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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

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aber auch einmüthig entschlossen, unsre letzte
angestrengte Kraft zu seiner Abwehr aufzu-
bieten. So trieben wir demnach von 1 Uhr
Nachts bis zum Vormittag des 12. Mai,
wohin Wind und Wellen wollten; bis wir
endlich die Jnsel Anholt vor uns zu Gesichte
bekamen und hier an der Ostspitze, ohnweit
des Feuerthurmes, wiewohl mit neuer drin-
gender Lebensgefahr, gegen 1 Uhr Nachmit-
tags auf den Strand setzten.

Mein Erstes war, mich in den trocknen
Ufersand auf die Kniee zu werfen und dem
Barmherzigen droben mit heißglühender Seele
für die wunderbare Erhaltung meines Lebens
wie meiner Gefährten, zu danken. Dann
aber stiegen freilich auch, im Sinnen über
mein Schicksal, allmählig allerlei trübe Ge-
danken bei mir auf, die wohl fähig waren,
mein Herz mit Wehmuth zu erfüllen. Mein
schönes gutes Schiff war verloren! Wäre
mir ein Freund abgestorben, so hätte mir
sein Verlust nicht näher abgehen können:
denn meine Anhänglichkeit und Liebe zu dem-
selben war mit jedem Tage stärker gewor-
den. Jn einem unglücklichen Sinne wird
mir daher auch der Steinfelsen, genannt
"der Thronsitz," merkwürdig bleiben, an wel-
chem es zerscheiterte, und der mitten im
Fahrwasser des Kattegat liegt.

aber auch einmuͤthig entſchloſſen, unſre letzte
angeſtrengte Kraft zu ſeiner Abwehr aufzu-
bieten. So trieben wir demnach von 1 Uhr
Nachts bis zum Vormittag des 12. Mai,
wohin Wind und Wellen wollten; bis wir
endlich die Jnſel Anholt vor uns zu Geſichte
bekamen und hier an der Oſtſpitze, ohnweit
des Feuerthurmes, wiewohl mit neuer drin-
gender Lebensgefahr, gegen 1 Uhr Nachmit-
tags auf den Strand ſetzten.

Mein Erſtes war, mich in den trocknen
Uferſand auf die Kniee zu werfen und dem
Barmherzigen droben mit heißgluͤhender Seele
fuͤr die wunderbare Erhaltung meines Lebens
wie meiner Gefaͤhrten, zu danken. Dann
aber ſtiegen freilich auch, im Sinnen uͤber
mein Schickſal, allmaͤhlig allerlei truͤbe Ge-
danken bei mir auf, die wohl faͤhig waren,
mein Herz mit Wehmuth zu erfuͤllen. Mein
ſchoͤnes gutes Schiff war verloren! Waͤre
mir ein Freund abgeſtorben, ſo haͤtte mir
ſein Verluſt nicht naͤher abgehen koͤnnen:
denn meine Anhaͤnglichkeit und Liebe zu dem-
ſelben war mit jedem Tage ſtaͤrker gewor-
den. Jn einem ungluͤcklichen Sinne wird
mir daher auch der Steinfelſen, genannt
„der Thronſitz,‟ merkwuͤrdig bleiben, an wel-
chem es zerſcheiterte, und der mitten im
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[265/0269] aber auch einmuͤthig entſchloſſen, unſre letzte angeſtrengte Kraft zu ſeiner Abwehr aufzu- bieten. So trieben wir demnach von 1 Uhr Nachts bis zum Vormittag des 12. Mai, wohin Wind und Wellen wollten; bis wir endlich die Jnſel Anholt vor uns zu Geſichte bekamen und hier an der Oſtſpitze, ohnweit des Feuerthurmes, wiewohl mit neuer drin- gender Lebensgefahr, gegen 1 Uhr Nachmit- tags auf den Strand ſetzten. Mein Erſtes war, mich in den trocknen Uferſand auf die Kniee zu werfen und dem Barmherzigen droben mit heißgluͤhender Seele fuͤr die wunderbare Erhaltung meines Lebens wie meiner Gefaͤhrten, zu danken. Dann aber ſtiegen freilich auch, im Sinnen uͤber mein Schickſal, allmaͤhlig allerlei truͤbe Ge- danken bei mir auf, die wohl faͤhig waren, mein Herz mit Wehmuth zu erfuͤllen. Mein ſchoͤnes gutes Schiff war verloren! Waͤre mir ein Freund abgeſtorben, ſo haͤtte mir ſein Verluſt nicht naͤher abgehen koͤnnen: denn meine Anhaͤnglichkeit und Liebe zu dem- ſelben war mit jedem Tage ſtaͤrker gewor- den. Jn einem ungluͤcklichen Sinne wird mir daher auch der Steinfelſen, genannt „der Thronſitz,‟ merkwuͤrdig bleiben, an wel- chem es zerſcheiterte, und der mitten im Fahrwaſſer des Kattegat liegt.

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Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/269>, abgerufen am 21.11.2024.