Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

braunen von starken gedrängten Haaren;
nicht Augbraunen, die nah auf den Augen
liegen, keine scharf verbissenen Lippen;
keine braune, lederartige, trockne, schwer-
bewegliche, gleichgespannte Haut; keinen
oben flachen Schädel, auch kein perpendi-
kuläres Hinterhaupt, wenn anders der Um-
fang der Peruck, den ich hier auf Treu und
Glauben annahm, nicht eine erdichtete Ge-
stalt vorlog, und ausgepolstert war, wie
die Dünnbewadeten ihre magern Stelzen
auspolstern und hinter Wadenkommissarien
zu verstecken pflegen. Aber die wellenar-
tige Oberfläche des ganzen Gesichts floß
dergestalt in einander, wie die Oberfläch'
eines stehenden Sees, welche der Wind man-
nichfaltig kräuselt, daß es das Auge wahr-
nehmen, der Beobachter aber die kleinen
Wellen nicht zählen, oder sie genau von
einander unterscheiden kann.

Nach

braunen von ſtarken gedraͤngten Haaren;
nicht Augbraunen, die nah auf den Augen
liegen, keine ſcharf verbiſſenen Lippen;
keine braune, lederartige, trockne, ſchwer-
bewegliche, gleichgeſpannte Haut; keinen
oben flachen Schaͤdel, auch kein perpendi-
kulaͤres Hinterhaupt, wenn anders der Um-
fang der Peruck, den ich hier auf Treu und
Glauben annahm, nicht eine erdichtete Ge-
ſtalt vorlog, und ausgepolſtert war, wie
die Duͤnnbewadeten ihre magern Stelzen
auspolſtern und hinter Wadenkommiſſarien
zu verſtecken pflegen. Aber die wellenar-
tige Oberflaͤche des ganzen Geſichts floß
dergeſtalt in einander, wie die Oberflaͤch’
eines ſtehenden Sees, welche der Wind man-
nichfaltig kraͤuſelt, daß es das Auge wahr-
nehmen, der Beobachter aber die kleinen
Wellen nicht zaͤhlen, oder ſie genau von
einander unterſcheiden kann.

Nach
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0052" n="52"/>
braunen von &#x017F;tarken gedra&#x0364;ngten Haaren;<lb/>
nicht Augbraunen, die nah auf den Augen<lb/>
liegen, keine &#x017F;charf verbi&#x017F;&#x017F;enen Lippen;<lb/>
keine braune, lederartige, trockne, &#x017F;chwer-<lb/>
bewegliche, gleichge&#x017F;pannte Haut; keinen<lb/>
oben flachen Scha&#x0364;del, auch kein perpendi-<lb/>
kula&#x0364;res Hinterhaupt, wenn anders der Um-<lb/>
fang der Peruck, den ich hier auf Treu und<lb/>
Glauben annahm, nicht eine erdichtete Ge-<lb/>
&#x017F;talt vorlog, und ausgepol&#x017F;tert war, wie<lb/>
die Du&#x0364;nnbewadeten ihre magern Stelzen<lb/>
auspol&#x017F;tern und hinter Wadenkommi&#x017F;&#x017F;arien<lb/>
zu ver&#x017F;tecken pflegen. Aber die wellenar-<lb/>
tige Oberfla&#x0364;che des ganzen Ge&#x017F;ichts floß<lb/>
derge&#x017F;talt in einander, wie die Oberfla&#x0364;ch&#x2019;<lb/>
eines &#x017F;tehenden Sees, welche der Wind man-<lb/>
nichfaltig kra&#x0364;u&#x017F;elt, daß es das Auge wahr-<lb/>
nehmen, der Beobachter aber die kleinen<lb/>
Wellen nicht za&#x0364;hlen, oder &#x017F;ie genau von<lb/>
einander unter&#x017F;cheiden kann.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Nach</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[52/0052] braunen von ſtarken gedraͤngten Haaren; nicht Augbraunen, die nah auf den Augen liegen, keine ſcharf verbiſſenen Lippen; keine braune, lederartige, trockne, ſchwer- bewegliche, gleichgeſpannte Haut; keinen oben flachen Schaͤdel, auch kein perpendi- kulaͤres Hinterhaupt, wenn anders der Um- fang der Peruck, den ich hier auf Treu und Glauben annahm, nicht eine erdichtete Ge- ſtalt vorlog, und ausgepolſtert war, wie die Duͤnnbewadeten ihre magern Stelzen auspolſtern und hinter Wadenkommiſſarien zu verſtecken pflegen. Aber die wellenar- tige Oberflaͤche des ganzen Geſichts floß dergeſtalt in einander, wie die Oberflaͤch’ eines ſtehenden Sees, welche der Wind man- nichfaltig kraͤuſelt, daß es das Auge wahr- nehmen, der Beobachter aber die kleinen Wellen nicht zaͤhlen, oder ſie genau von einander unterſcheiden kann. Nach

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/52
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/52>, abgerufen am 21.05.2024.