Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.Von Museis I. Theil len solchen Vögeln gab man zur Speise nichts anders als Hüner. Anders-wo in selbigem Pallast stunden viel ungeheure grosse Thier-Kasten von Hol- tze, darein man meistentheils Thiere, als Löwen, Tieger, Wölffe, Füchse, und mancherley Katzen hielte. Aller dieser sowol vierfüßiger als geflügel- ter Thiere war eine sehr grosse Menge, die man gleichfals mit lauter Hünern sättigte, und diese Tyiere wurden auch ebenmäßig von solchen 300. Männern bedienet. Jn einem andern Hause hielt dieser König viele ungestalte und monströse Männer und Weiber, Zwerge, Höckrigte und viel andre Men- schen-Wunder, und zwar iedes Monstrum und Mißgeburt in einem apar- ten Zimmer; ingleichen waren auch gewisse Leute, die ihnen in ihren Gebre- chen Rath und Hülffe ertheilen musten. Jn etlichen Zimmern hat dieser König gantz güldene und silberne Bilder gehabt, von allen Dingen, so unter seiner Herrschafft begriffen waren, und zwar so lebhafft gebildet, daß es kein Europäischer Künstler besser hätte machen können. Etliche ließ er von Edelgesteinen bereiten, so geschicklich, daß kein Mensch leicht erachten konte, mit was für einem Instrument sie so vollkömmlich gemacht wären. So solte man auch weder in Wachs, noch in Seiden-Gewerck ein zierlicher Bildniß bringen, als er von Federn hatte machen lassen. Weil wir dieses köstliche und seltsame Naturalien-Haus zur Gnüge möchte
Von Muſeis I. Theil len ſolchen Voͤgeln gab man zur Speiſe nichts anders als Huͤner. Anders-wo in ſelbigem Pallaſt ſtunden viel ungeheure groſſe Thier-Kaſten von Hol- tze, darein man meiſtentheils Thiere, als Loͤwen, Tieger, Woͤlffe, Fuͤchſe, und mancherley Katzen hielte. Aller dieſer ſowol vierfuͤßiger als gefluͤgel- ter Thiere war eine ſehr groſſe Menge, die man gleichfals mit lauter Huͤnern ſaͤttigte, und dieſe Tyiere wurden auch ebenmaͤßig von ſolchen 300. Maͤnnern bedienet. Jn einem andern Hauſe hielt dieſer Koͤnig viele ungeſtalte und monſtröſe Maͤnner und Weiber, Zwerge, Hoͤckrigte und viel andre Men- ſchen-Wunder, und zwar iedes Monſtrum und Mißgeburt in einem apar- ten Zimmer; ingleichen waren auch gewiſſe Leute, die ihnen in ihren Gebre- chen Rath und Huͤlffe ertheilen muſten. Jn etlichen Zimmern hat dieſer Koͤnig gantz guͤldene und ſilberne Bilder gehabt, von allen Dingen, ſo unter ſeiner Herrſchafft begriffen waren, und zwar ſo lebhafft gebildet, daß es kein Europaͤiſcher Kuͤnſtler beſſer haͤtte machen koͤnnen. Etliche ließ er von Edelgeſteinen bereiten, ſo geſchicklich, daß kein Menſch leicht erachten konte, mit was fuͤr einem Inſtrument ſie ſo vollkoͤmmlich gemacht waͤren. So ſolte man auch weder in Wachs, noch in Seiden-Gewerck ein zierlicher Bildniß bringen, als er von Federn hatte machen laſſen. Weil wir dieſes koͤſtliche und ſeltſame Naturalien-Haus zur Gnuͤge moͤchte
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Von Muſeis I. Theil
len ſolchen Voͤgeln gab man zur Speiſe nichts anders als Huͤner. Anders-
wo in ſelbigem Pallaſt ſtunden viel ungeheure groſſe Thier-Kaſten von Hol-
tze, darein man meiſtentheils Thiere, als Loͤwen, Tieger, Woͤlffe, Fuͤchſe,
und mancherley Katzen hielte. Aller dieſer ſowol vierfuͤßiger als gefluͤgel-
ter Thiere war eine ſehr groſſe Menge, die man gleichfals mit lauter Huͤnern
ſaͤttigte, und dieſe Tyiere wurden auch ebenmaͤßig von ſolchen 300. Maͤnnern
bedienet. Jn einem andern Hauſe hielt dieſer Koͤnig viele ungeſtalte und
monſtröſe Maͤnner und Weiber, Zwerge, Hoͤckrigte und viel andre Men-
ſchen-Wunder, und zwar iedes Monſtrum und Mißgeburt in einem apar-
ten Zimmer; ingleichen waren auch gewiſſe Leute, die ihnen in ihren Gebre-
chen Rath und Huͤlffe ertheilen muſten. Jn etlichen Zimmern hat dieſer
Koͤnig gantz guͤldene und ſilberne Bilder gehabt, von allen Dingen, ſo unter
ſeiner Herrſchafft begriffen waren, und zwar ſo lebhafft gebildet, daß es
kein Europaͤiſcher Kuͤnſtler beſſer haͤtte machen koͤnnen. Etliche ließ er von
Edelgeſteinen bereiten, ſo geſchicklich, daß kein Menſch leicht erachten konte,
mit was fuͤr einem Inſtrument ſie ſo vollkoͤmmlich gemacht waͤren. So
ſolte man auch weder in Wachs, noch in Seiden-Gewerck ein zierlicher
Bildniß bringen, als er von Federn hatte machen laſſen.
Weil wir dieſes koͤſtliche und ſeltſame Naturalien-Haus zur Gnuͤge
beſehen, ſo wollen wir itzo auch einen ſolchen Garten betrachten, der ſeines
gleichen ebenfals nicht finden wird. Ein andrer Inga in Cuſco, Namens
Gaina capa, hatte bey ſeinem Pallaſt und Koͤniglichem Hoſe, ſo mit purem
Golde bedachet, einen Garten, deſſen Gang mit Golde gepflaſtert war, an
den Seiten aber waren die Reihen mit guͤldenen Baͤumen, die in zierlicher
Ordnung ſtunden, beſetzt, Stamm, Aeſte, Zweige, Blaͤtter und Fruͤchte
waren von pur lauterem Golde, und leuchteten wunderſchoͤn, wann die Son-
nenſtralen drauf ſchoſſen. Dieſe Baͤume gaben an Groͤſſe den natuͤrlichen
nichts nach, und waren ihrer uͤberaus viel. Hier ſahe man auch allerhand
Thiere und Kraͤuter, Pflantzen und Blumen von lauterm Golde, mit den
ſeltſamſten Edelgeſteinen beſetzt. Und ſolches befand man nicht allein in ſei-
nem Garten, ſondern auch in ſeinen Gemaͤchern hin und wieder. Dieſer
Koͤnig hatte in der ohnweit Peru gelegenen Jnſul Puna noch einen praͤchtigern
Garten von guͤldenen und ſilbernen Pflantzen. Jn ſeinem Prang-Zimmer
waren gantz guͤldene Rieſen-Bilder und andere guͤldene Sachen in Lebens-
Groͤſſe. Man ſahe die Stuͤcke, Kiſten und Kaſten, ja allerdings etliche
Stuͤcke wie ein Buͤndlein Holtz von dieſem Koͤniglichen Metall hie und da
auf der Erde liegen. Man aß, tranck, und kochte in ſeiner Burg allein aus
klarem Golde und Silber. Doch beſorge, einem Liebhaber dieſes Metalls
moͤchte
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