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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

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ohnweit des Strandes, zu Anker kam. Hier
war indeß noch kein Neger sichtbar, um uns
bei unsern Fässern Handreichung zu thun.
Denn da in dieser Weltgegend die Nächte
stets zwölf Stunden währen, so kühlt sich
binnen dieser Zeit die Temperatur sehr merk-
lich ab und es weht bis 8 oder 9 Uhr
Morgens eine ziemlich frische Luft, die den
völlig nacket einhergehenden Negern so em-
pfindlich fällt, daß sie sich nicht gerne frü-
her aus ihren Hütten hervormachen. Jhre
Erscheinung mußte also mit Geduld erwar-
tet werden.

Gerade dies Warten aber gab uns in
unserm Boote eine Langeweile, die je länger,
je drückender für uns wurde. Unter meinen
Gefährten befand sich ein englischer Matrose,
der sich bereit erklärte, an Land zu schwim-
men und die säumigen Neger herbeizuholen.
Hätte ich auch nicht andre Gründe gehabt,
ihm meine Zustimmung zu versagen, so würde
mich doch schon die Furcht, daß ein Hayfisch
ihn packen könnte, dazu bewogen haben. Jn-
zwischen gab es vergeblichen Harrens immer
mehr; unser Mißmuth stieg, und der Eng-
länder erbot sich zu wiederholten Malen, das,
wie er vermeynte, ganz unbedenkliche Aben-
theuer zu bestehen. Mein Kopfschütteln dämpfte
indeß seine Begierde nicht, bis ich endlich,
mehr ermüdet von seinem stetem Andringen,

ohnweit des Strandes, zu Anker kam. Hier
war indeß noch kein Neger ſichtbar, um uns
bei unſern Faͤſſern Handreichung zu thun.
Denn da in dieſer Weltgegend die Naͤchte
ſtets zwoͤlf Stunden waͤhren, ſo kuͤhlt ſich
binnen dieſer Zeit die Temperatur ſehr merk-
lich ab und es weht bis 8 oder 9 Uhr
Morgens eine ziemlich friſche Luft, die den
voͤllig nacket einhergehenden Negern ſo em-
pfindlich faͤllt, daß ſie ſich nicht gerne fruͤ-
her aus ihren Huͤtten hervormachen. Jhre
Erſcheinung mußte alſo mit Geduld erwar-
tet werden.

Gerade dies Warten aber gab uns in
unſerm Boote eine Langeweile, die je laͤnger,
je druͤckender fuͤr uns wurde. Unter meinen
Gefaͤhrten befand ſich ein engliſcher Matroſe,
der ſich bereit erklaͤrte, an Land zu ſchwim-
men und die ſaͤumigen Neger herbeizuholen.
Haͤtte ich auch nicht andre Gruͤnde gehabt,
ihm meine Zuſtimmung zu verſagen, ſo wuͤrde
mich doch ſchon die Furcht, daß ein Hayfiſch
ihn packen koͤnnte, dazu bewogen haben. Jn-
zwiſchen gab es vergeblichen Harrens immer
mehr; unſer Mißmuth ſtieg, und der Eng-
laͤnder erbot ſich zu wiederholten Malen, das,
wie er vermeynte, ganz unbedenkliche Aben-
theuer zu beſtehen. Mein Kopfſchuͤtteln daͤmpfte
indeß ſeine Begierde nicht, bis ich endlich,
mehr ermuͤdet von ſeinem ſtetem Andringen,

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[35/0039] ohnweit des Strandes, zu Anker kam. Hier war indeß noch kein Neger ſichtbar, um uns bei unſern Faͤſſern Handreichung zu thun. Denn da in dieſer Weltgegend die Naͤchte ſtets zwoͤlf Stunden waͤhren, ſo kuͤhlt ſich binnen dieſer Zeit die Temperatur ſehr merk- lich ab und es weht bis 8 oder 9 Uhr Morgens eine ziemlich friſche Luft, die den voͤllig nacket einhergehenden Negern ſo em- pfindlich faͤllt, daß ſie ſich nicht gerne fruͤ- her aus ihren Huͤtten hervormachen. Jhre Erſcheinung mußte alſo mit Geduld erwar- tet werden. Gerade dies Warten aber gab uns in unſerm Boote eine Langeweile, die je laͤnger, je druͤckender fuͤr uns wurde. Unter meinen Gefaͤhrten befand ſich ein engliſcher Matroſe, der ſich bereit erklaͤrte, an Land zu ſchwim- men und die ſaͤumigen Neger herbeizuholen. Haͤtte ich auch nicht andre Gruͤnde gehabt, ihm meine Zuſtimmung zu verſagen, ſo wuͤrde mich doch ſchon die Furcht, daß ein Hayfiſch ihn packen koͤnnte, dazu bewogen haben. Jn- zwiſchen gab es vergeblichen Harrens immer mehr; unſer Mißmuth ſtieg, und der Eng- laͤnder erbot ſich zu wiederholten Malen, das, wie er vermeynte, ganz unbedenkliche Aben- theuer zu beſtehen. Mein Kopfſchuͤtteln daͤmpfte indeß ſeine Begierde nicht, bis ich endlich, mehr ermuͤdet von ſeinem ſtetem Andringen,

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Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/39>, abgerufen am 26.04.2024.