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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

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nungslos umsank und durch einen vorge-
haltenen Spiritus wieder zu sich gebracht
werden mußte. Das nemliche widerfuhr
hiernächst auch seinem Zechkameraden, dem
Peter; und Beide schwankten dem Schiffe
so matt und entkräftet wieder zu, daß sie
geführt werden mußten und auch die fol-
genden 14 Tage hindurch auf ihren Füßen
nicht stehen konnten. Zur Arbeit blieben sie
mir also, binnen dieser Zeit, allerdings un-
brauchbar: aber auch ihre Tollheit war gänz-
lich von ihnen gewichen, und des Barbiers
Kunststück hatte sich als vollkommen probat
erwiesen.

Jch brauche wohl nicht hinzuzusetzen, wie
sehr ich, sobald ich Hamburg erreicht hatte,
beeilt war, mir all dies widerspenstige Ge-
sindel vom Halse zu schaffen. Es ist wahr,
ich hätte Fug gehabt, sie wegen ihrer schlech-
ten Aufführung vor den dortigen Seegerich-
ten anzuklagen; und so wie ich mich nach den
dort geltenden Rechten erkundigte, würde
Staupbesen und Brandmark Jhrer gewartet
haben. Das wollt' ich aber nicht, weil Einige
darunter in und um Stettin zu Hause ge-
hörten und Frau und Kinder hatten. Jch
machte ihnen also nur die Hölle tüchtig heiß;
gab ihnen eine scharfe Ermahnung mit auf
den Weg und ließ sie in Gottes Namen

lau-

nungslos umſank und durch einen vorge-
haltenen Spiritus wieder zu ſich gebracht
werden mußte. Das nemliche widerfuhr
hiernaͤchſt auch ſeinem Zechkameraden, dem
Peter; und Beide ſchwankten dem Schiffe
ſo matt und entkraͤftet wieder zu, daß ſie
gefuͤhrt werden mußten und auch die fol-
genden 14 Tage hindurch auf ihren Fuͤßen
nicht ſtehen konnten. Zur Arbeit blieben ſie
mir alſo, binnen dieſer Zeit, allerdings un-
brauchbar: aber auch ihre Tollheit war gaͤnz-
lich von ihnen gewichen, und des Barbiers
Kunſtſtuͤck hatte ſich als vollkommen probat
erwieſen.

Jch brauche wohl nicht hinzuzuſetzen, wie
ſehr ich, ſobald ich Hamburg erreicht hatte,
beeilt war, mir all dies widerſpenſtige Ge-
ſindel vom Halſe zu ſchaffen. Es iſt wahr,
ich haͤtte Fug gehabt, ſie wegen ihrer ſchlech-
ten Auffuͤhrung vor den dortigen Seegerich-
ten anzuklagen; und ſo wie ich mich nach den
dort geltenden Rechten erkundigte, wuͤrde
Staupbeſen und Brandmark Jhrer gewartet
haben. Das wollt’ ich aber nicht, weil Einige
darunter in und um Stettin zu Hauſe ge-
hoͤrten und Frau und Kinder hatten. Jch
machte ihnen alſo nur die Hoͤlle tuͤchtig heiß;
gab ihnen eine ſcharfe Ermahnung mit auf
den Weg und ließ ſie in Gottes Namen

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[160/0164] nungslos umſank und durch einen vorge- haltenen Spiritus wieder zu ſich gebracht werden mußte. Das nemliche widerfuhr hiernaͤchſt auch ſeinem Zechkameraden, dem Peter; und Beide ſchwankten dem Schiffe ſo matt und entkraͤftet wieder zu, daß ſie gefuͤhrt werden mußten und auch die fol- genden 14 Tage hindurch auf ihren Fuͤßen nicht ſtehen konnten. Zur Arbeit blieben ſie mir alſo, binnen dieſer Zeit, allerdings un- brauchbar: aber auch ihre Tollheit war gaͤnz- lich von ihnen gewichen, und des Barbiers Kunſtſtuͤck hatte ſich als vollkommen probat erwieſen. Jch brauche wohl nicht hinzuzuſetzen, wie ſehr ich, ſobald ich Hamburg erreicht hatte, beeilt war, mir all dies widerſpenſtige Ge- ſindel vom Halſe zu ſchaffen. Es iſt wahr, ich haͤtte Fug gehabt, ſie wegen ihrer ſchlech- ten Auffuͤhrung vor den dortigen Seegerich- ten anzuklagen; und ſo wie ich mich nach den dort geltenden Rechten erkundigte, wuͤrde Staupbeſen und Brandmark Jhrer gewartet haben. Das wollt’ ich aber nicht, weil Einige darunter in und um Stettin zu Hauſe ge- hoͤrten und Frau und Kinder hatten. Jch machte ihnen alſo nur die Hoͤlle tuͤchtig heiß; gab ihnen eine ſcharfe Ermahnung mit auf den Weg und ließ ſie in Gottes Namen lau-

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Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/164>, abgerufen am 21.11.2024.