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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779.

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verfaßt, die Schriftforscher damit zu hetzen.
Da kommt bald der und spricht, es sey ein
dichter allegorischer Schleyer, den der Se-
her Salomo, der Braut, welche sey die
Kirch des neuen Bundes, übers Gesicht
geworfen, damit sie durch ihre Reize die
Altväter nicht über die Gebühr entzücken,
und ihnen ihre Liturgie verleiden möcht.
Bald tritt ein Andrer auf, lehrt die Alle-
gorie sey Hirngespinst, das Lied sey nichts,
als ein Hochzeitkarmen, das sich der Dich-
ter selbst, als er der Tochter Pharao den
Gürtel lößt', gesungen hab. Oder es sey
ein ordinär Minnelied, oder ein Drama
per Musica, oder die älteste Urkunde der
Physiognomik, welcher Meinung der Rek-
tor Brunold in meiner Heimath ist; denn
die Teiche zu Hesbon, die wachsenden Würz-
gärtlein der Apotheker, die Rehzwillinge,
der Thurm auf Libanon, der gen Damaskon
siehet, und dergleichen mehr, seyen doch of-

fenbar

verfaßt, die Schriftforſcher damit zu hetzen.
Da kommt bald der und ſpricht, es ſey ein
dichter allegoriſcher Schleyer, den der Se-
her Salomo, der Braut, welche ſey die
Kirch des neuen Bundes, uͤbers Geſicht
geworfen, damit ſie durch ihre Reize die
Altvaͤter nicht uͤber die Gebuͤhr entzuͤcken,
und ihnen ihre Liturgie verleiden moͤcht.
Bald tritt ein Andrer auf, lehrt die Alle-
gorie ſey Hirngeſpinſt, das Lied ſey nichts,
als ein Hochzeitkarmen, das ſich der Dich-
ter ſelbſt, als er der Tochter Pharao den
Guͤrtel loͤßt’, geſungen hab. Oder es ſey
ein ordinaͤr Minnelied, oder ein Drama
per Muſica, oder die aͤlteſte Urkunde der
Phyſiognomik, welcher Meinung der Rek-
tor Brunold in meiner Heimath iſt; denn
die Teiche zu Hesbon, die wachſenden Wuͤrz-
gaͤrtlein der Apotheker, die Rehzwillinge,
der Thurm auf Libanon, der gen Damaſkon
ſiehet, und dergleichen mehr, ſeyen doch of-

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[84/0084] verfaßt, die Schriftforſcher damit zu hetzen. Da kommt bald der und ſpricht, es ſey ein dichter allegoriſcher Schleyer, den der Se- her Salomo, der Braut, welche ſey die Kirch des neuen Bundes, uͤbers Geſicht geworfen, damit ſie durch ihre Reize die Altvaͤter nicht uͤber die Gebuͤhr entzuͤcken, und ihnen ihre Liturgie verleiden moͤcht. Bald tritt ein Andrer auf, lehrt die Alle- gorie ſey Hirngeſpinſt, das Lied ſey nichts, als ein Hochzeitkarmen, das ſich der Dich- ter ſelbſt, als er der Tochter Pharao den Guͤrtel loͤßt’, geſungen hab. Oder es ſey ein ordinaͤr Minnelied, oder ein Drama per Muſica, oder die aͤlteſte Urkunde der Phyſiognomik, welcher Meinung der Rek- tor Brunold in meiner Heimath iſt; denn die Teiche zu Hesbon, die wachſenden Wuͤrz- gaͤrtlein der Apotheker, die Rehzwillinge, der Thurm auf Libanon, der gen Damaſkon ſiehet, und dergleichen mehr, ſeyen doch of- fenbar

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779/84>, abgerufen am 24.11.2024.