zösisches Eigenthum zu wittern, so wurden Schiff und Ladung condemnirt, die Mann- schaft aber mit der ausgezahlten Gage von Einem Monat abgefunden. Noch verdrüß- licher aber war uns das Erschwerniß, welches wir fanden, England zu verlassen.
Unter diesen Umständen blieb mir nichts übrig, als Dienste auf einem englischen Schiffe, unter Kapitain Keppel, zu nehmen. So kam ich, mit Apsang des Julius, nach Danzig, von wo ich sofort an meine Eltern nach Col- berg schrieb und ihnen meine Lage schilderte. Dies hatte die, für mich sehr überraschende Folge, daß meine gute Mutter persönlich mit der Post nach Danzig kam, sich hinter den preussischen Residenten steckte und durch Die- sen es mit leichter Mühe dahin brachte, daß ich, als preussischer, und also Unterthan einer befreundeten Macht, von dem englischen Schiffe entlassen wurde. Unmittelbar darauf gieng ich mit meiner gütigen Befreierinn nach un- serer Vaterstadt ab.
Kaum 5 oder 6 Wochen hatte ich im vä- terlichen Hause zu meiner Erholung zuge- bracht, so trat für Colberg der Zeitpunkt je- ner zweiten denkwürdigen Belagerung ein; und da die Russen diesmal, beides zu Wasser und zu Lande, operirten, so war auch der Hafen gesperrt, und ich saß also wieder in der Kaltschale! Jndeß that ich meinen Dienst,
1. Bändchen. (8)
zoͤſiſches Eigenthum zu wittern, ſo wurden Schiff und Ladung condemnirt, die Mann- ſchaft aber mit der ausgezahlten Gage von Einem Monat abgefunden. Noch verdruͤß- licher aber war uns das Erſchwerniß, welches wir fanden, England zu verlaſſen.
Unter dieſen Umſtaͤnden blieb mir nichts uͤbrig, als Dienſte auf einem engliſchen Schiffe, unter Kapitain Keppel, zu nehmen. So kam ich, mit Apſang des Julius, nach Danzig, von wo ich ſofort an meine Eltern nach Col- berg ſchrieb und ihnen meine Lage ſchilderte. Dies hatte die, fuͤr mich ſehr uͤberraſchende Folge, daß meine gute Mutter perſoͤnlich mit der Poſt nach Danzig kam, ſich hinter den preuſſiſchen Reſidenten ſteckte und durch Die- ſen es mit leichter Muͤhe dahin brachte, daß ich, als preuſſiſcher, und alſo Unterthan einer befreundeten Macht, von dem engliſchen Schiffe entlaſſen wurde. Unmittelbar darauf gieng ich mit meiner guͤtigen Befreierinn nach un- ſerer Vaterſtadt ab.
Kaum 5 oder 6 Wochen hatte ich im vaͤ- terlichen Hauſe zu meiner Erholung zuge- bracht, ſo trat fuͤr Colberg der Zeitpunkt je- ner zweiten denkwuͤrdigen Belagerung ein; und da die Ruſſen diesmal, beides zu Waſſer und zu Lande, operirten, ſo war auch der Hafen geſperrt, und ich ſaß alſo wieder in der Kaltſchale! Jndeß that ich meinen Dienſt,
1. Bändchen. (8)
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zoͤſiſches Eigenthum zu wittern, ſo wurden
Schiff und Ladung condemnirt, die Mann-
ſchaft aber mit der ausgezahlten Gage von
Einem Monat abgefunden. Noch verdruͤß-
licher aber war uns das Erſchwerniß, welches
wir fanden, England zu verlaſſen.
Unter dieſen Umſtaͤnden blieb mir nichts
uͤbrig, als Dienſte auf einem engliſchen Schiffe,
unter Kapitain Keppel, zu nehmen. So kam
ich, mit Apſang des Julius, nach Danzig,
von wo ich ſofort an meine Eltern nach Col-
berg ſchrieb und ihnen meine Lage ſchilderte.
Dies hatte die, fuͤr mich ſehr uͤberraſchende
Folge, daß meine gute Mutter perſoͤnlich mit
der Poſt nach Danzig kam, ſich hinter den
preuſſiſchen Reſidenten ſteckte und durch Die-
ſen es mit leichter Muͤhe dahin brachte, daß
ich, als preuſſiſcher, und alſo Unterthan einer
befreundeten Macht, von dem engliſchen Schiffe
entlaſſen wurde. Unmittelbar darauf gieng
ich mit meiner guͤtigen Befreierinn nach un-
ſerer Vaterſtadt ab.
Kaum 5 oder 6 Wochen hatte ich im vaͤ-
terlichen Hauſe zu meiner Erholung zuge-
bracht, ſo trat fuͤr Colberg der Zeitpunkt je-
ner zweiten denkwuͤrdigen Belagerung ein;
und da die Ruſſen diesmal, beides zu Waſſer
und zu Lande, operirten, ſo war auch der
Hafen geſperrt, und ich ſaß alſo wieder in
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1. Bändchen. (8)
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/129>, abgerufen am 16.02.2025.
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