die Länge nicht gewachsen schien, nach und nach mich vor drei Anker zu legen. So dauerte diese peinliche Lage bis zum nächsten Morgen, wo der Wind durch Osten nach Süden lief, und ich meine Nothflagge auf- steckte, um Hülfe vom Lande zu erhalten: denn mit meinen Leuten allein wußt' ich mir länger nicht zu rathen. Glücklicher Weise eilten auch, auf dies Zeichen, zwei Boote mit 15 Mann von Dragoe herbei, mit deren Beistand ich, nachdem ich sämmtliche Anker- taue kappen müssen, die Rheede von Kopen- hagen glücklich erreichte. Während ich mich hier nun wieder in Stand setzte, langte auch das Volk von dem schwedischen Schiffe an, welches gänzlich verloren gegangen und da- durch zum Beweise dient, wieviel beim See- wesen oft an einer einzigen Stunde hängt.
Jndeß setzte ich meine Fahrt ohne wei- tern Unfall fort, erreichte Bourdeaux am 28. Februar 1780, löschte meine Fracht, und war stracks darüber aus, eine neue nach Amerika habhaft zu werden, wie ich's zuvor mit meinem Rheeder verabredet hatte: denn unter der neutralen Preussischen Flagge war besonders dahin ein ungeheures Geld zu verdienen. Bald kam ich auch mit einem Kaufmann aus Ostende, und also, da dieser ein österreichischer Unterthan war, für völlig neutrale Rechnung, wegen einer Ladung nach
die Laͤnge nicht gewachſen ſchien, nach und nach mich vor drei Anker zu legen. So dauerte dieſe peinliche Lage bis zum naͤchſten Morgen, wo der Wind durch Oſten nach Suͤden lief, und ich meine Nothflagge auf- ſteckte, um Huͤlfe vom Lande zu erhalten: denn mit meinen Leuten allein wußt’ ich mir laͤnger nicht zu rathen. Gluͤcklicher Weiſe eilten auch, auf dies Zeichen, zwei Boote mit 15 Mann von Dragoe herbei, mit deren Beiſtand ich, nachdem ich ſaͤmmtliche Anker- taue kappen muͤſſen, die Rheede von Kopen- hagen gluͤcklich erreichte. Waͤhrend ich mich hier nun wieder in Stand ſetzte, langte auch das Volk von dem ſchwediſchen Schiffe an, welches gaͤnzlich verloren gegangen und da- durch zum Beweiſe dient, wieviel beim See- weſen oft an einer einzigen Stunde haͤngt.
Jndeß ſetzte ich meine Fahrt ohne wei- tern Unfall fort, erreichte Bourdeaux am 28. Februar 1780, loͤſchte meine Fracht, und war ſtracks daruͤber aus, eine neue nach Amerika habhaft zu werden, wie ich’s zuvor mit meinem Rheeder verabredet hatte: denn unter der neutralen Preuſſiſchen Flagge war beſonders dahin ein ungeheures Geld zu verdienen. Bald kam ich auch mit einem Kaufmann aus Oſtende, und alſo, da dieſer ein oͤſterreichiſcher Unterthan war, fuͤr voͤllig neutrale Rechnung, wegen einer Ladung nach
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0156"n="152"/>
die Laͤnge nicht gewachſen ſchien, nach und<lb/>
nach mich vor drei Anker zu legen. So<lb/>
dauerte dieſe peinliche Lage bis zum naͤchſten<lb/>
Morgen, wo der Wind durch Oſten nach<lb/>
Suͤden lief, und ich meine Nothflagge auf-<lb/>ſteckte, um Huͤlfe vom Lande zu erhalten:<lb/>
denn mit meinen Leuten allein wußt’ ich mir<lb/>
laͤnger nicht zu rathen. Gluͤcklicher Weiſe<lb/>
eilten auch, auf dies Zeichen, zwei Boote<lb/>
mit 15 Mann von Dragoe herbei, mit deren<lb/>
Beiſtand ich, nachdem ich ſaͤmmtliche Anker-<lb/>
taue kappen muͤſſen, die Rheede von Kopen-<lb/>
hagen gluͤcklich erreichte. Waͤhrend ich mich<lb/>
hier nun wieder in Stand ſetzte, langte auch<lb/>
das Volk von dem ſchwediſchen Schiffe an,<lb/>
welches gaͤnzlich verloren gegangen und da-<lb/>
durch zum Beweiſe dient, wieviel beim See-<lb/>
weſen oft an einer einzigen Stunde haͤngt.</p><lb/><p>Jndeß ſetzte ich meine Fahrt ohne wei-<lb/>
tern Unfall fort, erreichte Bourdeaux am<lb/>
28. Februar 1780, loͤſchte meine Fracht,<lb/>
und war ſtracks daruͤber aus, eine neue nach<lb/>
Amerika habhaft zu werden, wie ich’s zuvor<lb/>
mit meinem Rheeder verabredet hatte: denn<lb/>
unter der neutralen Preuſſiſchen Flagge war<lb/>
beſonders dahin ein ungeheures Geld zu<lb/>
verdienen. Bald kam ich auch mit einem<lb/>
Kaufmann aus Oſtende, und alſo, da dieſer<lb/>
ein oͤſterreichiſcher Unterthan war, fuͤr voͤllig<lb/>
neutrale Rechnung, wegen einer Ladung nach<lb/></p></div></body></text></TEI>
[152/0156]
die Laͤnge nicht gewachſen ſchien, nach und
nach mich vor drei Anker zu legen. So
dauerte dieſe peinliche Lage bis zum naͤchſten
Morgen, wo der Wind durch Oſten nach
Suͤden lief, und ich meine Nothflagge auf-
ſteckte, um Huͤlfe vom Lande zu erhalten:
denn mit meinen Leuten allein wußt’ ich mir
laͤnger nicht zu rathen. Gluͤcklicher Weiſe
eilten auch, auf dies Zeichen, zwei Boote
mit 15 Mann von Dragoe herbei, mit deren
Beiſtand ich, nachdem ich ſaͤmmtliche Anker-
taue kappen muͤſſen, die Rheede von Kopen-
hagen gluͤcklich erreichte. Waͤhrend ich mich
hier nun wieder in Stand ſetzte, langte auch
das Volk von dem ſchwediſchen Schiffe an,
welches gaͤnzlich verloren gegangen und da-
durch zum Beweiſe dient, wieviel beim See-
weſen oft an einer einzigen Stunde haͤngt.
Jndeß ſetzte ich meine Fahrt ohne wei-
tern Unfall fort, erreichte Bourdeaux am
28. Februar 1780, loͤſchte meine Fracht,
und war ſtracks daruͤber aus, eine neue nach
Amerika habhaft zu werden, wie ich’s zuvor
mit meinem Rheeder verabredet hatte: denn
unter der neutralen Preuſſiſchen Flagge war
beſonders dahin ein ungeheures Geld zu
verdienen. Bald kam ich auch mit einem
Kaufmann aus Oſtende, und alſo, da dieſer
ein oͤſterreichiſcher Unterthan war, fuͤr voͤllig
neutrale Rechnung, wegen einer Ladung nach
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/156>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.