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Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898.

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Bald aber sollte es anders kommen. In Shotoku
Taishi, einem der weisesten Fürsten, die je die Geschicke
des Landes lenkten, erstand drei Jahrzehnte später dem
Buddhismus ein mächtiger Freund und Beschützer. Im
Jahre 587 erbaute er den großen Tennoji zu Naniwa
(Osaka), wo das nach der Legende auf wunderbare
Weise wieder zurückgewonnene Buddhabild aufbewahrt
wird bis zum heutigen Tag. Shotoku Taishi wird als
der Vater des japanischen Buddhismus verehrt. Auf
seinen Antrieb erklärte sich die Kaiserin Suiko offen
für den Buddhismus, und die oberen Schichten des
Volkes folgten nach.

Die folgenden Kaiser blieben der neuen Religion
treu, und die mächtigen Tempel in Nara, der damaligen
Residenz, legen heute noch beredtes Zeugnis für ihren
Glaubenseifer ab. Gelehrte wurden nach China ge-
schickt, die unter buddhistischen Priestern studierten, und
als eifrige Apostel Shakas kamen sie wieder.

Aber noch war der Buddhismus nicht Herr im
Lande. Wohl blieb seine Prachtentfaltung und die
sinnliche Natur seines Gottesdienstes nicht ohne Ein-
druck auf das Volk, und die Lehre von der Seelen-
wanderung sowie die Herrlichkeit des buddhistischen
Himmels gaben der Einbildungskraft desselben reiche
Anregung; aber es widerstrebte ihm doch, seinen alten
Göttern einfach den Abschied zu geben. In diesem
Widerstreit fand der fromme Buddhapriester Kukai,
bekannter unter seinem posthumen Ehrennamen Kobo
Daishi, der nicht lange zuvor aus China zurückgekehrt
war, eine treffliche Auskunft, dieselbe Auskunft, welche
der Buddhismus schon gegenüber den Göttern des
Brahma erfolgreich angewandt hatte. Er erklärte alle
Shintokami für Bodhisattva d. h. für Erscheinungen

Bald aber ſollte es anders kommen. In Shōtoku
Taiſhi, einem der weiſeſten Fürſten, die je die Geſchicke
des Landes lenkten, erſtand drei Jahrzehnte ſpäter dem
Buddhismus ein mächtiger Freund und Beſchützer. Im
Jahre 587 erbaute er den großen Tennōji zu Naniwa
(Ōſaka), wo das nach der Legende auf wunderbare
Weiſe wieder zurückgewonnene Buddhabild aufbewahrt
wird bis zum heutigen Tag. Shōtoku Taiſhi wird als
der Vater des japaniſchen Buddhismus verehrt. Auf
ſeinen Antrieb erklärte ſich die Kaiſerin Suiko offen
für den Buddhismus, und die oberen Schichten des
Volkes folgten nach.

Die folgenden Kaiſer blieben der neuen Religion
treu, und die mächtigen Tempel in Nara, der damaligen
Reſidenz, legen heute noch beredtes Zeugnis für ihren
Glaubenseifer ab. Gelehrte wurden nach China ge-
ſchickt, die unter buddhiſtiſchen Prieſtern ſtudierten, und
als eifrige Apoſtel Shakas kamen ſie wieder.

Aber noch war der Buddhismus nicht Herr im
Lande. Wohl blieb ſeine Prachtentfaltung und die
ſinnliche Natur ſeines Gottesdienſtes nicht ohne Ein-
druck auf das Volk, und die Lehre von der Seelen-
wanderung ſowie die Herrlichkeit des buddhiſtiſchen
Himmels gaben der Einbildungskraft desſelben reiche
Anregung; aber es widerſtrebte ihm doch, ſeinen alten
Göttern einfach den Abſchied zu geben. In dieſem
Widerſtreit fand der fromme Buddhaprieſter Kūkai,
bekannter unter ſeinem poſthumen Ehrennamen Kōbō
Daiſhi, der nicht lange zuvor aus China zurückgekehrt
war, eine treffliche Auskunft, dieſelbe Auskunft, welche
der Buddhismus ſchon gegenüber den Göttern des
Brahma erfolgreich angewandt hatte. Er erklärte alle
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[224/0238] Bald aber ſollte es anders kommen. In Shōtoku Taiſhi, einem der weiſeſten Fürſten, die je die Geſchicke des Landes lenkten, erſtand drei Jahrzehnte ſpäter dem Buddhismus ein mächtiger Freund und Beſchützer. Im Jahre 587 erbaute er den großen Tennōji zu Naniwa (Ōſaka), wo das nach der Legende auf wunderbare Weiſe wieder zurückgewonnene Buddhabild aufbewahrt wird bis zum heutigen Tag. Shōtoku Taiſhi wird als der Vater des japaniſchen Buddhismus verehrt. Auf ſeinen Antrieb erklärte ſich die Kaiſerin Suiko offen für den Buddhismus, und die oberen Schichten des Volkes folgten nach. Die folgenden Kaiſer blieben der neuen Religion treu, und die mächtigen Tempel in Nara, der damaligen Reſidenz, legen heute noch beredtes Zeugnis für ihren Glaubenseifer ab. Gelehrte wurden nach China ge- ſchickt, die unter buddhiſtiſchen Prieſtern ſtudierten, und als eifrige Apoſtel Shakas kamen ſie wieder. Aber noch war der Buddhismus nicht Herr im Lande. Wohl blieb ſeine Prachtentfaltung und die ſinnliche Natur ſeines Gottesdienſtes nicht ohne Ein- druck auf das Volk, und die Lehre von der Seelen- wanderung ſowie die Herrlichkeit des buddhiſtiſchen Himmels gaben der Einbildungskraft desſelben reiche Anregung; aber es widerſtrebte ihm doch, ſeinen alten Göttern einfach den Abſchied zu geben. In dieſem Widerſtreit fand der fromme Buddhaprieſter Kūkai, bekannter unter ſeinem poſthumen Ehrennamen Kōbō Daiſhi, der nicht lange zuvor aus China zurückgekehrt war, eine treffliche Auskunft, dieſelbe Auskunft, welche der Buddhismus ſchon gegenüber den Göttern des Brahma erfolgreich angewandt hatte. Er erklärte alle Shintokami für Bodhiſattva d. h. für Erſcheinungen

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Zitationshilfe: Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/238>, abgerufen am 21.11.2024.