Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

ganz abgeschaft, die Stier' mit Kartoffeln
zu mästen, seitdem sie die Denker und schö-
nen Geister zu ihren Dudaim erwählt ha-
ben. Denn es dünkt mich ein chimischer
Mißbrauch zu seyn, diese köstlichen Erd-
frücht' in einen Rindsmagen, wie in einen
gemeinen Kochtopf zu schütten, um die öh-
lichte und erdene Substanz derselben in Fei-
stigkeit und Talg zu verwandeln, und die
feinen ätherischen Theile ohne Nutzen weg-
dunsten zu lassen, aus denen, wenn sie bey
linder Wärme des Ventrikels in einen Men-
schenschädel hinauf getrieben, und da gleich-
sam unterm Helm gefangen werden, ein
herrlicher Nervengeist gewonnen wird, der
die Seele stärkt und ihre Kräfte erhöht.

Jndem ich so in der Still' bey mir nach-
dacht', wo der innre Herzensdrang den
Waldbruder möcht' hingetrieben haben, daß
er so urplötzlich verschwunden sey, erhob
sich unter mir ein großer Lerm im Hauß.

War

ganz abgeſchaft, die Stier’ mit Kartoffeln
zu maͤſten, ſeitdem ſie die Denker und ſchoͤ-
nen Geiſter zu ihren Dudaim erwaͤhlt ha-
ben. Denn es duͤnkt mich ein chimiſcher
Mißbrauch zu ſeyn, dieſe koͤſtlichen Erd-
fruͤcht’ in einen Rindsmagen, wie in einen
gemeinen Kochtopf zu ſchuͤtten, um die oͤh-
lichte und erdene Subſtanz derſelben in Fei-
ſtigkeit und Talg zu verwandeln, und die
feinen aͤtheriſchen Theile ohne Nutzen weg-
dunſten zu laſſen, aus denen, wenn ſie bey
linder Waͤrme des Ventrikels in einen Men-
ſchenſchaͤdel hinauf getrieben, und da gleich-
ſam unterm Helm gefangen werden, ein
herrlicher Nervengeiſt gewonnen wird, der
die Seele ſtaͤrkt und ihre Kraͤfte erhoͤht.

Jndem ich ſo in der Still’ bey mir nach-
dacht’, wo der innre Herzensdrang den
Waldbruder moͤcht’ hingetrieben haben, daß
er ſo urploͤtzlich verſchwunden ſey, erhob
ſich unter mir ein großer Lerm im Hauß.

War
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0187" n="187"/>
ganz abge&#x017F;chaft, die Stier&#x2019; mit Kartoffeln<lb/>
zu ma&#x0364;&#x017F;ten, &#x017F;eitdem &#x017F;ie die Denker und &#x017F;cho&#x0364;-<lb/>
nen Gei&#x017F;ter zu ihren Dudaim erwa&#x0364;hlt ha-<lb/>
ben. Denn es du&#x0364;nkt mich ein chimi&#x017F;cher<lb/>
Mißbrauch zu &#x017F;eyn, die&#x017F;e ko&#x0364;&#x017F;tlichen Erd-<lb/>
fru&#x0364;cht&#x2019; in einen Rindsmagen, wie in einen<lb/>
gemeinen Kochtopf zu &#x017F;chu&#x0364;tten, um die o&#x0364;h-<lb/>
lichte und erdene Sub&#x017F;tanz der&#x017F;elben in Fei-<lb/>
&#x017F;tigkeit und Talg zu verwandeln, und die<lb/>
feinen a&#x0364;theri&#x017F;chen Theile ohne Nutzen weg-<lb/>
dun&#x017F;ten zu la&#x017F;&#x017F;en, aus denen, wenn &#x017F;ie bey<lb/>
linder Wa&#x0364;rme des Ventrikels in einen Men-<lb/>
&#x017F;chen&#x017F;cha&#x0364;del hinauf getrieben, und da gleich-<lb/>
&#x017F;am unterm Helm gefangen werden, ein<lb/>
herrlicher Nervengei&#x017F;t gewonnen wird, der<lb/>
die Seele &#x017F;ta&#x0364;rkt und ihre Kra&#x0364;fte erho&#x0364;ht.</p><lb/>
        <p>Jndem ich &#x017F;o in der Still&#x2019; bey mir nach-<lb/>
dacht&#x2019;, wo der innre Herzensdrang den<lb/>
Waldbruder mo&#x0364;cht&#x2019; hingetrieben haben, daß<lb/>
er &#x017F;o urplo&#x0364;tzlich ver&#x017F;chwunden &#x017F;ey, erhob<lb/>
&#x017F;ich unter mir ein großer Lerm im Hauß.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">War</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[187/0187] ganz abgeſchaft, die Stier’ mit Kartoffeln zu maͤſten, ſeitdem ſie die Denker und ſchoͤ- nen Geiſter zu ihren Dudaim erwaͤhlt ha- ben. Denn es duͤnkt mich ein chimiſcher Mißbrauch zu ſeyn, dieſe koͤſtlichen Erd- fruͤcht’ in einen Rindsmagen, wie in einen gemeinen Kochtopf zu ſchuͤtten, um die oͤh- lichte und erdene Subſtanz derſelben in Fei- ſtigkeit und Talg zu verwandeln, und die feinen aͤtheriſchen Theile ohne Nutzen weg- dunſten zu laſſen, aus denen, wenn ſie bey linder Waͤrme des Ventrikels in einen Men- ſchenſchaͤdel hinauf getrieben, und da gleich- ſam unterm Helm gefangen werden, ein herrlicher Nervengeiſt gewonnen wird, der die Seele ſtaͤrkt und ihre Kraͤfte erhoͤht. Jndem ich ſo in der Still’ bey mir nach- dacht’, wo der innre Herzensdrang den Waldbruder moͤcht’ hingetrieben haben, daß er ſo urploͤtzlich verſchwunden ſey, erhob ſich unter mir ein großer Lerm im Hauß. War

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/187
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/187>, abgerufen am 21.11.2024.