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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778.

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Händen zu greifen, wie's mich als Jrr-
wisch in Sumpf geführt. Denn wie hätt'
mir einfallen sollen, die Sophie in einer
Postchaise hinter Meißen, auf dreyßig
Meilweges weit von meiner Heimath auf-
zusuchen, wenn mir nicht einmal im Tau-
mel der Phantasie ein Bild von ihr vorge-
schwebt hätt', das mit des Wirths Erzäh-
lung ziemlich übereintraf? Nachher, als
ich das all' ruhig überdacht', fand ich frey-
lich keinen überwiegendern Grund der Wahr-
scheinlichkeit für das Daseyn der Sophie in
der Postchaise, als für jedes andre Weibs-
bild aus einem der neun Kraiß des heiligen
römischen Reichs. Dem ungeachtet lebt'
und webt' die Sophie nun wieder in meinem
Kopf', spukt darinn herum wie eine Maus,
die in einen ausgehölten Kürbiß kriecht, und
nicht wieder heraus kann.

Daher war ich früh bey guter Zeit auf-
ging hinab in die Wirthsstub', um mich

zu
J 2

Haͤnden zu greifen, wie’s mich als Jrr-
wiſch in Sumpf gefuͤhrt. Denn wie haͤtt’
mir einfallen ſollen, die Sophie in einer
Poſtchaiſe hinter Meißen, auf dreyßig
Meilweges weit von meiner Heimath auf-
zuſuchen, wenn mir nicht einmal im Tau-
mel der Phantaſie ein Bild von ihr vorge-
ſchwebt haͤtt’, das mit des Wirths Erzaͤh-
lung ziemlich uͤbereintraf? Nachher, als
ich das all’ ruhig uͤberdacht’, fand ich frey-
lich keinen uͤberwiegendern Grund der Wahr-
ſcheinlichkeit fuͤr das Daſeyn der Sophie in
der Poſtchaiſe, als fuͤr jedes andre Weibs-
bild aus einem der neun Kraiß des heiligen
roͤmiſchen Reichs. Dem ungeachtet lebt’
und webt’ die Sophie nun wieder in meinem
Kopf’, ſpukt darinn herum wie eine Maus,
die in einen ausgehoͤlten Kuͤrbiß kriecht, und
nicht wieder heraus kann.

Daher war ich fruͤh bey guter Zeit auf-
ging hinab in die Wirthsſtub’, um mich

zu
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[131/0131] Haͤnden zu greifen, wie’s mich als Jrr- wiſch in Sumpf gefuͤhrt. Denn wie haͤtt’ mir einfallen ſollen, die Sophie in einer Poſtchaiſe hinter Meißen, auf dreyßig Meilweges weit von meiner Heimath auf- zuſuchen, wenn mir nicht einmal im Tau- mel der Phantaſie ein Bild von ihr vorge- ſchwebt haͤtt’, das mit des Wirths Erzaͤh- lung ziemlich uͤbereintraf? Nachher, als ich das all’ ruhig uͤberdacht’, fand ich frey- lich keinen uͤberwiegendern Grund der Wahr- ſcheinlichkeit fuͤr das Daſeyn der Sophie in der Poſtchaiſe, als fuͤr jedes andre Weibs- bild aus einem der neun Kraiß des heiligen roͤmiſchen Reichs. Dem ungeachtet lebt’ und webt’ die Sophie nun wieder in meinem Kopf’, ſpukt darinn herum wie eine Maus, die in einen ausgehoͤlten Kuͤrbiß kriecht, und nicht wieder heraus kann. Daher war ich fruͤh bey guter Zeit auf- ging hinab in die Wirthsſtub’, um mich zu J 2

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/131>, abgerufen am 04.12.2024.