Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. [Erster Theil.] Eisenach, 1760.

Bild:
<< vorherige Seite

Hand, und machte, daß ich aus den Zimmer kam. Ich ging in meine Stube, und warf mich auf das Canapee. Ich will Ihnen nicht die Gemüthsbewegungen entdecken, die ich empfand, ich bekam ein entsetzliches Kopfwehe, und war nicht im Stande meine Gedanken zusammen zu fassen, um den ganzen Verlauf der Sache Ihnen zu berichten, ob ich es gleich versuchte. Gestern Morgen ging ich hinunter zu meinem Vater, in was für einer Gemüthsverfassung, können Sie Sich leicht vorstellen. Alle meine Glieder zitterten, da ich die Thür aufmachte. Er war ernsthaft; seine Gemahlin munter, keins aber dachte mit einem Worte an die verhaßte Sache. Ich schlich mich bald wieder fort. Was werde ich nun für ein Schicksal zu erwarten haben? verlassen Sie mich nicht, meine liebste Amalia, verlassen Sie mich nicht, meine beste Freundinn; ich weiß zu Niemand anders als zu Ihnen meine Zuflucht zu nehmen. Können Sie so viele Zeit abmüßigen, so beehren Sie mich mit ein paar Zeilen,

Hand, und machte, daß ich aus den Zimmer kam. Ich ging in meine Stube, und warf mich auf das Canapèe. Ich will Ihnen nicht die Gemüthsbewegungen entdecken, die ich empfand, ich bekam ein entsetzliches Kopfwehe, und war nicht im Stande meine Gedanken zusammen zu fassen, um den ganzen Verlauf der Sache Ihnen zu berichten, ob ich es gleich versuchte. Gestern Morgen ging ich hinunter zu meinem Vater, in was für einer Gemüthsverfassung, können Sie Sich leicht vorstellen. Alle meine Glieder zitterten, da ich die Thür aufmachte. Er war ernsthaft; seine Gemahlin munter, keins aber dachte mit einem Worte an die verhaßte Sache. Ich schlich mich bald wieder fort. Was werde ich nun für ein Schicksal zu erwarten haben? verlassen Sie mich nicht, meine liebste Amalia, verlassen Sie mich nicht, meine beste Freundinn; ich weiß zu Niemand anders als zu Ihnen meine Zuflucht zu nehmen. Können Sie so viele Zeit abmüßigen, so beehren Sie mich mit ein paar Zeilen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <p><pb facs="#f0237" n="222"/>
Hand, und machte, daß ich aus den Zimmer kam. Ich ging in meine Stube, und warf mich auf das Canapèe. Ich will Ihnen nicht die Gemüthsbewegungen entdecken, die ich empfand, ich bekam ein entsetzliches Kopfwehe, und war nicht im Stande meine Gedanken zusammen zu fassen, um den ganzen Verlauf der Sache Ihnen zu berichten, ob ich es gleich versuchte. Gestern Morgen ging ich hinunter zu meinem Vater, in was für einer Gemüthsverfassung, können Sie Sich leicht vorstellen. Alle meine Glieder zitterten, da ich die Thür aufmachte. Er war ernsthaft; seine Gemahlin munter, keins aber dachte mit einem Worte an die verhaßte Sache. Ich schlich mich bald wieder fort. Was werde ich nun für ein Schicksal zu erwarten haben? verlassen Sie mich nicht, meine liebste Amalia, verlassen Sie mich nicht, meine beste Freundinn; ich weiß zu Niemand anders als zu Ihnen meine Zuflucht zu nehmen. Können Sie so viele Zeit abmüßigen, so beehren Sie mich mit ein paar Zeilen,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[222/0237] Hand, und machte, daß ich aus den Zimmer kam. Ich ging in meine Stube, und warf mich auf das Canapèe. Ich will Ihnen nicht die Gemüthsbewegungen entdecken, die ich empfand, ich bekam ein entsetzliches Kopfwehe, und war nicht im Stande meine Gedanken zusammen zu fassen, um den ganzen Verlauf der Sache Ihnen zu berichten, ob ich es gleich versuchte. Gestern Morgen ging ich hinunter zu meinem Vater, in was für einer Gemüthsverfassung, können Sie Sich leicht vorstellen. Alle meine Glieder zitterten, da ich die Thür aufmachte. Er war ernsthaft; seine Gemahlin munter, keins aber dachte mit einem Worte an die verhaßte Sache. Ich schlich mich bald wieder fort. Was werde ich nun für ein Schicksal zu erwarten haben? verlassen Sie mich nicht, meine liebste Amalia, verlassen Sie mich nicht, meine beste Freundinn; ich weiß zu Niemand anders als zu Ihnen meine Zuflucht zu nehmen. Können Sie so viele Zeit abmüßigen, so beehren Sie mich mit ein paar Zeilen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Der Seitenumbruch erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Worttrennungen am Zeilenende entfallen.
  • Das lange „s“ („ſ“) wird als normales rundes „s“ wiedergegeben.
  • Auslassungspunkte werden, unabhängig von der Anzahl der Punkte, als „…“ (Sonderzeichen Alt+0133) wiedergegeben.
  • Apostrophe werden durch das Sonderzeichen „’“ (Alt+0146) wiedergegeben (nicht durch die Variante auf der Tastatur).
  • Bindestriche werden durch den normalen Bindestrich „-“ wiedergegeben (nicht durch „=“).
  • Gleichheitszeichen „=“ werden als normale Gedankenstriche (Halbgeviertstriche) „–“ wiedergegeben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison01_1760
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison01_1760/237
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. [Erster Theil.] Eisenach, 1760, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison01_1760/237>, abgerufen am 14.05.2024.