Im Gan- zen wohl die erſtere.
115. Noch mehr erregte das Staunen und den1 Enthuſiasmus der geſammten Hellenen der Olympiſche Zeus. Hoͤchſter Reichthum der die einfacherhabne Figur2 umgebenden plaſtiſchen Zierden, tiefe Wiſſenſchaft in der3 Anordnung der Maaße der ſehr coloſſalen Figur, und der erhabenſte Schwung des Geiſtes in der Auffaſſung4 des Zeusideals machten dieſe Statue zu einem Wunder der Welt. Die zum Grunde liegende Vorſtellung iſt die5 des allmaͤchtig herrſchenden, uͤberall ſiegreichen Gottes in huldvoller Gewaͤhrung, gnaͤdiger Erhoͤrung menſchlicher Bitten. In ihm ſchauten die Griechen den Zeus gegen-6 waͤrtig; ihn zu ſehn war ein Nepenthes; ihn vor dem Tode nicht erblickt zu haben, beinahe ein ſolches Ungluͤck, wie uneingeweiht in die Myſterien zu ſterben.
2. Vom Tempel §. 109. Anm. N. 7. Der Thron aus Ceder- holz mit Zierden und Reliefs aus Gold, Elfenbein, Ebenholz, auch Mahlerei. Der Fußſchemel, die Baſis voll Schmuck, die
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Griechen. Dritte Periode.
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dacht war. Die grandioſe Einfachheit der Hauptfigur
war hier, wie in andern Werken des Phidias, durch rei-
chen Schmuck an der Baſis, den Waffen, ſelbſt dem
Sohlen-Rande gehoben.
Ὀρϑὸν ἐν χιτῶνι ποδήρει. Aegis mit Gorgoneion. Auf
dem Helme Sphinx (rund) und Greifen (in Relief). Lanze in
der Hand, Schild zu Füßen. Er ſtützte wahrſcheinlich die Hand
mit der vier Ellen hohen Rike. Schlange (Erichthonios) neben
der Lanze am Boden. Am Schilde nach innen die Gigantoma-
chie, nach außen Amazonenſchlacht (Perikles und Phidias künſtlich
angebrachte Porträte). Am Rande der Tyrrheniſchen Sohlen die
Kentanromachie. (Kentauromachie und Amazonenkampf ſind Attiſche
Nationalſüjets.) Pandorae genesis an der Baſis. Pauſ. i,
24, 7. mit Siebelis Anm. Plin. xxxvi, 5, 4. Maximus Tyr.
diss. 14 T. i. p. 260. R. Böttiger Andeut. S. 86.
Ob die Albaniſche und Hope’ſche Pallas (Cavaceppi Raccolta
I. t. 1. Specimens pl. 25), oder die Velletriſche (Bouillon
v. 1. pl. 23.) der Parthenos des Phidias näher ſteht? Im Gan-
zen wohl die erſtere.
115. Noch mehr erregte das Staunen und den
Enthuſiasmus der geſammten Hellenen der Olympiſche
Zeus. Hoͤchſter Reichthum der die einfacherhabne Figur
umgebenden plaſtiſchen Zierden, tiefe Wiſſenſchaft in der
Anordnung der Maaße der ſehr coloſſalen Figur, und
der erhabenſte Schwung des Geiſtes in der Auffaſſung
des Zeusideals machten dieſe Statue zu einem Wunder
der Welt. Die zum Grunde liegende Vorſtellung iſt die
des allmaͤchtig herrſchenden, uͤberall ſiegreichen Gottes in
huldvoller Gewaͤhrung, gnaͤdiger Erhoͤrung menſchlicher
Bitten. In ihm ſchauten die Griechen den Zeus gegen-
waͤrtig; ihn zu ſehn war ein Nepenthes; ihn vor dem
Tode nicht erblickt zu haben, beinahe ein ſolches Ungluͤck,
wie uneingeweiht in die Myſterien zu ſterben.
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auch Mahlerei. Der Fußſchemel, die Baſis voll Schmuck, die
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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/115>, abgerufen am 23.11.2024.
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