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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809.

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ben der Idee des Rechtes keine weite-
ren Begriffe von Rechten haben
. --

Ich habe die Zusammenstellung zweier ver-
schiedenen Ausdrücke für das Gesetz aller Gesetze
einen "Vergleich" genannt; Jedermann fühlt
aber, daß hier mehr ist. -- Nicht umsonst re-
clamirte ich gleich am Eingange meiner Staats-
lehre die Herzen und alles geistige Eigenthum
der Bürger für den Staat. Ohne diese, deren
Vereinigung wir, mit dem edelsten, verständlich-
sten Namen, "Religion" nennen, ist keine
Staatskunst möglich. Ich will Den sehen, der
mir sagen kann, was Recht sey, und der den-
noch mit dem Worte "Staat" nicht mehr als
einen gemeinen Zusammenhang weltlicher Ange-
legenheiten meint, der nothwendig ein Mecha-
nismus von Begriffen seyn muß, und nichts
weiter. -- Ich berufe mich nicht auf Leibnitz,
Burke
und die größten Männer des Jahrhun-
derts, welche die Einheit des Staates und der
Kirche empfunden haben. Wer das Wesen der
Ideen erkannt hat, der hat die Religion er-
kannt. --

Die einfache ewige Idee des Rechtes also
verträgt sich sehr wohl mit einzelnen Rechten,
jedoch nur mit lebendigen Rechten, d. h. solchen,
die als Ideen verstanden, ausgeübt und verthei-

ben der Idee des Rechtes keine weite-
ren Begriffe von Rechten haben
. —

Ich habe die Zuſammenſtellung zweier ver-
ſchiedenen Ausdruͤcke fuͤr das Geſetz aller Geſetze
einen „Vergleich” genannt; Jedermann fuͤhlt
aber, daß hier mehr iſt. — Nicht umſonſt re-
clamirte ich gleich am Eingange meiner Staats-
lehre die Herzen und alles geiſtige Eigenthum
der Buͤrger fuͤr den Staat. Ohne dieſe, deren
Vereinigung wir, mit dem edelſten, verſtaͤndlich-
ſten Namen, „Religion” nennen, iſt keine
Staatskunſt moͤglich. Ich will Den ſehen, der
mir ſagen kann, was Recht ſey, und der den-
noch mit dem Worte „Staat” nicht mehr als
einen gemeinen Zuſammenhang weltlicher Ange-
legenheiten meint, der nothwendig ein Mecha-
nismus von Begriffen ſeyn muß, und nichts
weiter. — Ich berufe mich nicht auf Leibnitz,
Burke
und die groͤßten Maͤnner des Jahrhun-
derts, welche die Einheit des Staates und der
Kirche empfunden haben. Wer das Weſen der
Ideen erkannt hat, der hat die Religion er-
kannt. —

Die einfache ewige Idee des Rechtes alſo
vertraͤgt ſich ſehr wohl mit einzelnen Rechten,
jedoch nur mit lebendigen Rechten, d. h. ſolchen,
die als Ideen verſtanden, ausgeuͤbt und verthei-

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[166/0200] ben der Idee des Rechtes keine weite- ren Begriffe von Rechten haben. — Ich habe die Zuſammenſtellung zweier ver- ſchiedenen Ausdruͤcke fuͤr das Geſetz aller Geſetze einen „Vergleich” genannt; Jedermann fuͤhlt aber, daß hier mehr iſt. — Nicht umſonſt re- clamirte ich gleich am Eingange meiner Staats- lehre die Herzen und alles geiſtige Eigenthum der Buͤrger fuͤr den Staat. Ohne dieſe, deren Vereinigung wir, mit dem edelſten, verſtaͤndlich- ſten Namen, „Religion” nennen, iſt keine Staatskunſt moͤglich. Ich will Den ſehen, der mir ſagen kann, was Recht ſey, und der den- noch mit dem Worte „Staat” nicht mehr als einen gemeinen Zuſammenhang weltlicher Ange- legenheiten meint, der nothwendig ein Mecha- nismus von Begriffen ſeyn muß, und nichts weiter. — Ich berufe mich nicht auf Leibnitz, Burke und die groͤßten Maͤnner des Jahrhun- derts, welche die Einheit des Staates und der Kirche empfunden haben. Wer das Weſen der Ideen erkannt hat, der hat die Religion er- kannt. — Die einfache ewige Idee des Rechtes alſo vertraͤgt ſich ſehr wohl mit einzelnen Rechten, jedoch nur mit lebendigen Rechten, d. h. ſolchen, die als Ideen verſtanden, ausgeuͤbt und verthei-

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/200>, abgerufen am 22.11.2024.