4praktisch. Doch war diese praktische Richtung bei den Römern mit einem großartigen Sinne verbunden, der das Halbe und Kleinliche scheute, der jedem Bedürfniß des Lebens auf eine umfassende, durchgreifende Weise durch große Unternehmungen genügte, und dadurch unter den Künsten wenigstens die Architektur emporhielt.
2. Vgl. über das Letzte (einen Hauptgrund der großen Ausbil- dung des Privatrechts) Hugo's Rechtsgeschichte (Zehnte) S. 66. Juvenal xiv: wie die avaritia der Jugend als gute Wirthschaft ein- geimpft werde. Horaz stellt öfter, wie A. P. 323., die ökonomisch- praktische Bildung der Römer der ideellern Hellenischen entgegen. Omnibus, diis hominibusque, formosior videtur massa auri, quam quidquid Apelles, Phidiasque, Graeculi deli- rantes, fecerunt. Petrou 88.
1184. Der Charakter der Römischen Welt in Bezug auf die Kunst, diese Periode hindurch, läßt sich am besten 2in vierfacher Gestalt fassen: I.Von der Eroberung Korinths bis auf August. Das Streben der Vornehmen, durch Pracht bei Triumphen, durch uner- hört glänzende Spiele zu imponiren, das Volk zu gewin- 3nen, zieht Künstler und Kunstwerke nach Rom. Bei Ein- zelnen entsteht ächter Geschmack für die Kunst, meist frei- lich mit großem Luxus verbunden, nach Art der Kunst- 4liebe Makedonischer Fürsten. Der Reiz dieser Genüsse wird durch das Widerstreben einer altrömisch gesinnten Parthei für das Privatleben nur erhöht, wenn diese auch 5im öffentlichen Leben scheinbar die Oberhand hat. Rom ist ein Sammelplatz der Griechischen Künstler, unter de- nen sehr vorzügliche Nacheiferer der Alten genannt wer- 6den; Kunstgelehrsamkeit und Kennerschaft entwickeln sich.
2. S. §. 182, 3. M. Aemilius Scaurus, Sullae privignus, führte 694 als Aedil für seine munera die verpfändeten Bilder Sikyons nach Rom, Plin. xxxv, 40, 24. xxxvi, 24, 7. Durch Ungeschicklichkeit kommen auch Bilder beim Reinigen für solchen Zweck um, xxxv, 36, 19. In Ciceros Zeit liehen die
Hiſtoriſcher Theil.
4praktiſch. Doch war dieſe praktiſche Richtung bei den Roͤmern mit einem großartigen Sinne verbunden, der das Halbe und Kleinliche ſcheute, der jedem Beduͤrfniß des Lebens auf eine umfaſſende, durchgreifende Weiſe durch große Unternehmungen genuͤgte, und dadurch unter den Kuͤnſten wenigſtens die Architektur emporhielt.
2. Vgl. über das Letzte (einen Hauptgrund der großen Ausbil- dung des Privatrechts) Hugo’s Rechtsgeſchichte (Zehnte) S. 66. Juvenal xiv: wie die avaritia der Jugend als gute Wirthſchaft ein- geimpft werde. Horaz ſtellt öfter, wie A. P. 323., die ökonomiſch- praktiſche Bildung der Römer der ideellern Helleniſchen entgegen. Omnibus, diis hominibusque, formosior videtur massa auri, quam quidquid Apelles, Phidiasque, Graeculi deli- rantes, fecerunt. Petrou 88.
1184. Der Charakter der Roͤmiſchen Welt in Bezug auf die Kunſt, dieſe Periode hindurch, laͤßt ſich am beſten 2in vierfacher Geſtalt faſſen: I.Von der Eroberung Korinths bis auf Auguſt. Das Streben der Vornehmen, durch Pracht bei Triumphen, durch uner- hoͤrt glaͤnzende Spiele zu imponiren, das Volk zu gewin- 3nen, zieht Kuͤnſtler und Kunſtwerke nach Rom. Bei Ein- zelnen entſteht aͤchter Geſchmack fuͤr die Kunſt, meiſt frei- lich mit großem Luxus verbunden, nach Art der Kunſt- 4liebe Makedoniſcher Fuͤrſten. Der Reiz dieſer Genuͤſſe wird durch das Widerſtreben einer altroͤmiſch geſinnten Parthei fuͤr das Privatleben nur erhoͤht, wenn dieſe auch 5im oͤffentlichen Leben ſcheinbar die Oberhand hat. Rom iſt ein Sammelplatz der Griechiſchen Kuͤnſtler, unter de- nen ſehr vorzuͤgliche Nacheiferer der Alten genannt wer- 6den; Kunſtgelehrſamkeit und Kennerſchaft entwickeln ſich.
2. S. §. 182, 3. M. Aemilius Scaurus, Sullae privignus, führte 694 als Aedil für ſeine munera die verpfändeten Bilder Sikyons nach Rom, Plin. xxxv, 40, 24. xxxvi, 24, 7. Durch Ungeſchicklichkeit kommen auch Bilder beim Reinigen für ſolchen Zweck um, xxxv, 36, 19. In Ciceros Zeit liehen die
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praktiſch. Doch war dieſe praktiſche Richtung bei den
Roͤmern mit einem großartigen Sinne verbunden, der
das Halbe und Kleinliche ſcheute, der jedem Beduͤrfniß
des Lebens auf eine umfaſſende, durchgreifende Weiſe
durch große Unternehmungen genuͤgte, und dadurch unter
den Kuͤnſten wenigſtens die Architektur emporhielt.
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2. Vgl. über das Letzte (einen Hauptgrund der großen Ausbil-
dung des Privatrechts) Hugo’s Rechtsgeſchichte (Zehnte) S. 66.
Juvenal xiv: wie die avaritia der Jugend als gute Wirthſchaft ein-
geimpft werde. Horaz ſtellt öfter, wie A. P. 323., die ökonomiſch-
praktiſche Bildung der Römer der ideellern Helleniſchen entgegen.
Omnibus, diis hominibusque, formosior videtur massa
auri, quam quidquid Apelles, Phidiasque, Graeculi deli-
rantes, fecerunt. Petrou 88.
184. Der Charakter der Roͤmiſchen Welt in Bezug
auf die Kunſt, dieſe Periode hindurch, laͤßt ſich am beſten
in vierfacher Geſtalt faſſen: I. Von der Eroberung
Korinths bis auf Auguſt. Das Streben der
Vornehmen, durch Pracht bei Triumphen, durch uner-
hoͤrt glaͤnzende Spiele zu imponiren, das Volk zu gewin-
nen, zieht Kuͤnſtler und Kunſtwerke nach Rom. Bei Ein-
zelnen entſteht aͤchter Geſchmack fuͤr die Kunſt, meiſt frei-
lich mit großem Luxus verbunden, nach Art der Kunſt-
liebe Makedoniſcher Fuͤrſten. Der Reiz dieſer Genuͤſſe
wird durch das Widerſtreben einer altroͤmiſch geſinnten
Parthei fuͤr das Privatleben nur erhoͤht, wenn dieſe auch
im oͤffentlichen Leben ſcheinbar die Oberhand hat. Rom
iſt ein Sammelplatz der Griechiſchen Kuͤnſtler, unter de-
nen ſehr vorzuͤgliche Nacheiferer der Alten genannt wer-
den; Kunſtgelehrſamkeit und Kennerſchaft entwickeln ſich.
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führte 694 als Aedil für ſeine munera die verpfändeten Bilder
Sikyons nach Rom, Plin. xxxv, 40, 24. xxxvi, 24, 7.
Durch Ungeſchicklichkeit kommen auch Bilder beim Reinigen für
ſolchen Zweck um, xxxv, 36, 19. In Ciceros Zeit liehen die
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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/192>, abgerufen am 16.02.2025.
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