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Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898.

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Japanern nicht besonders geweckt worden. Der Bud-
dhismus, der seiner ganzen Lehre nach ursprünglich eine
tiefsinnige Philosophie war, ist somit im höchsten Grade
vulgär geworden, und so gerade paßte er den Japanern.

Aber es ist doch nicht etwa so, als hätten ihn die
Japaner allein gerade für sich so zugemodelt. Zwar
die letzte Politur haben sie diesem exoterischen Bud-
dhismus gegeben; aber echt hatten sie die Lehre Saki-
yamunis schon seit alten Zeiten nicht besessen, und nur
wenige Auserwählte haben etwas darum gewußt. Als
der Buddhismus etwa um dieselbe Zeit, wo Paulus
das Christentum über die Grenzen Palästinas hinaus-
trug, durch eine chinesische Gesandtschaft aus Indien
nach China kam, hatte er schon viel von seinem eigent-
lichen Wesen eingebüßt, und in den folgenden Jahr-
hunderten thaten die Chinesen das ihrige dazu, um ihn
vollends zu entstellen. So kam er schließlich nach Japan.

Es war im Jahre 551 n. Chr., als der König von
Kudara, einer der drei Provinzen Koreas, dem Kaiser
Kimmei ein Bildnis des Shaka, wie Sakiyamuni ja-
panisch heißt, und einige buddhistische Bücher über-
sandte. Die neue Religion soll auf Kimmei, welcher
das Geschenk dankbar annahm, einen großen Eindruck
gemacht haben, und er gab das Buddhabild seinem
Premierminister Iname zur Aufbewahrung. Dieser
stellte es in einem ihm gehörigen Hause auf und machte
dieses Haus zum ersten Buddhatempel in Japan. Bald
darauf aber brach eine Seuche aus, und es gelang den
Feinden der neuen Religion, dem fremden Gott die
Schuld daran aufzubürden. Das Bildnis wurde in
das Meer geworfen und der Tempel zerstört.

Das war das Ende des ersten Auftretens des
Buddhismus, das so hoffnungsvoll begonnen hatte.

Japanern nicht beſonders geweckt worden. Der Bud-
dhismus, der ſeiner ganzen Lehre nach urſprünglich eine
tiefſinnige Philoſophie war, iſt ſomit im höchſten Grade
vulgär geworden, und ſo gerade paßte er den Japanern.

Aber es iſt doch nicht etwa ſo, als hätten ihn die
Japaner allein gerade für ſich ſo zugemodelt. Zwar
die letzte Politur haben ſie dieſem exoteriſchen Bud-
dhismus gegeben; aber echt hatten ſie die Lehre Saki-
yamunis ſchon ſeit alten Zeiten nicht beſeſſen, und nur
wenige Auserwählte haben etwas darum gewußt. Als
der Buddhismus etwa um dieſelbe Zeit, wo Paulus
das Chriſtentum über die Grenzen Paläſtinas hinaus-
trug, durch eine chineſiſche Geſandtſchaft aus Indien
nach China kam, hatte er ſchon viel von ſeinem eigent-
lichen Weſen eingebüßt, und in den folgenden Jahr-
hunderten thaten die Chineſen das ihrige dazu, um ihn
vollends zu entſtellen. So kam er ſchließlich nach Japan.

Es war im Jahre 551 n. Chr., als der König von
Kudara, einer der drei Provinzen Koreas, dem Kaiſer
Kimmei ein Bildnis des Shaka, wie Sakiyamuni ja-
paniſch heißt, und einige buddhiſtiſche Bücher über-
ſandte. Die neue Religion ſoll auf Kimmei, welcher
das Geſchenk dankbar annahm, einen großen Eindruck
gemacht haben, und er gab das Buddhabild ſeinem
Premierminiſter Iname zur Aufbewahrung. Dieſer
ſtellte es in einem ihm gehörigen Hauſe auf und machte
dieſes Haus zum erſten Buddhatempel in Japan. Bald
darauf aber brach eine Seuche aus, und es gelang den
Feinden der neuen Religion, dem fremden Gott die
Schuld daran aufzubürden. Das Bildnis wurde in
das Meer geworfen und der Tempel zerſtört.

Das war das Ende des erſten Auftretens des
Buddhismus, das ſo hoffnungsvoll begonnen hatte.

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[223/0237] Japanern nicht beſonders geweckt worden. Der Bud- dhismus, der ſeiner ganzen Lehre nach urſprünglich eine tiefſinnige Philoſophie war, iſt ſomit im höchſten Grade vulgär geworden, und ſo gerade paßte er den Japanern. Aber es iſt doch nicht etwa ſo, als hätten ihn die Japaner allein gerade für ſich ſo zugemodelt. Zwar die letzte Politur haben ſie dieſem exoteriſchen Bud- dhismus gegeben; aber echt hatten ſie die Lehre Saki- yamunis ſchon ſeit alten Zeiten nicht beſeſſen, und nur wenige Auserwählte haben etwas darum gewußt. Als der Buddhismus etwa um dieſelbe Zeit, wo Paulus das Chriſtentum über die Grenzen Paläſtinas hinaus- trug, durch eine chineſiſche Geſandtſchaft aus Indien nach China kam, hatte er ſchon viel von ſeinem eigent- lichen Weſen eingebüßt, und in den folgenden Jahr- hunderten thaten die Chineſen das ihrige dazu, um ihn vollends zu entſtellen. So kam er ſchließlich nach Japan. Es war im Jahre 551 n. Chr., als der König von Kudara, einer der drei Provinzen Koreas, dem Kaiſer Kimmei ein Bildnis des Shaka, wie Sakiyamuni ja- paniſch heißt, und einige buddhiſtiſche Bücher über- ſandte. Die neue Religion ſoll auf Kimmei, welcher das Geſchenk dankbar annahm, einen großen Eindruck gemacht haben, und er gab das Buddhabild ſeinem Premierminiſter Iname zur Aufbewahrung. Dieſer ſtellte es in einem ihm gehörigen Hauſe auf und machte dieſes Haus zum erſten Buddhatempel in Japan. Bald darauf aber brach eine Seuche aus, und es gelang den Feinden der neuen Religion, dem fremden Gott die Schuld daran aufzubürden. Das Bildnis wurde in das Meer geworfen und der Tempel zerſtört. Das war das Ende des erſten Auftretens des Buddhismus, das ſo hoffnungsvoll begonnen hatte.

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Zitationshilfe: Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/237>, abgerufen am 24.11.2024.