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Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898.

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Universität und anderer Anstalten oder auch deutsch
verstehende japanische Gelehrte unter großem Zulauf
und mit großem Beifall über alle möglichen Gegenstände
des Wissens sprachen. Wir sind eben der Meinung,
daß jede Kulturarbeit zugleich auch dem Christentum
zu gute kommt, so gewiß, als zwischen unserer euro-
päischen Kultur und dem Christentum ein inniger
innerer Zusammenhang besteht. Und darum halten
wir dafür, daß wir auch mit solcher deutschen Arbeit
an sich schon in gewissem Sinne Reichsgottesarbeit
thun, ganz abgesehen davon, daß sie den Weg zur
Propaganda ebnen hilft. Wir waren dabei überzeugt,
daß wir damit auch im Sinne unserer schweizerischen
Auftraggeber handelten. Denn das Wissen kennt keine
politischen Grenzen, und dieselbe Kultur, welche am
Mittel- und Unterrhein blüht, ist heimisch auch an des
Rheines Quellen.

Unsere Fortbildungsschule ist eine deutsche Sprach-
und Litteraturschule, welche an drei Abenden in der
Woche zu je zwei Stunden abgehalten wird. Sie wird
zu einem großen Teil von Schülern des Gymnasiums
und der Universität besucht. Wenn der Leser mit mir
eine deutsche Deklamationsstunde besuchen wollte, so
könnte er aus japanischem Munde unsere deutschen patrio-
tischen Gedichte und Lieder hören, z. B. "Die Wacht
am Rhein", oder "Ich hab' mich ergeben". Aber ganz
abgesehen davon, daß in den meisten Gedichten auch
religiöse Gedanken enthalten sind, -- es braucht ja nur
das Wort "Gott" in ihnen vorzukommen, -- fehlten
auch spezifisch religiöse Gedichte nicht. So habe ich
selbst einmal in einer solchen Klasse das Gerok'sche
Gedicht: "Sind das die Knaben alle?" gehört, wo be-
kanntlich über allen Erdengrößen zum Schluß Jesus

Univerſität und anderer Anſtalten oder auch deutſch
verſtehende japaniſche Gelehrte unter großem Zulauf
und mit großem Beifall über alle möglichen Gegenſtände
des Wiſſens ſprachen. Wir ſind eben der Meinung,
daß jede Kulturarbeit zugleich auch dem Chriſtentum
zu gute kommt, ſo gewiß, als zwiſchen unſerer euro-
päiſchen Kultur und dem Chriſtentum ein inniger
innerer Zuſammenhang beſteht. Und darum halten
wir dafür, daß wir auch mit ſolcher deutſchen Arbeit
an ſich ſchon in gewiſſem Sinne Reichsgottesarbeit
thun, ganz abgeſehen davon, daß ſie den Weg zur
Propaganda ebnen hilft. Wir waren dabei überzeugt,
daß wir damit auch im Sinne unſerer ſchweizeriſchen
Auftraggeber handelten. Denn das Wiſſen kennt keine
politiſchen Grenzen, und dieſelbe Kultur, welche am
Mittel- und Unterrhein blüht, iſt heimiſch auch an des
Rheines Quellen.

Unſere Fortbildungsſchule iſt eine deutſche Sprach-
und Litteraturſchule, welche an drei Abenden in der
Woche zu je zwei Stunden abgehalten wird. Sie wird
zu einem großen Teil von Schülern des Gymnaſiums
und der Univerſität beſucht. Wenn der Leſer mit mir
eine deutſche Deklamationsſtunde beſuchen wollte, ſo
könnte er aus japaniſchem Munde unſere deutſchen patrio-
tiſchen Gedichte und Lieder hören, z. B. „Die Wacht
am Rhein“, oder „Ich hab’ mich ergeben“. Aber ganz
abgeſehen davon, daß in den meiſten Gedichten auch
religiöſe Gedanken enthalten ſind, — es braucht ja nur
das Wort „Gott“ in ihnen vorzukommen, — fehlten
auch ſpezifiſch religiöſe Gedichte nicht. So habe ich
ſelbſt einmal in einer ſolchen Klaſſe das Gerok’ſche
Gedicht: „Sind das die Knaben alle?“ gehört, wo be-
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[319/0333] Univerſität und anderer Anſtalten oder auch deutſch verſtehende japaniſche Gelehrte unter großem Zulauf und mit großem Beifall über alle möglichen Gegenſtände des Wiſſens ſprachen. Wir ſind eben der Meinung, daß jede Kulturarbeit zugleich auch dem Chriſtentum zu gute kommt, ſo gewiß, als zwiſchen unſerer euro- päiſchen Kultur und dem Chriſtentum ein inniger innerer Zuſammenhang beſteht. Und darum halten wir dafür, daß wir auch mit ſolcher deutſchen Arbeit an ſich ſchon in gewiſſem Sinne Reichsgottesarbeit thun, ganz abgeſehen davon, daß ſie den Weg zur Propaganda ebnen hilft. Wir waren dabei überzeugt, daß wir damit auch im Sinne unſerer ſchweizeriſchen Auftraggeber handelten. Denn das Wiſſen kennt keine politiſchen Grenzen, und dieſelbe Kultur, welche am Mittel- und Unterrhein blüht, iſt heimiſch auch an des Rheines Quellen. Unſere Fortbildungsſchule iſt eine deutſche Sprach- und Litteraturſchule, welche an drei Abenden in der Woche zu je zwei Stunden abgehalten wird. Sie wird zu einem großen Teil von Schülern des Gymnaſiums und der Univerſität beſucht. Wenn der Leſer mit mir eine deutſche Deklamationsſtunde beſuchen wollte, ſo könnte er aus japaniſchem Munde unſere deutſchen patrio- tiſchen Gedichte und Lieder hören, z. B. „Die Wacht am Rhein“, oder „Ich hab’ mich ergeben“. Aber ganz abgeſehen davon, daß in den meiſten Gedichten auch religiöſe Gedanken enthalten ſind, — es braucht ja nur das Wort „Gott“ in ihnen vorzukommen, — fehlten auch ſpezifiſch religiöſe Gedichte nicht. So habe ich ſelbſt einmal in einer ſolchen Klaſſe das Gerok’ſche Gedicht: „Sind das die Knaben alle?“ gehört, wo be- kanntlich über allen Erdengrößen zum Schluß Jeſus

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Zitationshilfe: Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/333>, abgerufen am 22.11.2024.