Nathusius, Marie: Die Kammerjungfer. Eine Stadtgeschichte. Halle (Saale), 1851.hing an ihren Blicken, sie hatte nur über ihn zu be¬ hing an ihren Blicken, ſie hatte nur über ihn zu be¬ <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0070" n="64"/> hing an ihren Blicken, ſie hatte nur über ihn zu be¬<lb/> ſtimmen! — Als der Sohn der Generalin ſie damals<lb/> ſo plötzlich aufgegeben, war ſie — wie ſchon erzählt —<lb/> ſehr unglücklich, doch nicht lange. Sie ſah ſich bald<lb/> nach Troſt um, ihr Herz war einmal des leichtfertigen<lb/> Spiels gewohnt, es konnte jetzt nicht mehr ohne daſ¬<lb/> ſelbe beſtehen. In dieſer Stimmung traf ſie der erſte<lb/> Brief des Grafen Bründel. Mit Entzücken ward die<lb/> Sache angeknüpft, ihr heißes Herz war lange nicht<lb/> ſo ſpröde, als mit dem Mediziner, ſie meinte es dies¬<lb/> mal auf eine andere Weiſe verſuchen zu müſſen, und<lb/> hatte die feſte Ueberzeugung, es könne ihr diesmal<lb/> nicht fehlen. Vier Wochen waren im ſüßen Taumel<lb/> vergangen. Frau Krauter machte ſich kein Gewiſſen<lb/> daraus, die Zuſammenkünfte der jungen Leute zu be¬<lb/> günſtigen. Der Graf hatte meiſtens eine volle Börſe,<lb/> und ſie führte ein herrliches Leben dabei. Er hatte<lb/> auch verſprochen, ſich mit Klärchen trauen zu laſſen,<lb/> und Mutter und Tochter glaubten daran; ja, Klärchens<lb/> Klugheit war dem Sinnenrauſche ganz gewichen. Sie<lb/> dachte nicht an die Zukunft, ſie wollte nicht an die<lb/> Zukunft denken, die Gegenwart war zu ſüß. Im<lb/> Theater war ſie öfters geweſen, und in künftiger<lb/> Woche wollte der Graf ſie auf eine Redoute im Thea¬<lb/> terlokale führen. Das war der Höhepunkt alles Ver¬<lb/> gnügens. Seit vierzehn Tagen ſtudirte Klärchen in allen<lb/> Modeblättern und durchſtöberte Läden, wo Masken¬<lb/> anzüge verliehen wurden. Endlich hatte ſie ſich für<lb/> eine Diana entſchieden, aber unbedingt mußte dazu<lb/> ein grüner Sammetüberwurf angeſchafft werden, der<lb/> eigens ihrer ſchlanken Geſtalt angemeſſen war. Woher<lb/></p> </body> </text> </TEI> [64/0070]
hing an ihren Blicken, ſie hatte nur über ihn zu be¬
ſtimmen! — Als der Sohn der Generalin ſie damals
ſo plötzlich aufgegeben, war ſie — wie ſchon erzählt —
ſehr unglücklich, doch nicht lange. Sie ſah ſich bald
nach Troſt um, ihr Herz war einmal des leichtfertigen
Spiels gewohnt, es konnte jetzt nicht mehr ohne daſ¬
ſelbe beſtehen. In dieſer Stimmung traf ſie der erſte
Brief des Grafen Bründel. Mit Entzücken ward die
Sache angeknüpft, ihr heißes Herz war lange nicht
ſo ſpröde, als mit dem Mediziner, ſie meinte es dies¬
mal auf eine andere Weiſe verſuchen zu müſſen, und
hatte die feſte Ueberzeugung, es könne ihr diesmal
nicht fehlen. Vier Wochen waren im ſüßen Taumel
vergangen. Frau Krauter machte ſich kein Gewiſſen
daraus, die Zuſammenkünfte der jungen Leute zu be¬
günſtigen. Der Graf hatte meiſtens eine volle Börſe,
und ſie führte ein herrliches Leben dabei. Er hatte
auch verſprochen, ſich mit Klärchen trauen zu laſſen,
und Mutter und Tochter glaubten daran; ja, Klärchens
Klugheit war dem Sinnenrauſche ganz gewichen. Sie
dachte nicht an die Zukunft, ſie wollte nicht an die
Zukunft denken, die Gegenwart war zu ſüß. Im
Theater war ſie öfters geweſen, und in künftiger
Woche wollte der Graf ſie auf eine Redoute im Thea¬
terlokale führen. Das war der Höhepunkt alles Ver¬
gnügens. Seit vierzehn Tagen ſtudirte Klärchen in allen
Modeblättern und durchſtöberte Läden, wo Masken¬
anzüge verliehen wurden. Endlich hatte ſie ſich für
eine Diana entſchieden, aber unbedingt mußte dazu
ein grüner Sammetüberwurf angeſchafft werden, der
eigens ihrer ſchlanken Geſtalt angemeſſen war. Woher
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