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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

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dagegen mein eigner großer Kessel fortwäh-
rend am Feuer stehen, und was ich selbst
nicht gebrauchte, möchten sie nehmen und
unter sich eintheilen. Allein auch das war
in den Wind geredet; und mit dem Thee-
und Kaffee-Gesöff blieb es beim Alten. Fast
gewann es sogar den Anschein, als ob man
Lust habe, sich um meine Gebote und An-
ordnungen gar nicht mehr zu kümmern.
Wie mir dieser bewiesene Trotz im Herzen
kochte und sprudelte, wird man sich leichtlich
vorstellen können.

Eines Abends, nach Endigung des Ge-
bets, hieß ich der Mannschaft, noch etwas
stille sitzen zu bleiben, weil ich ihnen etwas
vorzustellen hätte; und mit ebensoviel Ernst,
als Güte, deutete ich ihnen meinen festen
Willen an, daß das Kunkeln mit den vielen
Theekesseln von Stund an ein Ende haben
solle. Sie hingegen pochten, unter Lärm
und Geschrei, nach gewohnter Weise, daß sie
Hamburger wären, und keine Preussen, und
sich ihr Recht nicht nehmen lassen würden.
Jch hielt jedoch an mich, und sagte mit mög-
lichster Ruhe: "Jhr wißt nun meinen Willen;
und das ist genug!"

Am nächsten Morgen um 8 Uhr, stieg
ich, meiner Gewohnheit gemäß, in den Mast-
korb, mich umzusehen. Jndem ich dabei
meine Blicke zufällig nach unten richtete,

dagegen mein eigner großer Keſſel fortwaͤh-
rend am Feuer ſtehen, und was ich ſelbſt
nicht gebrauchte, moͤchten ſie nehmen und
unter ſich eintheilen. Allein auch das war
in den Wind geredet; und mit dem Thee-
und Kaffee-Geſoͤff blieb es beim Alten. Faſt
gewann es ſogar den Anſchein, als ob man
Luſt habe, ſich um meine Gebote und An-
ordnungen gar nicht mehr zu kuͤmmern.
Wie mir dieſer bewieſene Trotz im Herzen
kochte und ſprudelte, wird man ſich leichtlich
vorſtellen koͤnnen.

Eines Abends, nach Endigung des Ge-
bets, hieß ich der Mannſchaft, noch etwas
ſtille ſitzen zu bleiben, weil ich ihnen etwas
vorzuſtellen haͤtte; und mit ebenſoviel Ernſt,
als Guͤte, deutete ich ihnen meinen feſten
Willen an, daß das Kunkeln mit den vielen
Theekeſſeln von Stund an ein Ende haben
ſolle. Sie hingegen pochten, unter Laͤrm
und Geſchrei, nach gewohnter Weiſe, daß ſie
Hamburger waͤren, und keine Preuſſen, und
ſich ihr Recht nicht nehmen laſſen wuͤrden.
Jch hielt jedoch an mich, und ſagte mit moͤg-
lichſter Ruhe: „Jhr wißt nun meinen Willen;
und das iſt genug!‟

Am naͤchſten Morgen um 8 Uhr, ſtieg
ich, meiner Gewohnheit gemaͤß, in den Maſt-
korb, mich umzuſehen. Jndem ich dabei
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[218/0222] dagegen mein eigner großer Keſſel fortwaͤh- rend am Feuer ſtehen, und was ich ſelbſt nicht gebrauchte, moͤchten ſie nehmen und unter ſich eintheilen. Allein auch das war in den Wind geredet; und mit dem Thee- und Kaffee-Geſoͤff blieb es beim Alten. Faſt gewann es ſogar den Anſchein, als ob man Luſt habe, ſich um meine Gebote und An- ordnungen gar nicht mehr zu kuͤmmern. Wie mir dieſer bewieſene Trotz im Herzen kochte und ſprudelte, wird man ſich leichtlich vorſtellen koͤnnen. Eines Abends, nach Endigung des Ge- bets, hieß ich der Mannſchaft, noch etwas ſtille ſitzen zu bleiben, weil ich ihnen etwas vorzuſtellen haͤtte; und mit ebenſoviel Ernſt, als Guͤte, deutete ich ihnen meinen feſten Willen an, daß das Kunkeln mit den vielen Theekeſſeln von Stund an ein Ende haben ſolle. Sie hingegen pochten, unter Laͤrm und Geſchrei, nach gewohnter Weiſe, daß ſie Hamburger waͤren, und keine Preuſſen, und ſich ihr Recht nicht nehmen laſſen wuͤrden. Jch hielt jedoch an mich, und ſagte mit moͤg- lichſter Ruhe: „Jhr wißt nun meinen Willen; und das iſt genug!‟ Am naͤchſten Morgen um 8 Uhr, ſtieg ich, meiner Gewohnheit gemaͤß, in den Maſt- korb, mich umzuſehen. Jndem ich dabei meine Blicke zufaͤllig nach unten richtete,

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Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/222>, abgerufen am 24.11.2024.