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Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898.

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Der Tempel ist geteilt in das Haiden, wo die Priester
dem Kami ihre Verehrung zollen, und in das Honden,
in welchem der Gott seine Wohnung hat, und das stets
verschlossen gehalten wird; letzteres ist oft von ersterem
getrennt als ein hinter diesem stehender kleinerer Tempel-
bau. Kahl und schmucklos wie das Äußere ist auch
das Innere. Götzenbilder giebt es nicht; denn der
Shintoist denkt sich seinen Gott als Geist oder vielmehr,
da ihm eine unkörperliche Vorstellung doch nicht möglich
ist, als Gespenst. Die Gegenstände im Innern sind
leicht aufgezählt. Da ist eine große Trommel, welche
von Zeit zu Zeit gerührt wird, da ist ferner auf einer
Art von Altar ein Metallspiegel, welcher zwar buddhi-
stischen Ursprungs sein soll, aber in dem o miya zweifel-
los -- die Priester können nämlich selbst darüber keine
Auskunft geben -- das Symbol der Reinheit sein soll,
da sind ferner in der Regel einige jener kleinen Holz-
gehäuse (Tamashiro) als Wohnungen für die Geister
und, was zunächst am meisten auffällt, zickzackförmig
geschnittene, herabhängende weiße Papierstreifen ("Go-
hei"), über deren Bedeutung vollends keine Klarheit
herrscht.

In dem Haiden versehen des Tags über drei
Priester ("Kannushi") den Dienst. Die Priester sind,
im Gegensatz zu den Buddhapriestern, verheiratet, und
das ganze Dorf Mitake besteht ausschließlich aus Priester-
familien. Das Amt erbt vom Vater auf den Sohn,
doch ist ein Zwang durchaus nicht vorhanden; es steht
jedem frei, sich einen andern Beruf zu wählen. Ihre

von der Regierung angeordneten Neueinführung des Staats-
shintoismus, ändert sich das mit einem Schlage. Alle buddhistischen
Abzeichen verschwinden, die Toten führen auch im Grabe ihre
Namen weiter.

Der Tempel iſt geteilt in das Haiden, wo die Prieſter
dem Kami ihre Verehrung zollen, und in das Honden,
in welchem der Gott ſeine Wohnung hat, und das ſtets
verſchloſſen gehalten wird; letzteres iſt oft von erſterem
getrennt als ein hinter dieſem ſtehender kleinerer Tempel-
bau. Kahl und ſchmucklos wie das Äußere iſt auch
das Innere. Götzenbilder giebt es nicht; denn der
Shintoiſt denkt ſich ſeinen Gott als Geiſt oder vielmehr,
da ihm eine unkörperliche Vorſtellung doch nicht möglich
iſt, als Geſpenſt. Die Gegenſtände im Innern ſind
leicht aufgezählt. Da iſt eine große Trommel, welche
von Zeit zu Zeit gerührt wird, da iſt ferner auf einer
Art von Altar ein Metallſpiegel, welcher zwar buddhi-
ſtiſchen Urſprungs ſein ſoll, aber in dem o miya zweifel-
los — die Prieſter können nämlich ſelbſt darüber keine
Auskunft geben — das Symbol der Reinheit ſein ſoll,
da ſind ferner in der Regel einige jener kleinen Holz-
gehäuſe (Tamaſhiro) als Wohnungen für die Geiſter
und, was zunächſt am meiſten auffällt, zickzackförmig
geſchnittene, herabhängende weiße Papierſtreifen („Go-
hei“), über deren Bedeutung vollends keine Klarheit
herrſcht.

In dem Haiden verſehen des Tags über drei
Prieſter („Kannuſhi“) den Dienſt. Die Prieſter ſind,
im Gegenſatz zu den Buddhaprieſtern, verheiratet, und
das ganze Dorf Mitake beſteht ausſchließlich aus Prieſter-
familien. Das Amt erbt vom Vater auf den Sohn,
doch iſt ein Zwang durchaus nicht vorhanden; es ſteht
jedem frei, ſich einen andern Beruf zu wählen. Ihre

von der Regierung angeordneten Neueinführung des Staats-
ſhintoismus, ändert ſich das mit einem Schlage. Alle buddhiſtiſchen
Abzeichen verſchwinden, die Toten führen auch im Grabe ihre
Namen weiter.
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[202/0216] Der Tempel iſt geteilt in das Haiden, wo die Prieſter dem Kami ihre Verehrung zollen, und in das Honden, in welchem der Gott ſeine Wohnung hat, und das ſtets verſchloſſen gehalten wird; letzteres iſt oft von erſterem getrennt als ein hinter dieſem ſtehender kleinerer Tempel- bau. Kahl und ſchmucklos wie das Äußere iſt auch das Innere. Götzenbilder giebt es nicht; denn der Shintoiſt denkt ſich ſeinen Gott als Geiſt oder vielmehr, da ihm eine unkörperliche Vorſtellung doch nicht möglich iſt, als Geſpenſt. Die Gegenſtände im Innern ſind leicht aufgezählt. Da iſt eine große Trommel, welche von Zeit zu Zeit gerührt wird, da iſt ferner auf einer Art von Altar ein Metallſpiegel, welcher zwar buddhi- ſtiſchen Urſprungs ſein ſoll, aber in dem o miya zweifel- los — die Prieſter können nämlich ſelbſt darüber keine Auskunft geben — das Symbol der Reinheit ſein ſoll, da ſind ferner in der Regel einige jener kleinen Holz- gehäuſe (Tamaſhiro) als Wohnungen für die Geiſter und, was zunächſt am meiſten auffällt, zickzackförmig geſchnittene, herabhängende weiße Papierſtreifen („Go- hei“), über deren Bedeutung vollends keine Klarheit herrſcht. In dem Haiden verſehen des Tags über drei Prieſter („Kannuſhi“) den Dienſt. Die Prieſter ſind, im Gegenſatz zu den Buddhaprieſtern, verheiratet, und das ganze Dorf Mitake beſteht ausſchließlich aus Prieſter- familien. Das Amt erbt vom Vater auf den Sohn, doch iſt ein Zwang durchaus nicht vorhanden; es ſteht jedem frei, ſich einen andern Beruf zu wählen. Ihre 1) 1) von der Regierung angeordneten Neueinführung des Staats- ſhintoismus, ändert ſich das mit einem Schlage. Alle buddhiſtiſchen Abzeichen verſchwinden, die Toten führen auch im Grabe ihre Namen weiter.

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Zitationshilfe: Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/216>, abgerufen am 21.11.2024.