Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.Zu meiner Herzens-Erleichterung muß ich Jn dem Augenblicke nemlich, da ich die Zu meiner Herzens-Erleichterung muß ich Jn dem Augenblicke nemlich, da ich die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0158" n="154"/> <p>Zu meiner Herzens-Erleichterung muß ich<lb/> hier das Geſtaͤndniß ablegen, daß ich mich<lb/> nirgends beklommener und widerhaͤaͤriger ge-<lb/> fuͤhlt habe, als in den franzoͤſiſchen Haͤfen<lb/> und hier zu Bordeaux inſonderheit. Denn<lb/> wie weit ich auch in der Welt herumgekom-<lb/> men, ſo habe ich doch keine Nation ſo voll<lb/> Liſt, Betrug und Raͤnke gefunden, als unter<lb/> den Franzoſen. Jeder mit dem ich zu thun<lb/> bekam, haͤtte nichts lieber gemocht, als mich<lb/> recht tuͤchtig uͤber’s Ohr zu hauen; und ſo<lb/> legten ſie’s alſo auch gar nicht darauf an,<lb/> das fruͤhere unguͤnſtige Vorurtheil in mir zu<lb/> zerſtoͤren, welches ich, ſchon ſeit meinem Ren-<lb/> contre mit ihrem Landsmann Delatre, gegen<lb/> ſie eingeſogen hatte. Jetzt vollends ſollte<lb/> mir noch, bei meinem Abzuge von hier, ein<lb/> Stuͤckchen von ihrer Art widerfahren, das<lb/> einen noch unverwuͤſtlicheren Groll bei mir<lb/> zuruͤckgelaſſen hat.</p><lb/> <p>Jn dem Augenblicke nemlich, da ich die<lb/> Anker lichten wollte, gieng ich, wie es die<lb/> Ordnung iſt, in das Lootſen-Comptoir und<lb/> bat um einen Piloten, der mich zur Garonne<lb/> hinaus in See bringen ſollte. Der Lootſe<lb/> kam an Bord; aber ſo betrunken, daß ich<lb/> Bedenken fand, ihn anzunehmen und ihm in<lb/> dieſem Zuſtande die Leitung des Schiffes an-<lb/> zuvertrauen. Der Menſch wollte nicht gehen,<lb/> ward grob, und ich complimentirte ihn ſo<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [154/0158]
Zu meiner Herzens-Erleichterung muß ich
hier das Geſtaͤndniß ablegen, daß ich mich
nirgends beklommener und widerhaͤaͤriger ge-
fuͤhlt habe, als in den franzoͤſiſchen Haͤfen
und hier zu Bordeaux inſonderheit. Denn
wie weit ich auch in der Welt herumgekom-
men, ſo habe ich doch keine Nation ſo voll
Liſt, Betrug und Raͤnke gefunden, als unter
den Franzoſen. Jeder mit dem ich zu thun
bekam, haͤtte nichts lieber gemocht, als mich
recht tuͤchtig uͤber’s Ohr zu hauen; und ſo
legten ſie’s alſo auch gar nicht darauf an,
das fruͤhere unguͤnſtige Vorurtheil in mir zu
zerſtoͤren, welches ich, ſchon ſeit meinem Ren-
contre mit ihrem Landsmann Delatre, gegen
ſie eingeſogen hatte. Jetzt vollends ſollte
mir noch, bei meinem Abzuge von hier, ein
Stuͤckchen von ihrer Art widerfahren, das
einen noch unverwuͤſtlicheren Groll bei mir
zuruͤckgelaſſen hat.
Jn dem Augenblicke nemlich, da ich die
Anker lichten wollte, gieng ich, wie es die
Ordnung iſt, in das Lootſen-Comptoir und
bat um einen Piloten, der mich zur Garonne
hinaus in See bringen ſollte. Der Lootſe
kam an Bord; aber ſo betrunken, daß ich
Bedenken fand, ihn anzunehmen und ihm in
dieſem Zuſtande die Leitung des Schiffes an-
zuvertrauen. Der Menſch wollte nicht gehen,
ward grob, und ich complimentirte ihn ſo
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