Des andern Tages wurden sie, auf kaiser- lichen Befehl, nach maurischer Weise, und wie sie auch noch in Lissabon auftraten, neu gekleidet, und ihnen eine anständige Woh- nung angewiesen. Den Kapitain aber ließ Muley Jsmael fast täglich zu sich fordern, um eine Unzahl von Fragen an ihn zu richten, die sich ausschließlich auf den großen Preussen- König bezogen; z. B. von welcher Statur er sey? wie lange er schlafe? was er esse und trinke? wieviel Soldaten -- auch wieviel Frauen er halte? und dergl. mehr. Der gute Klock gestand, er habe lügen müssen, wie er nur immer gekonnt, um der kaiserli- chen Neugierde nur einigermaassen zu genü- gen, da ihm von all diesen Dingen herzlich wenig bewußt gewesen.
So hielt es bis in die dritte Woche an, da endlich der Kapitain, durch jene Fragen immer mehr in die Enge gebracht, um seine Entlassung anhielt; wozu er sich des Vor- wandes gebrauchte, daß er eilen müsse, sei- nem Könige Rede und Antwort zu geben, wie gnädig der Kaiser seine schiffbrüchigen Unterthanen behandelt habe, und was für freundschaftliche Gesinnungen derselbe gegen ihn hege. Muley Jsmael billigte diese Aeusse- rungen; entließ sie einige Tage darauf in Frieden, und sandte sie, unter sicherer Be- gleitung, und abermals auf Eseln reitend,
Des andern Tages wurden ſie, auf kaiſer- lichen Befehl, nach mauriſcher Weiſe, und wie ſie auch noch in Liſſabon auftraten, neu gekleidet, und ihnen eine anſtaͤndige Woh- nung angewieſen. Den Kapitain aber ließ Muley Jsmael faſt taͤglich zu ſich fordern, um eine Unzahl von Fragen an ihn zu richten, die ſich ausſchließlich auf den großen Preuſſen- Koͤnig bezogen; z. B. von welcher Statur er ſey? wie lange er ſchlafe? was er eſſe und trinke? wieviel Soldaten — auch wieviel Frauen er halte? und dergl. mehr. Der gute Klock geſtand, er habe luͤgen muͤſſen, wie er nur immer gekonnt, um der kaiſerli- chen Neugierde nur einigermaaſſen zu genuͤ- gen, da ihm von all dieſen Dingen herzlich wenig bewußt geweſen.
So hielt es bis in die dritte Woche an, da endlich der Kapitain, durch jene Fragen immer mehr in die Enge gebracht, um ſeine Entlaſſung anhielt; wozu er ſich des Vor- wandes gebrauchte, daß er eilen muͤſſe, ſei- nem Koͤnige Rede und Antwort zu geben, wie gnaͤdig der Kaiſer ſeine ſchiffbruͤchigen Unterthanen behandelt habe, und was fuͤr freundſchaftliche Geſinnungen derſelbe gegen ihn hege. Muley Jsmael billigte dieſe Aeuſſe- rungen; entließ ſie einige Tage darauf in Frieden, und ſandte ſie, unter ſicherer Be- gleitung, und abermals auf Eſeln reitend,
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Des andern Tages wurden ſie, auf kaiſer-
lichen Befehl, nach mauriſcher Weiſe, und
wie ſie auch noch in Liſſabon auftraten, neu
gekleidet, und ihnen eine anſtaͤndige Woh-
nung angewieſen. Den Kapitain aber ließ
Muley Jsmael faſt taͤglich zu ſich fordern,
um eine Unzahl von Fragen an ihn zu richten,
die ſich ausſchließlich auf den großen Preuſſen-
Koͤnig bezogen; z. B. von welcher Statur er
ſey? wie lange er ſchlafe? was er eſſe und
trinke? wieviel Soldaten — auch wieviel
Frauen er halte? und dergl. mehr. Der
gute Klock geſtand, er habe luͤgen muͤſſen,
wie er nur immer gekonnt, um der kaiſerli-
chen Neugierde nur einigermaaſſen zu genuͤ-
gen, da ihm von all dieſen Dingen herzlich
wenig bewußt geweſen.
So hielt es bis in die dritte Woche an,
da endlich der Kapitain, durch jene Fragen
immer mehr in die Enge gebracht, um ſeine
Entlaſſung anhielt; wozu er ſich des Vor-
wandes gebrauchte, daß er eilen muͤſſe, ſei-
nem Koͤnige Rede und Antwort zu geben,
wie gnaͤdig der Kaiſer ſeine ſchiffbruͤchigen
Unterthanen behandelt habe, und was fuͤr
freundſchaftliche Geſinnungen derſelbe gegen
ihn hege. Muley Jsmael billigte dieſe Aeuſſe-
rungen; entließ ſie einige Tage darauf in
Frieden, und ſandte ſie, unter ſicherer Be-
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/179>, abgerufen am 16.02.2025.
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