Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.fällig an einem Fahrzeuge vorüber schlender- Kaum gieng der unglückliche Name über faͤllig an einem Fahrzeuge voruͤber ſchlender- Kaum gieng der ungluͤckliche Name uͤber <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0089" n="73"/> faͤllig an einem Fahrzeuge voruͤber ſchlender-<lb/> ten, welches, wie mehrere andre, im Eiſe<lb/> eingefroren war. Auf demſelben ſtand ein<lb/> kleiner alter Mann, der uns anrief und deſ-<lb/> ſen Neugier wir uͤber unſre Umſtaͤnde, erſt<lb/> im Allgemeinen und dann im Beſondern, be-<lb/> friedigen mußten. Wir thaten es, als ehr-<lb/> liche Pommern, in aller Unbefangenheit, und<lb/> nannten letzlich auch den Namen „Heindrick<lb/> Harmanns‟, als des Schiffers, mit dem<lb/> wir unſern neuerlichen Unfall erlitten und<lb/> der dabei ein Raub der empoͤrten Wogen<lb/> geworden.</p><lb/> <p>Kaum gieng der ungluͤckliche Name uͤber<lb/> meine Lippen, ſo ſchlug der alte Mann die<lb/> Haͤnde uͤber dem Kopf zuſammen, und ſchrie,<lb/> daß es in die Luͤfte klang: „Barmherziger<lb/> Gott! Mein Sohn! mein Sohn!‟ Zugleich<lb/> ſank er auf ſeine Kniee nieder und mit dem<lb/> Angeſicht auf das Verdeck, und jammerte<lb/> unablaͤſſig: „Mein Sohn! o, mein Sohn!‟<lb/> — Uns ſchnitt der klaͤgliche Anblick durch’s<lb/> Herz; wir weinten mit ihm und konnten<lb/> nicht von der Stelle. Als wir uns Beider-<lb/> ſeits ein wenig erholt hatten, drang er in<lb/> uns, ihm in ſeine Kajuͤte zu folgen. Hier<lb/> mußten wir ihm den ganzen Verlauf um-<lb/> ſtaͤndlich erzaͤhlen; auch wollt’ er uns (als<lb/> ob ihm dies einigen Troſt gaͤbe) den ganzen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [73/0089]
faͤllig an einem Fahrzeuge voruͤber ſchlender-
ten, welches, wie mehrere andre, im Eiſe
eingefroren war. Auf demſelben ſtand ein
kleiner alter Mann, der uns anrief und deſ-
ſen Neugier wir uͤber unſre Umſtaͤnde, erſt
im Allgemeinen und dann im Beſondern, be-
friedigen mußten. Wir thaten es, als ehr-
liche Pommern, in aller Unbefangenheit, und
nannten letzlich auch den Namen „Heindrick
Harmanns‟, als des Schiffers, mit dem
wir unſern neuerlichen Unfall erlitten und
der dabei ein Raub der empoͤrten Wogen
geworden.
Kaum gieng der ungluͤckliche Name uͤber
meine Lippen, ſo ſchlug der alte Mann die
Haͤnde uͤber dem Kopf zuſammen, und ſchrie,
daß es in die Luͤfte klang: „Barmherziger
Gott! Mein Sohn! mein Sohn!‟ Zugleich
ſank er auf ſeine Kniee nieder und mit dem
Angeſicht auf das Verdeck, und jammerte
unablaͤſſig: „Mein Sohn! o, mein Sohn!‟
— Uns ſchnitt der klaͤgliche Anblick durch’s
Herz; wir weinten mit ihm und konnten
nicht von der Stelle. Als wir uns Beider-
ſeits ein wenig erholt hatten, drang er in
uns, ihm in ſeine Kajuͤte zu folgen. Hier
mußten wir ihm den ganzen Verlauf um-
ſtaͤndlich erzaͤhlen; auch wollt’ er uns (als
ob ihm dies einigen Troſt gaͤbe) den ganzen
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