Nathusius, Marie: Die Kammerjungfer. Eine Stadtgeschichte. Halle (Saale), 1851.Sie aber wahrscheinlich zu schwach sind, schloß sie Dies Letzte brachte Klärchen fast zur Verzweiflung, Du kommst wie ein Engel des Himmels, sagte Ist nicht nöthig, schmunzelte die Mutter, ich O Gott, stammelte Klärchen, so wäre es gar Sie aber wahrſcheinlich zu ſchwach ſind, ſchloß ſie Dies Letzte brachte Klärchen faſt zur Verzweiflung, Du kommſt wie ein Engel des Himmels, ſagte Iſt nicht nöthig, ſchmunzelte die Mutter, ich O Gott, ſtammelte Klärchen, ſo wäre es gar <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0076" n="70"/> Sie aber wahrſcheinlich zu ſchwach ſind, ſchloß ſie<lb/> dieſe Unterredung, das Verhältniß mit dem Grafen<lb/> aufzulöſen, ſoll das von ſeiner Seite geſchehen; er<lb/> ſoll es erfahren, wohin ſein Leichtſinn ein armes un¬<lb/> glückliches Mädchen gebracht hat, er ſoll es erfahren,<lb/> daß er Sie zur Diebin machte.</p><lb/> <p>Dies Letzte brachte Klärchen faſt zur Verzweiflung,<lb/> ſie flehte, ſie bat, — aber vergebens, die Generalin<lb/> blieb bei ihrem Vorſatz, und Klärchen mußte endlich<lb/> das Zimmer verlaſſen. Ihr Erſtes war nun, ſelbſt an<lb/> den Grafen zu ſchreiben; ſie ſchilderte ihr Unglück,<lb/> ihre Liebe, ihre Verzweiflung, wenn er ſie verließe.<lb/> Sie benetzte den Brief mit Thränen, daß die Schrift<lb/> kaum zu leſen war, und gerade als ſie ihn geſiegelt<lb/> hatte, trat ihre Mutter ein.</p><lb/> <p>Du kommſt wie ein Engel des Himmels, ſagte<lb/> Klärchen, Du mußt ſchnell den Brief zum Grafen<lb/> tragen.</p><lb/> <p>Iſt nicht nöthig, ſchmunzelte die Mutter, ich<lb/> habe das Geld ſchon.</p><lb/> <p>O Gott, ſtammelte Klärchen, ſo wäre es gar<lb/> nicht nöthig geweſen! Sie bedeckte das Geſicht mit<lb/> beiden Händen und weinte heftig. Hätte ſie doch nur<lb/> noch eine Stunde gewartet, ſo wäre das Unglück nicht<lb/> über ſie gekommen! Die Mutter war außer ſich über<lb/> den Schmerz der Tochter, ſie forſchte, ſie tröſtete, ſie<lb/> erzählte, wie ſie geſtern Abend noch ſpät zum Grafen<lb/> gelaufen, wie ſie ihn auch da nicht gefunden, wie ſie<lb/> ihn aber heut früh im Bette getroffen, und er das<lb/> Geld habe herausrücken müſſen. Er brummte freilich<lb/></p> </body> </text> </TEI> [70/0076]
Sie aber wahrſcheinlich zu ſchwach ſind, ſchloß ſie
dieſe Unterredung, das Verhältniß mit dem Grafen
aufzulöſen, ſoll das von ſeiner Seite geſchehen; er
ſoll es erfahren, wohin ſein Leichtſinn ein armes un¬
glückliches Mädchen gebracht hat, er ſoll es erfahren,
daß er Sie zur Diebin machte.
Dies Letzte brachte Klärchen faſt zur Verzweiflung,
ſie flehte, ſie bat, — aber vergebens, die Generalin
blieb bei ihrem Vorſatz, und Klärchen mußte endlich
das Zimmer verlaſſen. Ihr Erſtes war nun, ſelbſt an
den Grafen zu ſchreiben; ſie ſchilderte ihr Unglück,
ihre Liebe, ihre Verzweiflung, wenn er ſie verließe.
Sie benetzte den Brief mit Thränen, daß die Schrift
kaum zu leſen war, und gerade als ſie ihn geſiegelt
hatte, trat ihre Mutter ein.
Du kommſt wie ein Engel des Himmels, ſagte
Klärchen, Du mußt ſchnell den Brief zum Grafen
tragen.
Iſt nicht nöthig, ſchmunzelte die Mutter, ich
habe das Geld ſchon.
O Gott, ſtammelte Klärchen, ſo wäre es gar
nicht nöthig geweſen! Sie bedeckte das Geſicht mit
beiden Händen und weinte heftig. Hätte ſie doch nur
noch eine Stunde gewartet, ſo wäre das Unglück nicht
über ſie gekommen! Die Mutter war außer ſich über
den Schmerz der Tochter, ſie forſchte, ſie tröſtete, ſie
erzählte, wie ſie geſtern Abend noch ſpät zum Grafen
gelaufen, wie ſie ihn auch da nicht gefunden, wie ſie
ihn aber heut früh im Bette getroffen, und er das
Geld habe herausrücken müſſen. Er brummte freilich
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