Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Johann Bernhard: Leben und Gewohnheiten Der Ostiacken. Berlin, 1726.

Bild:
<< vorherige Seite

de/ wann es geschwinde gehen soll/ vor einen
Schlitten, und reisen damit in der grösten Ge-
schwindigkeit von einem Orte zum andern. Die
Schlitten sind 4. a 5. Ellen lang und eine hal-
be breit, man kan sie mit einer Hand auffheben/
denn die Sohlen darunter nicht ein Zoll breit
dück, und die Lehnungen noch dünner. Es ist
nicht leicht zu glauben was diese Hunde/ welche
von der Grösse als in Teutschland die Bauer- und
Fleischer-Hunde/ vor Kräffte zu ziehen und vor
Geschickligkeit solche Schlitten fortzubringen
haben. Die Passagiers können aus Mangel der
Pferde (die auch ohne dem bey dem grossen
Schnee auf diesem Wege nicht geschickt seyn,)
kein ander Vorspann als Hunde und Rennthiere
haben/ ihre bey sich habende Sachen packen sie
auff diesen Schlitten/ und legen sich mit Renn-
thier-Häuten oder andern Peltzen wohl verwah-
ret oben darauff; Die Hunde aber wissen ihren
Weg biß zur Ablösung/ woferne aber der Jam
oder die Ablösung allzuweit und die Hunde er-
müden/ legen sie sich vor den Schlitten nieder/
alsdenn futtert man sie mit Fische/ und wann sie
sich gesättiget und ausgeruhet/ setzen sie ihren
Weg unter steten Heulen und Bellen biß zum
erwehnten Jam fort woselbst der frische Vor-
spann parat stehet.

§. 7. Einige Ostiacken und sonderlich die
Samogaiten fahren auch des Sommers mit
Rennthieren/ allermassen sie ihr Fahrzeug, das
einen Schlitten nicht ungleich siehet/ mit Renn-

thier

de/ wann es geſchwinde gehen ſoll/ vor einen
Schlitten, und reiſen damit in der groͤſten Ge-
ſchwindigkeit von einem Orte zum andern. Die
Schlitten ſind 4. à 5. Ellen lang und eine hal-
be breit, man kan ſie mit einer Hand auffheben/
denn die Sohlen darunter nicht ein Zoll breit
duͤck, und die Lehnungen noch duͤnner. Es iſt
nicht leicht zu glauben was dieſe Hunde/ welche
von der Groͤſſe als in Teutſchland die Bauer- und
Fleiſcher-Hunde/ vor Kraͤffte zu ziehen und vor
Geſchickligkeit ſolche Schlitten fortzubringen
haben. Die Paſſagiers koͤnnen aus Mangel der
Pferde (die auch ohne dem bey dem groſſen
Schnee auf dieſem Wege nicht geſchickt ſeyn,)
kein ander Vorſpann als Hunde und Reñthiere
haben/ ihre bey ſich habende Sachen packen ſie
auff dieſen Schlitten/ und legen ſich mit Renn-
thier-Haͤuten oder andern Peltzen wohl verwah-
ret oben darauff; Die Hunde aber wiſſen ihren
Weg biß zur Abloͤſung/ woferne aber der Jam
oder die Abloͤſung allzuweit und die Hunde er-
muͤden/ legen ſie ſich vor den Schlitten nieder/
alsdenn futtert man ſie mit Fiſche/ und wann ſie
ſich geſaͤttiget und ausgeruhet/ ſetzen ſie ihren
Weg unter ſteten Heulen und Bellen biß zum
erwehnten Jam fort woſelbſt der friſche Vor-
ſpann parat ſtehet.

§. 7. Einige Oſtiacken und ſonderlich die
Samogaiten fahren auch des Sommers mit
Rennthieren/ allermaſſen ſie ihr Fahrzeug, das
einen Schlitten nicht ungleich ſiehet/ mit Renn-

thier
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0045" n="29"/>
de/ wann es ge&#x017F;chwinde gehen &#x017F;oll/ vor einen<lb/>
Schlitten, und rei&#x017F;en damit in der gro&#x0364;&#x017F;ten Ge-<lb/>
&#x017F;chwindigkeit von einem Orte zum andern. Die<lb/>
Schlitten &#x017F;ind 4. <hi rendition="#aq">à</hi> 5. Ellen lang und eine hal-<lb/>
be breit, man kan &#x017F;ie mit einer Hand auffheben/<lb/>
denn die Sohlen darunter nicht ein Zoll breit<lb/>
du&#x0364;ck, und die Lehnungen noch du&#x0364;nner. Es i&#x017F;t<lb/>
nicht leicht zu glauben was die&#x017F;e Hunde/ welche<lb/>
von der Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e als in Teut&#x017F;chland die Bauer- und<lb/>
Flei&#x017F;cher-Hunde/ vor Kra&#x0364;ffte zu ziehen und vor<lb/>
Ge&#x017F;chickligkeit &#x017F;olche Schlitten fortzubringen<lb/>
haben. Die <hi rendition="#aq">Pa&#x017F;&#x017F;agiers</hi> ko&#x0364;nnen aus Mangel der<lb/>
Pferde (die auch ohne dem bey dem gro&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Schnee auf die&#x017F;em Wege nicht ge&#x017F;chickt &#x017F;eyn,)<lb/>
kein ander Vor&#x017F;pann als Hunde und Ren&#x0303;thiere<lb/>
haben/ ihre bey &#x017F;ich habende Sachen packen &#x017F;ie<lb/>
auff die&#x017F;en Schlitten/ und legen &#x017F;ich mit Renn-<lb/>
thier-Ha&#x0364;uten oder andern Peltzen wohl verwah-<lb/>
ret oben darauff; Die Hunde aber wi&#x017F;&#x017F;en ihren<lb/>
Weg biß zur Ablo&#x0364;&#x017F;ung/ woferne aber der <hi rendition="#aq">Jam</hi><lb/>
oder die Ablo&#x0364;&#x017F;ung allzuweit und die Hunde er-<lb/>
mu&#x0364;den/ legen &#x017F;ie &#x017F;ich vor den Schlitten nieder/<lb/>
alsdenn futtert man &#x017F;ie mit Fi&#x017F;che/ und wann &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich ge&#x017F;a&#x0364;ttiget und ausgeruhet/ &#x017F;etzen &#x017F;ie ihren<lb/>
Weg unter &#x017F;teten Heulen und Bellen biß zum<lb/>
erwehnten <hi rendition="#aq">Jam</hi> fort wo&#x017F;elb&#x017F;t der fri&#x017F;che Vor-<lb/>
&#x017F;pann <hi rendition="#aq">parat</hi> &#x017F;tehet.</p><lb/>
        <p>§. 7. Einige <hi rendition="#aq">O&#x017F;tiacken</hi> und &#x017F;onderlich die<lb/><hi rendition="#aq">Samogaiten</hi> fahren auch des Sommers mit<lb/>
Rennthieren/ allerma&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie ihr Fahrzeug, das<lb/>
einen Schlitten nicht ungleich &#x017F;iehet/ mit Renn-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">thier</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[29/0045] de/ wann es geſchwinde gehen ſoll/ vor einen Schlitten, und reiſen damit in der groͤſten Ge- ſchwindigkeit von einem Orte zum andern. Die Schlitten ſind 4. à 5. Ellen lang und eine hal- be breit, man kan ſie mit einer Hand auffheben/ denn die Sohlen darunter nicht ein Zoll breit duͤck, und die Lehnungen noch duͤnner. Es iſt nicht leicht zu glauben was dieſe Hunde/ welche von der Groͤſſe als in Teutſchland die Bauer- und Fleiſcher-Hunde/ vor Kraͤffte zu ziehen und vor Geſchickligkeit ſolche Schlitten fortzubringen haben. Die Paſſagiers koͤnnen aus Mangel der Pferde (die auch ohne dem bey dem groſſen Schnee auf dieſem Wege nicht geſchickt ſeyn,) kein ander Vorſpann als Hunde und Reñthiere haben/ ihre bey ſich habende Sachen packen ſie auff dieſen Schlitten/ und legen ſich mit Renn- thier-Haͤuten oder andern Peltzen wohl verwah- ret oben darauff; Die Hunde aber wiſſen ihren Weg biß zur Abloͤſung/ woferne aber der Jam oder die Abloͤſung allzuweit und die Hunde er- muͤden/ legen ſie ſich vor den Schlitten nieder/ alsdenn futtert man ſie mit Fiſche/ und wann ſie ſich geſaͤttiget und ausgeruhet/ ſetzen ſie ihren Weg unter ſteten Heulen und Bellen biß zum erwehnten Jam fort woſelbſt der friſche Vor- ſpann parat ſtehet. §. 7. Einige Oſtiacken und ſonderlich die Samogaiten fahren auch des Sommers mit Rennthieren/ allermaſſen ſie ihr Fahrzeug, das einen Schlitten nicht ungleich ſiehet/ mit Renn- thier

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die vorliegende Ausgabe ist die erste eigenständi… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_ostiacken_1726
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_ostiacken_1726/45
Zitationshilfe: Müller, Johann Bernhard: Leben und Gewohnheiten Der Ostiacken. Berlin, 1726, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_ostiacken_1726/45>, abgerufen am 01.05.2024.