Nathusius, Marie: Die Kammerjungfer. Eine Stadtgeschichte. Halle (Saale), 1851.leben und die vornehme Dame spielen. Die Mahagoni- Als Günther nach einigen Stunden wieder zum Fritz Buchstein ging im Garten auf und ab. Die leben und die vornehme Dame ſpielen. Die Mahagoni- Als Günther nach einigen Stunden wieder zum Fritz Buchſtein ging im Garten auf und ab. Die <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0101" n="95"/> leben und die vornehme Dame ſpielen. Die Mahagoni-<lb/> Meubel, der Sopha-Teppich, die gewirkte Tiſchdecke,<lb/> die Blumenvaſen, die goldgerahmten Bilder, ſie hätte<lb/> ſich nie eine ſchönere Wohnung träumen können, —<lb/> und doch war ſie nicht befriedigt und das war ihr ſo<lb/> unerträglich, ſie hätte weinen können. In dieſer Un¬<lb/> luſt an der ganzen Welt griff ſie zu einem Roman,<lb/> der auf dem Arbeitstiſch lag und aus ihrer Stube im<lb/> Hotel mit herüber gewandert war, und ſuchte ſich we¬<lb/> nigſtens zu zerſtreuen.</p><lb/> <p>Als Günther nach einigen Stunden wieder zum<lb/> Vorſchein kam, murrete er etwas, noch Alles ſo in<lb/> Unordnung zu finden. In ſeinem Kellner-Eifer räumte<lb/> er ſelbſt gleich Flaſchen und Gläſer bei Seite. Klär¬<lb/> chen verſicherte, im höchſten Grade angegriffen zu ſein,<lb/> und ſein böſes Gewiſſen hieß ihn ſchweigen, aber der<lb/> eheliche Himmel hing nicht ganz voller Geigen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Fritz Buchſtein ging im Garten auf und ab. Die<lb/> Sonne warf ihre letzten Strahlen nur noch an das<lb/> blaue Schieferdach des Kirchthurmes, aber herrliches<lb/> Abendroth, wie es den Herbſtabenden eigen, flammete<lb/> über der Scheuer hinauf. Zwiſchen gelbem Laub und<lb/> verkommenen Zweigen blühten noch allerhand liebliche<lb/> Blumen, die Pflaumen hingen blau an den Bäumen,<lb/> Aepfel- und Birnenbäume ſenkten die ſchweren Zweige<lb/> und ſahen der Ernte entgegen, auf dem Nachbarshofe<lb/> ward ein Fuder Kartoffeln in den Keller geladen, und<lb/> Kinder hockten im Garten um ein Häufchen Kartoffel¬<lb/> ſtroh, deſſen blauer Rauch über die Nachbarsgärten hin¬<lb/></p> </body> </text> </TEI> [95/0101]
leben und die vornehme Dame ſpielen. Die Mahagoni-
Meubel, der Sopha-Teppich, die gewirkte Tiſchdecke,
die Blumenvaſen, die goldgerahmten Bilder, ſie hätte
ſich nie eine ſchönere Wohnung träumen können, —
und doch war ſie nicht befriedigt und das war ihr ſo
unerträglich, ſie hätte weinen können. In dieſer Un¬
luſt an der ganzen Welt griff ſie zu einem Roman,
der auf dem Arbeitstiſch lag und aus ihrer Stube im
Hotel mit herüber gewandert war, und ſuchte ſich we¬
nigſtens zu zerſtreuen.
Als Günther nach einigen Stunden wieder zum
Vorſchein kam, murrete er etwas, noch Alles ſo in
Unordnung zu finden. In ſeinem Kellner-Eifer räumte
er ſelbſt gleich Flaſchen und Gläſer bei Seite. Klär¬
chen verſicherte, im höchſten Grade angegriffen zu ſein,
und ſein böſes Gewiſſen hieß ihn ſchweigen, aber der
eheliche Himmel hing nicht ganz voller Geigen.
Fritz Buchſtein ging im Garten auf und ab. Die
Sonne warf ihre letzten Strahlen nur noch an das
blaue Schieferdach des Kirchthurmes, aber herrliches
Abendroth, wie es den Herbſtabenden eigen, flammete
über der Scheuer hinauf. Zwiſchen gelbem Laub und
verkommenen Zweigen blühten noch allerhand liebliche
Blumen, die Pflaumen hingen blau an den Bäumen,
Aepfel- und Birnenbäume ſenkten die ſchweren Zweige
und ſahen der Ernte entgegen, auf dem Nachbarshofe
ward ein Fuder Kartoffeln in den Keller geladen, und
Kinder hockten im Garten um ein Häufchen Kartoffel¬
ſtroh, deſſen blauer Rauch über die Nachbarsgärten hin¬
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