kommen konnte. Sein Bestreben, das beziehungslose Ausser- einander der seelischen Vermögen zu überwinden, verdient dennoch Anerkennung und Nachfolge; und auch die allgemeine Richtung, in der er die psychologische Vermittlung zwischen theoretischem und praktischem Bewusstsein suchte, ist unver- werflich. Verfehlt ist erstens, dass dem Vorstellen ein Streben zwar zu Grunde gelegt wird, welches aber als solches in keiner Weise zum Bewusstsein kommen soll, sondern vom Psychologen lediglich erschlossen, ja metaphysisch konstruiert wird, daher, sobald man diese Konstruktion nicht mitmachen kann, erschlichen scheinen muss. Und sodann wird von ihm wohl verkannt, dass eine bestimmte, letzten Grundes ein- stimmige Richtung dem Vorstellen, gerade sofern es Streben sein soll, innewohnen oder doch möglich sein muss. Es ist die ganze unhaltbare Atomisierung der Vorstellungen, welche Herbart diese in der Psychologie vielseitig aufklärende Einsicht verschlossen hat. Dass aber jene Grundrichtung keine andre als die der Einheit, der Uebereinstimmung selbst, im theoretischen wie praktischen Sinne, sein kann und thatsäch- lich ist, darf wohl als das Reinergebnis der ganzen bis hier- her geführten Untersuchung fortan zu Grund gelegt werden.
Aus der nachgewiesenen engen Einheit des theoretischen und praktischen Bewusstseins glauben wir nun auch zu ver- stehen, weshalb der Wille geradezu als Erzeuger der Er- fahrung aufgefasst werden kann; so bei Fichte, und anders bei Schopenhauer oder Wundt. Wir können darin nur eine falsche Objektivierung jenes thatsächlich im Aufbau der Er- fahrung und zwar durchweg wirkenden Momentes der Tendenz erkennen. Ein durchgängiger Zusammenhang zwischen Er- fahrung und Willensthätigkeit oder dem, was den Keim zu dieser in sich trägt, besteht unzweifelhaft; er ist aber zu suchen in einer letzten wurzelhaften Einheit des theoretischen und praktischen Bewusstseins, d. h. er ist zentral, nicht peripherisch zu begründen. Indem wir uns selbst als Mit- arbeiter an der Gestaltung der Erfahrungswelt, mithin das Werk ihres Aufbaues als Ergebnis in uns mächtiger Tendenzen empfinden, erfüllt sich uns zugleich der Inhalt der Erfahrung,
kommen konnte. Sein Bestreben, das beziehungslose Ausser- einander der seelischen Vermögen zu überwinden, verdient dennoch Anerkennung und Nachfolge; und auch die allgemeine Richtung, in der er die psychologische Vermittlung zwischen theoretischem und praktischem Bewusstsein suchte, ist unver- werflich. Verfehlt ist erstens, dass dem Vorstellen ein Streben zwar zu Grunde gelegt wird, welches aber als solches in keiner Weise zum Bewusstsein kommen soll, sondern vom Psychologen lediglich erschlossen, ja metaphysisch konstruiert wird, daher, sobald man diese Konstruktion nicht mitmachen kann, erschlichen scheinen muss. Und sodann wird von ihm wohl verkannt, dass eine bestimmte, letzten Grundes ein- stimmige Richtung dem Vorstellen, gerade sofern es Streben sein soll, innewohnen oder doch möglich sein muss. Es ist die ganze unhaltbare Atomisierung der Vorstellungen, welche Herbart diese in der Psychologie vielseitig aufklärende Einsicht verschlossen hat. Dass aber jene Grundrichtung keine andre als die der Einheit, der Uebereinstimmung selbst, im theoretischen wie praktischen Sinne, sein kann und thatsäch- lich ist, darf wohl als das Reinergebnis der ganzen bis hier- her geführten Untersuchung fortan zu Grund gelegt werden.
Aus der nachgewiesenen engen Einheit des theoretischen und praktischen Bewusstseins glauben wir nun auch zu ver- stehen, weshalb der Wille geradezu als Erzeuger der Er- fahrung aufgefasst werden kann; so bei Fichte, und anders bei Schopenhauer oder Wundt. Wir können darin nur eine falsche Objektivierung jenes thatsächlich im Aufbau der Er- fahrung und zwar durchweg wirkenden Momentes der Tendenz erkennen. Ein durchgängiger Zusammenhang zwischen Er- fahrung und Willensthätigkeit oder dem, was den Keim zu dieser in sich trägt, besteht unzweifelhaft; er ist aber zu suchen in einer letzten wurzelhaften Einheit des theoretischen und praktischen Bewusstseins, d. h. er ist zentral, nicht peripherisch zu begründen. Indem wir uns selbst als Mit- arbeiter an der Gestaltung der Erfahrungswelt, mithin das Werk ihres Aufbaues als Ergebnis in uns mächtiger Tendenzen empfinden, erfüllt sich uns zugleich der Inhalt der Erfahrung,
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kommen konnte. Sein Bestreben, das beziehungslose Ausser-
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Richtung, in der er die psychologische Vermittlung zwischen
theoretischem und praktischem Bewusstsein suchte, ist unver-
werflich. Verfehlt ist erstens, dass dem Vorstellen ein Streben
zwar zu Grunde gelegt wird, welches aber als solches in
keiner Weise zum Bewusstsein kommen soll, sondern vom
Psychologen lediglich erschlossen, ja metaphysisch konstruiert
wird, daher, sobald man diese Konstruktion nicht mitmachen
kann, erschlichen scheinen muss. Und sodann wird von ihm
wohl verkannt, dass eine bestimmte, letzten Grundes ein-
stimmige Richtung dem Vorstellen, gerade sofern es
Streben sein soll, innewohnen oder doch möglich sein muss.
Es ist die ganze unhaltbare Atomisierung der Vorstellungen,
welche Herbart diese in der Psychologie vielseitig aufklärende
Einsicht verschlossen hat. Dass aber jene Grundrichtung keine
andre als die der Einheit, der Uebereinstimmung selbst, im
theoretischen wie praktischen Sinne, sein kann und thatsäch-
lich ist, darf wohl als das Reinergebnis der ganzen bis hier-
her geführten Untersuchung fortan zu Grund gelegt werden.
Aus der nachgewiesenen engen Einheit des theoretischen
und praktischen Bewusstseins glauben wir nun auch zu ver-
stehen, weshalb der Wille geradezu als Erzeuger der Er-
fahrung aufgefasst werden kann; so bei Fichte, und anders
bei Schopenhauer oder Wundt. Wir können darin nur eine
falsche Objektivierung jenes thatsächlich im Aufbau der Er-
fahrung und zwar durchweg wirkenden Momentes der Tendenz
erkennen. Ein durchgängiger Zusammenhang zwischen Er-
fahrung und Willensthätigkeit oder dem, was den Keim zu
dieser in sich trägt, besteht unzweifelhaft; er ist aber zu
suchen in einer letzten wurzelhaften Einheit des theoretischen
und praktischen Bewusstseins, d. h. er ist zentral, nicht
peripherisch zu begründen. Indem wir uns selbst als Mit-
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Natorp, Paul: Sozialpädagogik. Stuttgart, 1899, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/natorp_sozialpaedagogik_1899/70>, abgerufen am 21.11.2024.
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