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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

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und über dem Winde, wieder zu Gesicht
führte. Zugleich erblickte ich, eine Meile
von mir entfernt, das englische Fort Descowy,
wo auch zwei englische Schiffe auf der Rheede
vor Anker lagen.

Erpicht auf mein Vorhaben, mit dem
Portugiesen zur Sprache zu kommen, steuerte
ich von neuem auf ihn zu. Allein bevor ich
ihn einholen konnte, war er schon in den Be-
reich der Engländer gekommen. Einer von
ihnen that einen Schuß auf den Flüchtling,
der nun zwar seine Flagge aufzog, aber zu-
gleich auch bei seinem vorigen Kurs beharrte.
Zwei darauf folgende Schüsse blieben gleich-
mäßig ohne Wirkung. Nun aber liessen
beide Engländer ihre Ankertaue fahren, ver-
legten dem Portugiesen den Weg und nahmen
ihn hart zwischen sich in die Mitte; worauf
sie von neuem vor Anker giengen.

Von diesem ganzen Vorgange war ich in
fast unmittelbarer Nähe Zeuge gewesen, und
begriff je länger je weniger, wie ich mir den-
selben erklären sollte. Da ich indeß wußte,
daß England und Holland in vollkommen fried-
lichem Vernehmen standen, so überwog bei
mir die Neugier jede anderweitige Rücksicht.
Jch legte mich zuversichtlich neben das eine
englische Schiff und stieg sogar an Bord
des Portugiesen hinüber, wo mir sofort eine
Scene des höchsten Wirrwarrs in die Augen

und uͤber dem Winde, wieder zu Geſicht
fuͤhrte. Zugleich erblickte ich, eine Meile
von mir entfernt, das engliſche Fort Deſcowy,
wo auch zwei engliſche Schiffe auf der Rheede
vor Anker lagen.

Erpicht auf mein Vorhaben, mit dem
Portugieſen zur Sprache zu kommen, ſteuerte
ich von neuem auf ihn zu. Allein bevor ich
ihn einholen konnte, war er ſchon in den Be-
reich der Englaͤnder gekommen. Einer von
ihnen that einen Schuß auf den Fluͤchtling,
der nun zwar ſeine Flagge aufzog, aber zu-
gleich auch bei ſeinem vorigen Kurs beharrte.
Zwei darauf folgende Schuͤſſe blieben gleich-
maͤßig ohne Wirkung. Nun aber lieſſen
beide Englaͤnder ihre Ankertaue fahren, ver-
legten dem Portugieſen den Weg und nahmen
ihn hart zwiſchen ſich in die Mitte; worauf
ſie von neuem vor Anker giengen.

Von dieſem ganzen Vorgange war ich in
faſt unmittelbarer Naͤhe Zeuge geweſen, und
begriff je laͤnger je weniger, wie ich mir den-
ſelben erklaͤren ſollte. Da ich indeß wußte,
daß England und Holland in vollkommen fried-
lichem Vernehmen ſtanden, ſo uͤberwog bei
mir die Neugier jede anderweitige Ruͤckſicht.
Jch legte mich zuverſichtlich neben das eine
engliſche Schiff und ſtieg ſogar an Bord
des Portugieſen hinuͤber, wo mir ſofort eine
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[19/0023] und uͤber dem Winde, wieder zu Geſicht fuͤhrte. Zugleich erblickte ich, eine Meile von mir entfernt, das engliſche Fort Deſcowy, wo auch zwei engliſche Schiffe auf der Rheede vor Anker lagen. Erpicht auf mein Vorhaben, mit dem Portugieſen zur Sprache zu kommen, ſteuerte ich von neuem auf ihn zu. Allein bevor ich ihn einholen konnte, war er ſchon in den Be- reich der Englaͤnder gekommen. Einer von ihnen that einen Schuß auf den Fluͤchtling, der nun zwar ſeine Flagge aufzog, aber zu- gleich auch bei ſeinem vorigen Kurs beharrte. Zwei darauf folgende Schuͤſſe blieben gleich- maͤßig ohne Wirkung. Nun aber lieſſen beide Englaͤnder ihre Ankertaue fahren, ver- legten dem Portugieſen den Weg und nahmen ihn hart zwiſchen ſich in die Mitte; worauf ſie von neuem vor Anker giengen. Von dieſem ganzen Vorgange war ich in faſt unmittelbarer Naͤhe Zeuge geweſen, und begriff je laͤnger je weniger, wie ich mir den- ſelben erklaͤren ſollte. Da ich indeß wußte, daß England und Holland in vollkommen fried- lichem Vernehmen ſtanden, ſo uͤberwog bei mir die Neugier jede anderweitige Ruͤckſicht. Jch legte mich zuverſichtlich neben das eine engliſche Schiff und ſtieg ſogar an Bord des Portugieſen hinuͤber, wo mir ſofort eine Scene des hoͤchſten Wirrwarrs in die Augen

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Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/23>, abgerufen am 28.03.2024.