Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

sichts, obschon letztere die Zornwuth etwas
verzerrt hatte. Außerdem bemerkt' ich noch
bey dem Wirth um den Mund herum viel
ähnliches mit dem König Priamus in den
Fragmenten. Jch rief ihn beyseits, und
frug ihn um die Ursach' seines Ehezwistes.
Lieber Herr, sprach er, unser einer ist ein
gemeiner Mann, den die ganze vornehme
Welt hudelt: aber in seinen vier Pfählen
muß jeder Hausvater, der seine Steuern
und Gaben ordentlich abträgt, Herr seyn;
und das will ich auch. Dies Recht giebt
mir die Haustafel über mein Weib, Kinder
und Gesinde, die will aber meine Frau nicht
immer gelten lassen, und darüber kommen
wir manchmal zusammen.

Das geht an mehr Orten so her, sonder-
lich in bergichten Gegenden, sprach ich, da
sind die Weiber all' wild auf die Herrschaft
im Haus'. Jst mir bekannt ein Exempel
von der Stadt Blankenburg am Harz, wo

vor

ſichts, obſchon letztere die Zornwuth etwas
verzerrt hatte. Außerdem bemerkt’ ich noch
bey dem Wirth um den Mund herum viel
aͤhnliches mit dem Koͤnig Priamus in den
Fragmenten. Jch rief ihn beyſeits, und
frug ihn um die Urſach’ ſeines Ehezwiſtes.
Lieber Herr, ſprach er, unſer einer iſt ein
gemeiner Mann, den die ganze vornehme
Welt hudelt: aber in ſeinen vier Pfaͤhlen
muß jeder Hausvater, der ſeine Steuern
und Gaben ordentlich abtraͤgt, Herr ſeyn;
und das will ich auch. Dies Recht giebt
mir die Haustafel uͤber mein Weib, Kinder
und Geſinde, die will aber meine Frau nicht
immer gelten laſſen, und daruͤber kommen
wir manchmal zuſammen.

Das geht an mehr Orten ſo her, ſonder-
lich in bergichten Gegenden, ſprach ich, da
ſind die Weiber all’ wild auf die Herrſchaft
im Hauſ’. Jſt mir bekannt ein Exempel
von der Stadt Blankenburg am Harz, wo

vor
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0190" n="190"/>
&#x017F;ichts, ob&#x017F;chon letztere die Zornwuth etwas<lb/>
verzerrt hatte. Außerdem bemerkt&#x2019; ich noch<lb/>
bey dem Wirth um den Mund herum viel<lb/>
a&#x0364;hnliches mit dem Ko&#x0364;nig Priamus in den<lb/>
Fragmenten. Jch rief ihn bey&#x017F;eits, und<lb/>
frug ihn um die Ur&#x017F;ach&#x2019; &#x017F;eines Ehezwi&#x017F;tes.<lb/>
Lieber Herr, &#x017F;prach er, un&#x017F;er einer i&#x017F;t ein<lb/>
gemeiner Mann, den die ganze vornehme<lb/>
Welt hudelt: aber in &#x017F;einen vier Pfa&#x0364;hlen<lb/>
muß jeder Hausvater, der &#x017F;eine Steuern<lb/>
und Gaben ordentlich abtra&#x0364;gt, Herr &#x017F;eyn;<lb/>
und das will ich auch. Dies Recht giebt<lb/>
mir die Haustafel u&#x0364;ber mein Weib, Kinder<lb/>
und Ge&#x017F;inde, die will aber meine Frau nicht<lb/>
immer gelten la&#x017F;&#x017F;en, und daru&#x0364;ber kommen<lb/>
wir manchmal zu&#x017F;ammen.</p><lb/>
        <p>Das geht an mehr Orten &#x017F;o her, &#x017F;onder-<lb/>
lich in bergichten Gegenden, &#x017F;prach ich, da<lb/>
&#x017F;ind die Weiber all&#x2019; wild auf die Herr&#x017F;chaft<lb/>
im Hau&#x017F;&#x2019;. J&#x017F;t mir bekannt ein Exempel<lb/>
von der Stadt Blankenburg am Harz, wo<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">vor</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[190/0190] ſichts, obſchon letztere die Zornwuth etwas verzerrt hatte. Außerdem bemerkt’ ich noch bey dem Wirth um den Mund herum viel aͤhnliches mit dem Koͤnig Priamus in den Fragmenten. Jch rief ihn beyſeits, und frug ihn um die Urſach’ ſeines Ehezwiſtes. Lieber Herr, ſprach er, unſer einer iſt ein gemeiner Mann, den die ganze vornehme Welt hudelt: aber in ſeinen vier Pfaͤhlen muß jeder Hausvater, der ſeine Steuern und Gaben ordentlich abtraͤgt, Herr ſeyn; und das will ich auch. Dies Recht giebt mir die Haustafel uͤber mein Weib, Kinder und Geſinde, die will aber meine Frau nicht immer gelten laſſen, und daruͤber kommen wir manchmal zuſammen. Das geht an mehr Orten ſo her, ſonder- lich in bergichten Gegenden, ſprach ich, da ſind die Weiber all’ wild auf die Herrſchaft im Hauſ’. Jſt mir bekannt ein Exempel von der Stadt Blankenburg am Harz, wo vor

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/190
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/190>, abgerufen am 21.11.2024.