Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.Von Museis I. Theil dencken, welches beym Eingang in der S. Martins-Kirche über einem Altarvon der Transsubstantiation zu sehen: Man siehet nemlich eine Mühle, die zwölff Apostel drehen das Mühl-Rad mit aller Macht herum, GOtt der Vater sitzet oben im Himmel, als wann er mit der Mutter Maria redete: Diese hat das Kind JEsum bey den Füssen, und steckt dasselbe übern Kopff in den Trichter der Mühle; der Pabst liegt darunter auf den Knien, und ein- pfängt den gemahlten JEsum, welcher aus der Mühle in Form der Hostien fällt, in einen göldnen Kelch, davon gibt er eine an einen Cardinal, dieser ü- bergibt es einem Bischoff, der Bischoff einem Priester, und der Priester rei- chet solche dem Volck. Dieses Gemählde hat ohngefähr 5. Fuß ins Ge- vierte: Und man findet mehr dergleichen seltsame und viele andere Gemähl- de von berühmten Maeitres. Wir gehen aber nach Wolffenbüttel, Und finden daselbst nicht nur die Academiam illustrem, sondern auch Gebäue,
Von Muſeis I. Theil dencken, welches beym Eingang in der S. Martins-Kirche uͤber einem Altarvon der Transſubſtantiation zu ſehen: Man ſiehet nemlich eine Muͤhle, die zwoͤlff Apoſtel drehen das Muͤhl-Rad mit aller Macht herum, GOtt der Vater ſitzet oben im Himmel, als wann er mit der Mutter Maria redete: Dieſe hat das Kind JEſum bey den Fuͤſſen, und ſteckt daſſelbe uͤbern Kopff in den Trichter der Muͤhle; der Pabſt liegt darunter auf den Knien, und ein- pfaͤngt den gemahlten JEſum, welcher aus der Muͤhle in Form der Hoſtien faͤllt, in einen goͤldnen Kelch, davon gibt er eine an einen Cardinal, dieſer uͤ- bergibt es einem Biſchoff, der Biſchoff einem Prieſter, und der Prieſter rei- chet ſolche dem Volck. Dieſes Gemaͤhlde hat ohngefaͤhr 5. Fuß ins Ge- vierte: Und man findet mehr dergleichen ſeltſame und viele andere Gemaͤhl- de von beruͤhmten Maîtres. Wir gehen aber nach Wolffenbuͤttel, Und finden daſelbſt nicht nur die Academiam illuſtrem, ſondern auch Gebaͤue,
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0162" n="134"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von <hi rendition="#aq">Muſeis I.</hi> Theil</hi></fw><lb/> dencken, welches beym Eingang in der <hi rendition="#aq">S. Martins-</hi>Kirche uͤber einem Altar<lb/> von der <hi rendition="#aq">Transſubſtantiation</hi> zu ſehen: Man ſiehet nemlich eine Muͤhle,<lb/> die zwoͤlff Apoſtel drehen das Muͤhl-Rad mit aller Macht herum, GOtt der<lb/> Vater ſitzet oben im Himmel, als wann er mit der Mutter Maria redete:<lb/> Dieſe hat das Kind JEſum bey den Fuͤſſen, und ſteckt daſſelbe uͤbern Kopff<lb/> in den Trichter der Muͤhle; der Pabſt liegt darunter auf den Knien, und ein-<lb/> pfaͤngt den gemahlten JEſum, welcher aus der Muͤhle in Form der Hoſtien<lb/> faͤllt, in einen goͤldnen Kelch, davon gibt er eine an einen <hi rendition="#aq">Cardinal,</hi> dieſer uͤ-<lb/> bergibt es einem Biſchoff, der Biſchoff einem Prieſter, und der Prieſter rei-<lb/> chet ſolche dem Volck. Dieſes Gemaͤhlde hat ohngefaͤhr 5. Fuß ins Ge-<lb/> vierte: Und man findet mehr dergleichen ſeltſame und viele andere Gemaͤhl-<lb/> de von beruͤhmten <hi rendition="#aq">Maîtres.</hi> Wir gehen aber nach</p> </div><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Wolffenbuͤttel,</hi> </head><lb/> <p>Und finden daſelbſt nicht nur die <hi rendition="#aq">Academiam illuſtrem,</hi> ſondern auch<lb/> eine herrliche <hi rendition="#aq">Bibliothecam,</hi> woſelbſt auſſer der Anzahl vieler raren Buͤcher<lb/> und Schrifften anitzo ein neues ſehr kuͤnſtliches Gebaͤue verfertiget worden,<lb/> worauf der <hi rendition="#aq">Globus</hi> von ungemeiner Groͤſſe eine treffliche <hi rendition="#aq">Parade</hi> macht.<lb/> Man zaͤhlt in dieſer vortrefflichen <hi rendition="#aq">Bibliothec</hi> uͤber 2000. <hi rendition="#aq">Manuſcripta,</hi> und<lb/> 116000. andere <hi rendition="#aq">Volumina, vid. <hi rendition="#i">Berckenmeyers Antiquar.</hi> pag.</hi> 682. unter<lb/> welchen allein mehr als 250. unterſchiedliche <hi rendition="#aq">Editiones</hi> von Bibeln anzu-<lb/> treffen ſind: Jngleichen uͤber 100. geſchriebene Baͤnde von geheimen Sa-<lb/> chen <hi rendition="#fr">Teutſchlands</hi> und andern Reichen. Das <hi rendition="#aq">curiöſ</hi>eſte unter allen Buͤ-<lb/> chern mag auch wohl mit Recht ſeyn des Hrn. <hi rendition="#fr">Johann Arndrs Paradis-<lb/> Gaͤrtlein,</hi> welches im Feuer unverſehret geblieben. Der eigentliche Ver-<lb/> lauff deſſelben iſt noch heutiges Tages vor allen <hi rendition="#aq">Exemplari</hi>en obgemeldten<lb/><hi rendition="#fr">Paradis-Gaͤrtleins</hi> beygedruckt zu leſen. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Lutheri</hi></hi> Dintenfaß und Trinck-<lb/> Glas wird hier auch als eine beſondere Raritaͤt gezeiget. 7. Dinge ſind bey<lb/> dieſer uͤberaus vortrefflichen <hi rendition="#aq">Bibliothec</hi> zu bewundern: 1) Daß dieſelbe von<lb/> einem Fuͤrſten <hi rendition="#aq">colligi</hi>ret, eingetheilet und ſelber gebraucht worden: 2) Daß<lb/> der hochgeprieſene Fuͤrſt <hi rendition="#aq">Auguſtus</hi> dieſelbe nicht allein gegruͤndet, ſondern<lb/> auch in kurtzer Zeit zu ſolcher Vollkommenheit gebracht: 3) Muß man ſich<lb/> wundern uͤber die Weiſe, wie er ſie geſammlet: Denn er hat auf ſeine eigne<lb/> Koſten die herrlichſten Buͤcher erhandelt aus gantz <hi rendition="#fr">Teutſchland, Franck-<lb/> reich, Jtalien, Engeland, Niederland,</hi> und aus den <hi rendition="#aq">Bibliothequ</hi>en<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Freheri</hi>,</hi> der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Curionum</hi>,</hi> Vaters und Sohns, wie auch des <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Clutenii:</hi></hi> 4) Uber<lb/> die groſſe Anzahl der Buͤcher: 5) Uber den ſchoͤnen Ausputz der Buͤcher: 6)<lb/> Uber die herrliche <hi rendition="#aq">Diſpoſition</hi> und Einrichtung, und 7) uͤber das herrliche<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Gebaͤue,</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [134/0162]
Von Muſeis I. Theil
dencken, welches beym Eingang in der S. Martins-Kirche uͤber einem Altar
von der Transſubſtantiation zu ſehen: Man ſiehet nemlich eine Muͤhle,
die zwoͤlff Apoſtel drehen das Muͤhl-Rad mit aller Macht herum, GOtt der
Vater ſitzet oben im Himmel, als wann er mit der Mutter Maria redete:
Dieſe hat das Kind JEſum bey den Fuͤſſen, und ſteckt daſſelbe uͤbern Kopff
in den Trichter der Muͤhle; der Pabſt liegt darunter auf den Knien, und ein-
pfaͤngt den gemahlten JEſum, welcher aus der Muͤhle in Form der Hoſtien
faͤllt, in einen goͤldnen Kelch, davon gibt er eine an einen Cardinal, dieſer uͤ-
bergibt es einem Biſchoff, der Biſchoff einem Prieſter, und der Prieſter rei-
chet ſolche dem Volck. Dieſes Gemaͤhlde hat ohngefaͤhr 5. Fuß ins Ge-
vierte: Und man findet mehr dergleichen ſeltſame und viele andere Gemaͤhl-
de von beruͤhmten Maîtres. Wir gehen aber nach
Wolffenbuͤttel,
Und finden daſelbſt nicht nur die Academiam illuſtrem, ſondern auch
eine herrliche Bibliothecam, woſelbſt auſſer der Anzahl vieler raren Buͤcher
und Schrifften anitzo ein neues ſehr kuͤnſtliches Gebaͤue verfertiget worden,
worauf der Globus von ungemeiner Groͤſſe eine treffliche Parade macht.
Man zaͤhlt in dieſer vortrefflichen Bibliothec uͤber 2000. Manuſcripta, und
116000. andere Volumina, vid. Berckenmeyers Antiquar. pag. 682. unter
welchen allein mehr als 250. unterſchiedliche Editiones von Bibeln anzu-
treffen ſind: Jngleichen uͤber 100. geſchriebene Baͤnde von geheimen Sa-
chen Teutſchlands und andern Reichen. Das curiöſeſte unter allen Buͤ-
chern mag auch wohl mit Recht ſeyn des Hrn. Johann Arndrs Paradis-
Gaͤrtlein, welches im Feuer unverſehret geblieben. Der eigentliche Ver-
lauff deſſelben iſt noch heutiges Tages vor allen Exemplarien obgemeldten
Paradis-Gaͤrtleins beygedruckt zu leſen. Lutheri Dintenfaß und Trinck-
Glas wird hier auch als eine beſondere Raritaͤt gezeiget. 7. Dinge ſind bey
dieſer uͤberaus vortrefflichen Bibliothec zu bewundern: 1) Daß dieſelbe von
einem Fuͤrſten colligiret, eingetheilet und ſelber gebraucht worden: 2) Daß
der hochgeprieſene Fuͤrſt Auguſtus dieſelbe nicht allein gegruͤndet, ſondern
auch in kurtzer Zeit zu ſolcher Vollkommenheit gebracht: 3) Muß man ſich
wundern uͤber die Weiſe, wie er ſie geſammlet: Denn er hat auf ſeine eigne
Koſten die herrlichſten Buͤcher erhandelt aus gantz Teutſchland, Franck-
reich, Jtalien, Engeland, Niederland, und aus den Bibliothequen
Freheri, der Curionum, Vaters und Sohns, wie auch des Clutenii: 4) Uber
die groſſe Anzahl der Buͤcher: 5) Uber den ſchoͤnen Ausputz der Buͤcher: 6)
Uber die herrliche Diſpoſition und Einrichtung, und 7) uͤber das herrliche
Gebaͤue,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |