Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.wir aus mehrerlei Nationen bestanden, nach Jch würde mir's nicht verzeihen können, sie
wir aus mehrerlei Nationen beſtanden, nach Jch wuͤrde mir's nicht verzeihen koͤnnen, ſie
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0276" n="272"/> wir aus mehrerlei Nationen beſtanden, nach<lb/> allen Himmelsgegenden aus einander; —<lb/> nackt und bloß freilich, wie wir aber gien-<lb/> gen und ſtanden: denn von dem Schiffe hat-<lb/> ten wir keine Faſer gerettet. Jch ſelbſt<lb/> mußte mich, bevor ich von Helſingoͤr abrei-<lb/> ſete, von Haupt zu Fuß neu bekleiden, wenn<lb/> ich mich vor Leuten wollte ſehen laſſen koͤnnen.</p><lb/> <p>Jch wuͤrde mir's nicht verzeihen koͤnnen,<lb/> wenn ich hierbei mit Stillſchweigen uͤber-<lb/> gienge, was mir mit einer Juͤdinn begegnete,<lb/> in deren Troͤdelbude ich ein neues Hemde<lb/> zu kaufen im Begriffe ſtand. Den geforder-<lb/> ten Preis aufzaͤhlend, beantwortete ich ihr<lb/> zugleich einige Fragen, welche ihre Neugier<lb/> an mich richtete, durch Hindeutung auf mei-<lb/> nen neulichen Schiffbruch, aus welchem ich<lb/> nicht einmal meine Kopfbedeckung gerettet<lb/> haͤtte. Meine Erzaͤhlung lockte ihr Thraͤnen<lb/> in's Auge; ſie ſchlug die Haͤnde zuſammen,<lb/> und rief: „So ſoll mich doch Gott bewahren,<lb/> daß ich Geld von Jhnen fuͤr das Hemde<lb/> naͤhme!“ — Vergebens verſicherte ich ihr,<lb/> daß es, nun ich erſt am Lande waͤre, keine<lb/> Noth mit mir habe: ſie ſteckte mir das zu-<lb/> ſammengeraffte Geld in die Hand, und das<lb/> Hemde in den Buſen; und als ich Jenes<lb/> dennoch auf den Ladentiſch legte und mit<lb/> Dank meines Weges gieng, lief ſie mir nach,<lb/> um es mir wieder aufzunoͤthigen; ſo daß ich<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſie</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [272/0276]
wir aus mehrerlei Nationen beſtanden, nach
allen Himmelsgegenden aus einander; —
nackt und bloß freilich, wie wir aber gien-
gen und ſtanden: denn von dem Schiffe hat-
ten wir keine Faſer gerettet. Jch ſelbſt
mußte mich, bevor ich von Helſingoͤr abrei-
ſete, von Haupt zu Fuß neu bekleiden, wenn
ich mich vor Leuten wollte ſehen laſſen koͤnnen.
Jch wuͤrde mir's nicht verzeihen koͤnnen,
wenn ich hierbei mit Stillſchweigen uͤber-
gienge, was mir mit einer Juͤdinn begegnete,
in deren Troͤdelbude ich ein neues Hemde
zu kaufen im Begriffe ſtand. Den geforder-
ten Preis aufzaͤhlend, beantwortete ich ihr
zugleich einige Fragen, welche ihre Neugier
an mich richtete, durch Hindeutung auf mei-
nen neulichen Schiffbruch, aus welchem ich
nicht einmal meine Kopfbedeckung gerettet
haͤtte. Meine Erzaͤhlung lockte ihr Thraͤnen
in's Auge; ſie ſchlug die Haͤnde zuſammen,
und rief: „So ſoll mich doch Gott bewahren,
daß ich Geld von Jhnen fuͤr das Hemde
naͤhme!“ — Vergebens verſicherte ich ihr,
daß es, nun ich erſt am Lande waͤre, keine
Noth mit mir habe: ſie ſteckte mir das zu-
ſammengeraffte Geld in die Hand, und das
Hemde in den Buſen; und als ich Jenes
dennoch auf den Ladentiſch legte und mit
Dank meines Weges gieng, lief ſie mir nach,
um es mir wieder aufzunoͤthigen; ſo daß ich
ſie
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |