einwerfen, um sowohl dem Volke als dem Su- verän, um sowohl dem Adel als der Bürger- schaft -- wie wir das alles im Mittelalter, un- ter den abscheulichsten Mißbräuchen der geistli- chen Macht, mit wirklicher Gerechtigkeit haben ausüben sehen -- beispringen zu können.
Einen solchen vermittelnden, apostolischen Stand kann es im Staate und zum großen Heile des Staates geben: ihn zu entbehren, ist ein unendlicher Verlust, wie wir es alle an den schroffen und schneidenden Entgegensetzungen und der inneren Ungelenkigkeit unsrer Staaten sehen. Die Freimaurerei und vielerlei geheime Verbin- dungen haben den Zweck gehabt, ihn zu ersetzen, welches aber nirgends erreicht worden ist; indeß muß man von der andern Seite gestehen, daß, wie seine Bestimmung zärtlich und geistig, so seine, wie aller wahrhaft schönen bürgerlichen Einrichtungen, wirkliche Existenz den empö- rendsten Mißbräuchen ausgesetzt ist. -- Die ge- meine Politik würde diese Alternative für sich betrachten und die mit dem Daseyn sowohl, als mit der Abwesenheit eines geistlichen Standes verknüpften Unbequemlichkeiten herzählen, und entweder selbst ihr arithmetisches Resultat dar- aus ziehen, oder es einem künftigen, genauer cal- culirenden Zeitalter überlassen, die Rechnung ab-
einwerfen, um ſowohl dem Volke als dem Su- veraͤn, um ſowohl dem Adel als der Buͤrger- ſchaft — wie wir das alles im Mittelalter, un- ter den abſcheulichſten Mißbraͤuchen der geiſtli- chen Macht, mit wirklicher Gerechtigkeit haben ausuͤben ſehen — beiſpringen zu koͤnnen.
Einen ſolchen vermittelnden, apoſtoliſchen Stand kann es im Staate und zum großen Heile des Staates geben: ihn zu entbehren, iſt ein unendlicher Verluſt, wie wir es alle an den ſchroffen und ſchneidenden Entgegenſetzungen und der inneren Ungelenkigkeit unſrer Staaten ſehen. Die Freimaurerei und vielerlei geheime Verbin- dungen haben den Zweck gehabt, ihn zu erſetzen, welches aber nirgends erreicht worden iſt; indeß muß man von der andern Seite geſtehen, daß, wie ſeine Beſtimmung zaͤrtlich und geiſtig, ſo ſeine, wie aller wahrhaft ſchoͤnen buͤrgerlichen Einrichtungen, wirkliche Exiſtenz den empoͤ- rendſten Mißbraͤuchen ausgeſetzt iſt. — Die ge- meine Politik wuͤrde dieſe Alternative fuͤr ſich betrachten und die mit dem Daſeyn ſowohl, als mit der Abweſenheit eines geiſtlichen Standes verknuͤpften Unbequemlichkeiten herzaͤhlen, und entweder ſelbſt ihr arithmetiſches Reſultat dar- aus ziehen, oder es einem kuͤnftigen, genauer cal- culirenden Zeitalter uͤberlaſſen, die Rechnung ab-
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einwerfen, um ſowohl dem Volke als dem Su-
veraͤn, um ſowohl dem Adel als der Buͤrger-
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ter den abſcheulichſten Mißbraͤuchen der geiſtli-
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ausuͤben ſehen — beiſpringen zu koͤnnen.
Einen ſolchen vermittelnden, apoſtoliſchen
Stand kann es im Staate und zum großen
Heile des Staates geben: ihn zu entbehren,
iſt ein unendlicher Verluſt, wie wir es alle an den
ſchroffen und ſchneidenden Entgegenſetzungen und
der inneren Ungelenkigkeit unſrer Staaten ſehen.
Die Freimaurerei und vielerlei geheime Verbin-
dungen haben den Zweck gehabt, ihn zu erſetzen,
welches aber nirgends erreicht worden iſt; indeß
muß man von der andern Seite geſtehen, daß,
wie ſeine Beſtimmung zaͤrtlich und geiſtig, ſo
ſeine, wie aller wahrhaft ſchoͤnen buͤrgerlichen
Einrichtungen, wirkliche Exiſtenz den empoͤ-
rendſten Mißbraͤuchen ausgeſetzt iſt. — Die ge-
meine Politik wuͤrde dieſe Alternative fuͤr ſich
betrachten und die mit dem Daſeyn ſowohl, als
mit der Abweſenheit eines geiſtlichen Standes
verknuͤpften Unbequemlichkeiten herzaͤhlen, und
entweder ſelbſt ihr arithmetiſches Reſultat dar-
aus ziehen, oder es einem kuͤnftigen, genauer cal-
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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/115>, abgerufen am 24.11.2024.
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