Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite

nahm ich wahr, daß mein ganzes Volk, den
Bootsmann und den Koch an der Spitze,
wie verabredet, in Einer Reihe, und Jeder
seinen Theekessel in der Hand, von hinten
nach der vorderen Lucke zuschritten, um sich
im Raume mit frischem Wasser zu versehen.
Dies sehen, und mich am nächsten besten
Tau an den Händen hinunter lassen, war
das Werk Eines Augenblicks. Glücklich ge-
langte ich so auf's Verdeck, bevor sie noch
die Lucke erreichten; und mit fester Stimme
rief ich: "Was ist das? Was soll das?" --
indem ich zugleich dem Bootsmann, wie dem
Koch, die Theekessel aus den Händen riß und
weit hinaus über Bord in's Meer schleuderte.

Hui, das hieß in ein Wespennest ge-
stochen! Die Kerle schlossen einen dichten
Kreis um mich her, und schrieen, wie un-
sinnig: "Schlagt zu! Schlagt zu!" -- doch
Keiner hatte das Herz, der Erste zu seyn.
Diese bemerkte Unschlüssigkeit gab mir Zeit
und Raum, mit der größten Behendigkeit
mich durch sie hindurch zu winden und mit
starken Schritten nach meiner Kajüte zu eilen;
wiewohl alsobald auch der helle Haufe, mit
einem fürchterlichen "Halt auf! Schlag zu!
Halt fest;" mich auf dem Fuße dahin ver-
folgte. Doch gelang mir's die Kajüten-
Thüre hinter mir zuzuschlagen und den Rie-
gel von innen vorzuschieben.

nahm ich wahr, daß mein ganzes Volk, den
Bootsmann und den Koch an der Spitze,
wie verabredet, in Einer Reihe, und Jeder
ſeinen Theekeſſel in der Hand, von hinten
nach der vorderen Lucke zuſchritten, um ſich
im Raume mit friſchem Waſſer zu verſehen.
Dies ſehen, und mich am naͤchſten beſten
Tau an den Haͤnden hinunter laſſen, war
das Werk Eines Augenblicks. Gluͤcklich ge-
langte ich ſo auf’s Verdeck, bevor ſie noch
die Lucke erreichten; und mit feſter Stimme
rief ich: „Was iſt das? Was ſoll das?‟ —
indem ich zugleich dem Bootsmann, wie dem
Koch, die Theekeſſel aus den Haͤnden riß und
weit hinaus uͤber Bord in’s Meer ſchleuderte.

Hui, das hieß in ein Weſpenneſt ge-
ſtochen! Die Kerle ſchloſſen einen dichten
Kreis um mich her, und ſchrieen, wie un-
ſinnig: „Schlagt zu! Schlagt zu!‟ — doch
Keiner hatte das Herz, der Erſte zu ſeyn.
Dieſe bemerkte Unſchluͤſſigkeit gab mir Zeit
und Raum, mit der groͤßten Behendigkeit
mich durch ſie hindurch zu winden und mit
ſtarken Schritten nach meiner Kajuͤte zu eilen;
wiewohl alſobald auch der helle Haufe, mit
einem fuͤrchterlichen „Halt auf! Schlag zu!
Halt feſt;‟ mich auf dem Fuße dahin ver-
folgte. Doch gelang mir’s die Kajuͤten-
Thuͤre hinter mir zuzuſchlagen und den Rie-
gel von innen vorzuſchieben.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0223" n="219"/>
nahm ich wahr, daß mein ganzes Volk, den<lb/>
Bootsmann und den Koch an der Spitze,<lb/>
wie verabredet, in Einer Reihe, und Jeder<lb/>
&#x017F;einen Theeke&#x017F;&#x017F;el in der Hand, von hinten<lb/>
nach der vorderen Lucke zu&#x017F;chritten, um &#x017F;ich<lb/>
im Raume mit fri&#x017F;chem Wa&#x017F;&#x017F;er zu ver&#x017F;ehen.<lb/>
Dies &#x017F;ehen, und mich am na&#x0364;ch&#x017F;ten be&#x017F;ten<lb/>
Tau an den Ha&#x0364;nden hinunter la&#x017F;&#x017F;en, war<lb/>
das Werk Eines Augenblicks. Glu&#x0364;cklich ge-<lb/>
langte ich &#x017F;o auf&#x2019;s Verdeck, bevor &#x017F;ie noch<lb/>
die Lucke erreichten; und mit fe&#x017F;ter Stimme<lb/>
rief ich: &#x201E;Was i&#x017F;t das? Was &#x017F;oll das?&#x201F; &#x2014;<lb/>
indem ich zugleich dem Bootsmann, wie dem<lb/>
Koch, die Theeke&#x017F;&#x017F;el aus den Ha&#x0364;nden riß und<lb/>
weit hinaus u&#x0364;ber Bord in&#x2019;s Meer &#x017F;chleuderte.</p><lb/>
        <p>Hui, das hieß in ein We&#x017F;penne&#x017F;t ge-<lb/>
&#x017F;tochen! Die Kerle &#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en einen dichten<lb/>
Kreis um mich her, und &#x017F;chrieen, wie un-<lb/>
&#x017F;innig: &#x201E;Schlagt zu! Schlagt zu!&#x201F; &#x2014; doch<lb/>
Keiner hatte das Herz, der Er&#x017F;te zu &#x017F;eyn.<lb/>
Die&#x017F;e bemerkte Un&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;igkeit gab mir Zeit<lb/>
und Raum, mit der gro&#x0364;ßten Behendigkeit<lb/>
mich durch &#x017F;ie hindurch zu winden und mit<lb/>
&#x017F;tarken Schritten nach meiner Kaju&#x0364;te zu eilen;<lb/>
wiewohl al&#x017F;obald auch der helle Haufe, mit<lb/>
einem fu&#x0364;rchterlichen &#x201E;Halt auf! Schlag zu!<lb/>
Halt fe&#x017F;t;&#x201F; mich auf dem Fuße dahin ver-<lb/>
folgte. Doch gelang mir&#x2019;s die Kaju&#x0364;ten-<lb/>
Thu&#x0364;re hinter mir zuzu&#x017F;chlagen und den Rie-<lb/>
gel von innen vorzu&#x017F;chieben.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[219/0223] nahm ich wahr, daß mein ganzes Volk, den Bootsmann und den Koch an der Spitze, wie verabredet, in Einer Reihe, und Jeder ſeinen Theekeſſel in der Hand, von hinten nach der vorderen Lucke zuſchritten, um ſich im Raume mit friſchem Waſſer zu verſehen. Dies ſehen, und mich am naͤchſten beſten Tau an den Haͤnden hinunter laſſen, war das Werk Eines Augenblicks. Gluͤcklich ge- langte ich ſo auf’s Verdeck, bevor ſie noch die Lucke erreichten; und mit feſter Stimme rief ich: „Was iſt das? Was ſoll das?‟ — indem ich zugleich dem Bootsmann, wie dem Koch, die Theekeſſel aus den Haͤnden riß und weit hinaus uͤber Bord in’s Meer ſchleuderte. Hui, das hieß in ein Weſpenneſt ge- ſtochen! Die Kerle ſchloſſen einen dichten Kreis um mich her, und ſchrieen, wie un- ſinnig: „Schlagt zu! Schlagt zu!‟ — doch Keiner hatte das Herz, der Erſte zu ſeyn. Dieſe bemerkte Unſchluͤſſigkeit gab mir Zeit und Raum, mit der groͤßten Behendigkeit mich durch ſie hindurch zu winden und mit ſtarken Schritten nach meiner Kajuͤte zu eilen; wiewohl alſobald auch der helle Haufe, mit einem fuͤrchterlichen „Halt auf! Schlag zu! Halt feſt;‟ mich auf dem Fuße dahin ver- folgte. Doch gelang mir’s die Kajuͤten- Thuͤre hinter mir zuzuſchlagen und den Rie- gel von innen vorzuſchieben.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/223
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/223>, abgerufen am 27.11.2024.