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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

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und in der Nord- und Ostsee hatte der Frost
die Schiffahrt geschlossen. Jch mußte also,
bis in den Monat Merz, die Hände nothge-
drungen in den Schooß legen, und, da mir
auch dann noch keine Fracht nach meinem
Sinne angeboten wurde, mich entschliessen,
eine Ladung Salz für eigne Rechnung zu kau-
fen und nach der Ostsee zu verführen.

Hiermit war ich noch beschäftigt, als sich
ein Sturm aus Westen erhob, der mehrere
Schiffe, und unter diesen auch ein unbeladenes
portugiesisches Schiff, welches uns einige
hundert Klafter weit über dem Winde lag,
von den Ankern trieb. Dies letztere rückte dem
meinigen gerade auf den Hals; und da es
so gut, als ganz sich selbst überlassen war,
(denn nur zwei Jungen befanden sich am
Borde) so hatten wir Noth und Mühe, es
nur soweit abzulenken, daß es endlich uns
zur Seite zu liegen kam. Gleichwohl war,
bei dem anhaltenden Unwetter, nicht zu ver-
hindern, daß es unaufhörlich gegen unsern
Bug stieß und drängte; wodurch bei mir die
gerechte Besorgniß entstand, daß beide Schiffe
davon großen Schaden nehmen könnten, wenn
Jenes nicht bald seine Stellung veränderte
und unter Windes von uns gebracht würde.

Dies stellte ich meinem Schiffsvolk vor;
und wir beschlossen, alsogleich Hand an ein

und in der Nord- und Oſtſee hatte der Froſt
die Schiffahrt geſchloſſen. Jch mußte alſo,
bis in den Monat Merz, die Haͤnde nothge-
drungen in den Schooß legen, und, da mir
auch dann noch keine Fracht nach meinem
Sinne angeboten wurde, mich entſchlieſſen,
eine Ladung Salz fuͤr eigne Rechnung zu kau-
fen und nach der Oſtſee zu verfuͤhren.

Hiermit war ich noch beſchaͤftigt, als ſich
ein Sturm aus Weſten erhob, der mehrere
Schiffe, und unter dieſen auch ein unbeladenes
portugieſiſches Schiff, welches uns einige
hundert Klafter weit uͤber dem Winde lag,
von den Ankern trieb. Dies letztere ruͤckte dem
meinigen gerade auf den Hals; und da es
ſo gut, als ganz ſich ſelbſt uͤberlaſſen war,
(denn nur zwei Jungen befanden ſich am
Borde) ſo hatten wir Noth und Muͤhe, es
nur ſoweit abzulenken, daß es endlich uns
zur Seite zu liegen kam. Gleichwohl war,
bei dem anhaltenden Unwetter, nicht zu ver-
hindern, daß es unaufhoͤrlich gegen unſern
Bug ſtieß und draͤngte; wodurch bei mir die
gerechte Beſorgniß entſtand, daß beide Schiffe
davon großen Schaden nehmen koͤnnten, wenn
Jenes nicht bald ſeine Stellung veraͤnderte
und unter Windes von uns gebracht wuͤrde.

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[246/0250] und in der Nord- und Oſtſee hatte der Froſt die Schiffahrt geſchloſſen. Jch mußte alſo, bis in den Monat Merz, die Haͤnde nothge- drungen in den Schooß legen, und, da mir auch dann noch keine Fracht nach meinem Sinne angeboten wurde, mich entſchlieſſen, eine Ladung Salz fuͤr eigne Rechnung zu kau- fen und nach der Oſtſee zu verfuͤhren. Hiermit war ich noch beſchaͤftigt, als ſich ein Sturm aus Weſten erhob, der mehrere Schiffe, und unter dieſen auch ein unbeladenes portugieſiſches Schiff, welches uns einige hundert Klafter weit uͤber dem Winde lag, von den Ankern trieb. Dies letztere ruͤckte dem meinigen gerade auf den Hals; und da es ſo gut, als ganz ſich ſelbſt uͤberlaſſen war, (denn nur zwei Jungen befanden ſich am Borde) ſo hatten wir Noth und Muͤhe, es nur ſoweit abzulenken, daß es endlich uns zur Seite zu liegen kam. Gleichwohl war, bei dem anhaltenden Unwetter, nicht zu ver- hindern, daß es unaufhoͤrlich gegen unſern Bug ſtieß und draͤngte; wodurch bei mir die gerechte Beſorgniß entſtand, daß beide Schiffe davon großen Schaden nehmen koͤnnten, wenn Jenes nicht bald ſeine Stellung veraͤnderte und unter Windes von uns gebracht wuͤrde. Dies ſtellte ich meinem Schiffsvolk vor; und wir beſchloſſen, alſogleich Hand an ein

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Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/250>, abgerufen am 02.05.2024.