Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

nicht auf einen Standpunkt, sondern auf
einen Zeitpunkt kalkulirt ist, wohl ausge-
dacht; über das facht die Ueberzeugung
gleichzeitiger sympathetischer Gefühle von
Jhrem Kleeblatt zu Haus das Feuer der
Jmagination mächtig an, und dadurch wird
mirs begreiflich, wie negative Attribute ih-
res häuslichen Glücks, als Trennung und
Abwesenheit, die Summe desselben eh' meh-
ren als mindern. -- Wenn ich Jhr Sy-
stem anders recht umspann, so besitzen Sie
ein empfindsames Herz, das in Jhrer Lage
eine fortwährende Stöhrung Jhrer innren
Zufriedenheit würde bewirket haben, wenn
Sie nicht einen sonderbaren Weg eingeschla-
gen wären, diese Empfindsamkeit mehr zur
Empfänglichkeit des Vergnügens als der
Schmerzen zu bequemen. Geben Sie mir
ein Fragment ihrer heutigen Unterhaltung
mit Jhrer Hausfrau und Descendenz zum
besten, wollen sehn, ob ich mit Jhnen sym-
pathisiren kann.

"Sie

nicht auf einen Standpunkt, ſondern auf
einen Zeitpunkt kalkulirt iſt, wohl ausge-
dacht; uͤber das facht die Ueberzeugung
gleichzeitiger ſympathetiſcher Gefuͤhle von
Jhrem Kleeblatt zu Haus das Feuer der
Jmagination maͤchtig an, und dadurch wird
mirs begreiflich, wie negative Attribute ih-
res haͤuslichen Gluͤcks, als Trennung und
Abweſenheit, die Summe deſſelben eh’ meh-
ren als mindern. — Wenn ich Jhr Sy-
ſtem anders recht umſpann, ſo beſitzen Sie
ein empfindſames Herz, das in Jhrer Lage
eine fortwaͤhrende Stoͤhrung Jhrer innren
Zufriedenheit wuͤrde bewirket haben, wenn
Sie nicht einen ſonderbaren Weg eingeſchla-
gen waͤren, dieſe Empfindſamkeit mehr zur
Empfaͤnglichkeit des Vergnuͤgens als der
Schmerzen zu bequemen. Geben Sie mir
ein Fragment ihrer heutigen Unterhaltung
mit Jhrer Hausfrau und Deſcendenz zum
beſten, wollen ſehn, ob ich mit Jhnen ſym-
pathiſiren kann.

„Sie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0141" n="141"/>
nicht auf einen Standpunkt, &#x017F;ondern auf<lb/>
einen Zeitpunkt kalkulirt i&#x017F;t, wohl ausge-<lb/>
dacht; u&#x0364;ber das facht die Ueberzeugung<lb/>
gleichzeitiger &#x017F;ympatheti&#x017F;cher Gefu&#x0364;hle von<lb/>
Jhrem Kleeblatt zu Haus das Feuer der<lb/>
Jmagination ma&#x0364;chtig an, und dadurch wird<lb/>
mirs begreiflich, wie negative Attribute ih-<lb/>
res ha&#x0364;uslichen Glu&#x0364;cks, als Trennung und<lb/>
Abwe&#x017F;enheit, die Summe de&#x017F;&#x017F;elben eh&#x2019; meh-<lb/>
ren als mindern. &#x2014; Wenn ich Jhr Sy-<lb/>
&#x017F;tem anders recht um&#x017F;pann, &#x017F;o be&#x017F;itzen Sie<lb/>
ein empfind&#x017F;ames Herz, das in Jhrer Lage<lb/>
eine fortwa&#x0364;hrende Sto&#x0364;hrung Jhrer innren<lb/>
Zufriedenheit wu&#x0364;rde bewirket haben, wenn<lb/>
Sie nicht einen &#x017F;onderbaren Weg einge&#x017F;chla-<lb/>
gen wa&#x0364;ren, die&#x017F;e Empfind&#x017F;amkeit mehr zur<lb/>
Empfa&#x0364;nglichkeit des Vergnu&#x0364;gens als der<lb/>
Schmerzen zu bequemen. Geben Sie mir<lb/>
ein Fragment ihrer heutigen Unterhaltung<lb/>
mit Jhrer Hausfrau und De&#x017F;cendenz zum<lb/>
be&#x017F;ten, wollen &#x017F;ehn, ob ich mit Jhnen &#x017F;ym-<lb/>
pathi&#x017F;iren kann.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">&#x201E;Sie</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[141/0141] nicht auf einen Standpunkt, ſondern auf einen Zeitpunkt kalkulirt iſt, wohl ausge- dacht; uͤber das facht die Ueberzeugung gleichzeitiger ſympathetiſcher Gefuͤhle von Jhrem Kleeblatt zu Haus das Feuer der Jmagination maͤchtig an, und dadurch wird mirs begreiflich, wie negative Attribute ih- res haͤuslichen Gluͤcks, als Trennung und Abweſenheit, die Summe deſſelben eh’ meh- ren als mindern. — Wenn ich Jhr Sy- ſtem anders recht umſpann, ſo beſitzen Sie ein empfindſames Herz, das in Jhrer Lage eine fortwaͤhrende Stoͤhrung Jhrer innren Zufriedenheit wuͤrde bewirket haben, wenn Sie nicht einen ſonderbaren Weg eingeſchla- gen waͤren, dieſe Empfindſamkeit mehr zur Empfaͤnglichkeit des Vergnuͤgens als der Schmerzen zu bequemen. Geben Sie mir ein Fragment ihrer heutigen Unterhaltung mit Jhrer Hausfrau und Deſcendenz zum beſten, wollen ſehn, ob ich mit Jhnen ſym- pathiſiren kann. „Sie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/141
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/141>, abgerufen am 17.05.2024.