Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

kann, die kein Gesunder träumt; über die
natürliche Ursache derselben, die jedem in
die Augen fällt, aber geflissentlich hinweg-
sieht. So liegt zum Beyspiel die Ursache
des Klopstockischen Pfeifenschwunges höchst-
wahrscheinlich nicht in dem Gefühl: ich bin
Klopstock; wahrlich! da wär mir der Mann
lächerlich und verächtlich, wenn er seine
Tobackspfeife, oder gar die Nachtmütze
zum Herold seines Ruhms brauchte, so
eine ausgesuchte Thorheit könnte keine Mes-
siade wieder gut machen. Ganz natürlich
liegt der Grund hiervon in der Beschaffen-
heit des Tobacks, wenn dieser zu feucht
ist und schlecht brennt; oder in der Me-
thode ihn zu rauchen, wenn er zu sparsam
den Rauch in den Mund zieht, und be-
fürchtet, die Pfeife möchte verlöschen, so
erhebt er sie, nach der bekannten Theorie
der Schmaucher, etwas über die Horizon-
tallinie und thut etliche Züge schnell hinter

ein-

kann, die kein Geſunder traͤumt; uͤber die
natuͤrliche Urſache derſelben, die jedem in
die Augen faͤllt, aber gefliſſentlich hinweg-
ſieht. So liegt zum Beyſpiel die Urſache
des Klopſtockiſchen Pfeifenſchwunges hoͤchſt-
wahrſcheinlich nicht in dem Gefuͤhl: ich bin
Klopſtock; wahrlich! da waͤr mir der Mann
laͤcherlich und veraͤchtlich, wenn er ſeine
Tobackspfeife, oder gar die Nachtmuͤtze
zum Herold ſeines Ruhms brauchte, ſo
eine ausgeſuchte Thorheit koͤnnte keine Meſ-
ſiade wieder gut machen. Ganz natuͤrlich
liegt der Grund hiervon in der Beſchaffen-
heit des Tobacks, wenn dieſer zu feucht
iſt und ſchlecht brennt; oder in der Me-
thode ihn zu rauchen, wenn er zu ſparſam
den Rauch in den Mund zieht, und be-
fuͤrchtet, die Pfeife moͤchte verloͤſchen, ſo
erhebt er ſie, nach der bekannten Theorie
der Schmaucher, etwas uͤber die Horizon-
tallinie und thut etliche Zuͤge ſchnell hinter

ein-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0074" n="74"/>
kann, die kein Ge&#x017F;under tra&#x0364;umt; u&#x0364;ber die<lb/>
natu&#x0364;rliche Ur&#x017F;ache der&#x017F;elben, die jedem in<lb/>
die Augen fa&#x0364;llt, aber gefli&#x017F;&#x017F;entlich hinweg-<lb/>
&#x017F;ieht. So liegt zum Bey&#x017F;piel die Ur&#x017F;ache<lb/>
des Klop&#x017F;tocki&#x017F;chen Pfeifen&#x017F;chwunges ho&#x0364;ch&#x017F;t-<lb/>
wahr&#x017F;cheinlich nicht in dem Gefu&#x0364;hl: ich bin<lb/>
Klop&#x017F;tock; wahrlich! da wa&#x0364;r mir der Mann<lb/>
la&#x0364;cherlich und vera&#x0364;chtlich, wenn er &#x017F;eine<lb/>
Tobackspfeife, oder gar die Nachtmu&#x0364;tze<lb/>
zum Herold &#x017F;eines Ruhms brauchte, &#x017F;o<lb/>
eine ausge&#x017F;uchte Thorheit ko&#x0364;nnte keine Me&#x017F;-<lb/>
&#x017F;iade wieder gut machen. Ganz natu&#x0364;rlich<lb/>
liegt der Grund hiervon in der Be&#x017F;chaffen-<lb/>
heit des Tobacks, wenn die&#x017F;er zu feucht<lb/>
i&#x017F;t und &#x017F;chlecht brennt; oder in der Me-<lb/>
thode ihn zu rauchen, wenn er zu &#x017F;par&#x017F;am<lb/>
den Rauch in den Mund zieht, und be-<lb/>
fu&#x0364;rchtet, die Pfeife mo&#x0364;chte verlo&#x0364;&#x017F;chen, &#x017F;o<lb/>
erhebt er &#x017F;ie, nach der bekannten Theorie<lb/>
der Schmaucher, etwas u&#x0364;ber die Horizon-<lb/>
tallinie und thut etliche Zu&#x0364;ge &#x017F;chnell hinter<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ein-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[74/0074] kann, die kein Geſunder traͤumt; uͤber die natuͤrliche Urſache derſelben, die jedem in die Augen faͤllt, aber gefliſſentlich hinweg- ſieht. So liegt zum Beyſpiel die Urſache des Klopſtockiſchen Pfeifenſchwunges hoͤchſt- wahrſcheinlich nicht in dem Gefuͤhl: ich bin Klopſtock; wahrlich! da waͤr mir der Mann laͤcherlich und veraͤchtlich, wenn er ſeine Tobackspfeife, oder gar die Nachtmuͤtze zum Herold ſeines Ruhms brauchte, ſo eine ausgeſuchte Thorheit koͤnnte keine Meſ- ſiade wieder gut machen. Ganz natuͤrlich liegt der Grund hiervon in der Beſchaffen- heit des Tobacks, wenn dieſer zu feucht iſt und ſchlecht brennt; oder in der Me- thode ihn zu rauchen, wenn er zu ſparſam den Rauch in den Mund zieht, und be- fuͤrchtet, die Pfeife moͤchte verloͤſchen, ſo erhebt er ſie, nach der bekannten Theorie der Schmaucher, etwas uͤber die Horizon- tallinie und thut etliche Zuͤge ſchnell hinter ein-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/74
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/74>, abgerufen am 21.05.2024.